20.10.2024, 06:00
Fehlstart des TVB Stuttgart
Im DHB-Pokal schon ausgeschieden, in der Liga bisher nur einen Sieg geholt: Der TVB Stuttgart hat einen Fehlstart hingelegt. Geschäftsführer Jürgen Schweikardt äußert sich gegenüber handball-world zu den Gründen dafür und beantwortet die Frage, ob er seinen eigenen Bruder, Trainer Michael, feuern würde.
handball-world: Herr Schweikardt, den Saisonstart haben Sie sich mit Sicherheit anders vorgestellt. 2:12 Punkte in der Handball-Bundesliga. Wie sieht Ihr erstes Fazit aus?
Jürgen Schweikardt: Ja, das haben wir uns natürlich anders erhofft, aber wir wussten schon frühzeitig, dass das eine unruhige Anfangsphase werden kann. Wir haben Anpassungen im Kader vorgenommen und mussten teilweise auch Anpassungen vornehmen. Wir haben viel Bundesliga-Erfahrung abgegeben und viele junge Leute dazubekommen.
Plus: Wir hatten eben drei Langzeitverletzte aus der letzten Saison mit Jonas Truchanovicius, mit Lukas Laube und mit Max Häfner. Bei denen war nicht so richtig klar, wann sie denn zurückkommen. Jonas kam dann Ende der Vorbereitung zurück, hat sich beim ersten Spiel gleich wieder schwer verletzt. Der fehlt uns natürlich vor allen Dingen in der Abwehr extrem. Lukas Laube konnte die Vorbereitung nicht mitmachen, ist dann jetzt eingestiegen, aber muss natürlich auch erst Schritt für Schritt zu seiner alten Leistungsfähigkeit zurückfinden und vor allen Dingen muss er sich natürlich auch erst einspielen. Max Häfner, unser Spielmacher, der ja bis Februar absoluter Kopf unseres Spiels war, fehlt nach wie vor.
Diese Dinge zusammengeworfen, war klar, dass es schwierig wird. Jetzt hatten wir nach dem Auswärtssieg in Erlangen dann zu Hause vor allen Dingen zwei Spiele gegen Gummersbach und Wetzlar, wo wir uns was ausgerechnet haben, aber nichts geholt haben. Das führt natürlich auch dazu, dass wir nicht gerade vor Selbstvertrauen strotzen.
Ich glaube, das ist jedem, der sich mit Sport auskennt klar, dass das eben nicht dazu führt, dass wir unsere Top-Performance gerade bringen können. Ja, das ist eine schwierige Situation, die sich sicherlich auch nicht von heute auf morgen lösen lässt. Wir haben jetzt auch erstmal ein sehr schweres Programm. Aber unsere Aufgabe ist es einfach, uns weiterzuentwickeln, zu stabilisieren und auf die Spiele zu warten, die da am Ende des Jahres kommen - wo wir viele Mannschaften auf Augenhöhe treffen.
Kam das also für Sie jetzt gar nicht so überraschend, dass es so schlecht läuft? War das ein Stück weit eingepreist oder haben Sie gerade die Wetzlar- und Gummersbach-Ergebnisse heftig getroffen?
Wir haben ja als erstes Ziel den Klassenerhalt ausgegeben, weil wir ganz genau wussten, was hinter diesem Umbruch, gepaart mit diesen Verletzungen, steckt. Aber natürlich haben wir gehofft, dass wir trotzdem eben jetzt die zwei oder vier Punkte mehr auf dem Konto haben und auch bessere Leistungen zeigen. Es trifft uns nicht völlig überraschend, aber wir haben natürlich gehofft, dass wir trotzdem ein bisschen stabiler spielen können.
Jetzt ist es natürlich bei Ihnen in Stuttgart eine besondere Situation: Mit Ihnen als Geschäftsführer und Ihrem Bruder Michael auf der Trainerbank. Würden Sie ihn feuern oder was müsste passieren, damit Sie beide sich trennen?
Es war klar, dass diese familiäre Konstellation natürlich jetzt dann auch aufkommt. Das war auch zu Beginn dieses Engagements klar. Ich treffe als Geschäftsführung, rein nach unserer Geschäftsordnung, gar nicht die Entscheidung über den Trainer - zumindest nicht alleine. Sondern: Wir haben eine Gesellschafterversammlung. Die ist bei dem Thema Trainer-Entscheidung laut Geschäftsordnung dabei, genauso wie die Geschäftsführung. Und deshalb ist es nicht meine alleinige Entscheidung.
Aber es ist ganz klar, das haben wir schon immer gesagt - auch als Michael angefangen hat: Dass hier Privates und der TVB zu trennen sind. Da sind wir auch ganz klar und ganz offen. Und wenn dieses Gremium irgendwann zum Entschluss kommt, dass wir an der Trainer-Position etwas ändern müssen, dann werden wir das tun - so wie wir es bei jedem anderen Trainer auch tun würden oder in der Vergangenheit auch schon getan haben.
Wie beurteilen Sie aktuell seine Arbeit?
Also, er hat es aufgrund dieser Gegebenheiten auch wirklich schwer dieses Jahr. Aber natürlich ist er in der Hauptverantwortung, aus den Möglichkeiten, die wir eben gerade haben, das Beste rauszuholen. Und dass wir hier noch Potenzial haben, das ist uns allen klar. Für uns steht aber jetzt im Fokus, dass wir versuchen, noch eine Spieler-Verpflichtung zu tätigen, um den Kader einfach nochmal ein bisschen zu stabilisieren.
Wir können gerade nicht auf Eingespieltes, Gewohntes und Erarbeitetes aus der letzten Saison zurückgreifen - wo es ja sehr gut funktioniert hat. Aber nichtsdestotrotz bleibt es die Aufgabe für ihn und sein Trainerteam, das hinzubekommen.
bec