30.12.2023, 12:45
Abstiegssorgen statt Aufstiegskampf
GWD Minden nach dem Abstieg aus der Handball-Bundesliga in der 2. Liga den Resetknopf drücken. Aber im Unterhaus haben sich die Ostwestfalen immer noch nicht akklimatisiert. Es heißt Kampf um den Klassenverbleib statt um den Wiederaufstieg.
"Wir sind sicher ein Favorit und diese Rolle nehmen wir an", hatte Geschäftsführer Nils Torbrügge vor der Saison die Situation von GWD Minden eingeschätzt. "Wir würden uns freuen, wenn uns zum 100-jährigen Jubiläum der Aufstieg gelingt. Aber wir wissen: Das wird schwer."
Der Traditionsverein hatte sich bewusst zu einem Umbruch entschieden, unter anderem musste der langjährige Chefcoach Frank Carstens gehen. Der Isländer Adalsteinn Eyjolfsson kam als Schweizer Meister von den Kadetten Schaffhausen. Mit Aaron Ziercke verfügt man zudem erstmals über einen hauptamtlichen Co-Trainer.
"Unserem Ziel, GWD konsequent weiterzuentwickeln und für die Zukunft fit zu machen, werden wir mit Adli und Aaron ein großes Stück näherkommen. Endlich können wir die Aufgaben im sportlichen Bereich auf mehrere Köpfe verteilen und haben damit eine Konstellation, die im heutigen Spitzensport nicht mehr wegzudenken ist", betonte Nils Torbrügge bei der Präsentation des Duos.
Doch gleich der Pflichtspielauftakt misslang: In Potsdam, das aktuell an der Spitze der Zweitliga-Tabelle steht, setzte es ein hauchdünnes 30:31 und das erste Heimspiel gegen den TV Hüttenberg ging mit 28:30 verloren. Die Leistungen blieben auch nach den ersten Zählern am 3. Spieltag mit dem 34:26 beim VfL Lübeck-Schwartau schwankend.
Gerade einmal 11:27 Zähler, bei fünf Siegen und einem Heimremis gegen TUSEM Essen, stehen für die Ostwestfalen zu Buche - mit Rang 15 ist man bei drei Zählern Polster gegenüber dem TuS Vinnhorst in akuten Abstiegssorgen. Zumal man zwei der Punkte gegenüber dem Aufsteiger aus Hannover im direkten Duell im Heimspiel geholt hat und das Rückspiel auswärts stattfindet.
Sowohl die Heimtabelle (Rang 16) als auch das Auswärtsranking (14) spiegelt unterdessen die schwache Spielzeit von GWD Minden in der Gesamtheit bislang wider. Nur eine der letzten zehn Partien konnte man in der 2. Bundesliga gewinnen.
Und nach der verpatzten Hinrunde gab es zum Rückrundenauftakt auch keine Hoffnung: Gegen den 1. VfL Potsdam setzte es beim 24:36 in eigener Halle diesmal keine knappe sondern gar die höchste Saisonniederlage und am zweiten Weihnachtstag folgte ein 28:31 in Hüttenberg.
Bezeichnend auch, dass der Tunesier Mohamed Amine Darmoul mit 79/7 Saisontoren aktuell noch Toptorjäger seines Teams ist, obwohl der künftige Melsunger fünf der letzten sieben Spiele verpasste. Ansonsten konnte noch die Flügelzange mit den Eigengewächsen Max Staar (77) und Florian Kranzmann (61/26) Gefahr ausstrahlen.
Besonders hoch ist der Wert der technischen Fehler, 245 weist der Ligaverband in den bisherigen 19 Partien aus - der höchste Wert aller Klubs. Nur in vier Partien blieb man einstellig. "In den wichtigen Phasen spielen wir nicht gut zusammen und leisten uns zu viele technische Fehler", hatte auch Max Staar nach dem letzten Spiel des Jahres beim TV Hüttenberg betont.
Mit 62,7 % Wurfeffizienz (Rang 11) befindet man sich ebenfalls nur im unteren Ligamittelfeld wieder. Besonders schwach ist die Wurfquote bei den Fernwürfen aus dem Rückraum (Rang 17). Pluspunkt hingegen ist noch die Defensive, wo Malte Semisch und Yahav Shamir mit rund 29,6 % das fünftbeste Gespann bilden. Bei den Steals führt man sogar das Feld mit 61 Balleroberungen an und bei den geblockten Bällen ist man als Achter sogar im oberen Mittelfeld.
"Wir werden in den nächsten Tagen alles hinterfragen", kündigte Geschäftsführer Nils Torbrügge im Mindener Tageblatt vor dem Jahreswechsel unruhige Tage bei GWD Minden an. Ob es personelle Nachverpflichtungen oder andere Veränderungen gibt, scheint offen.
In der Vereinschronik der Rückblick auf 2023 kurz ausfallen: In der Rückserie der Handball Bundesliga gab es in sechzehn Spielen nur zwei Siege und in der 2. Liga sind es nun fünf Erfolge bei neunzehn Begegnungen. Der Wiederaufstieg ist für das Jubiläumsjahr 2024 kein Thema mehr, es geht zunächst um den Klassenverbleib.
Das Heimspiel gegen den VfL Lübeck-Schwartau dürfte dabei für GWD Minden ein erster Gradmesser sein, danach geht es zum aktuellen Tabellendritten nach Hamm und danach gegen Dresden. Anfang März folgen dann bei TuSEM Essen sowie in Vinnhorst und Aue weitere richtungsweisende Partien - zwischen den Auswärtsspielen bei den Aufsteigern steht zudem noch das Derby gegen den TuS N-Lübbecke an.
Christian Stein