12.01.2025, 10:15
Wo ist die WM-Form?
Vor dem Beginn der Handball-WM mühte sich die DHB-Auswahl in zwei Tests gegen Brasilien zum Sieg. Bundestrainer Alfred Gislason zeigte sich davon verunsichert und sprach von einem "Weckruf".
Die WM-Generalprobe gegen Brasilien avancierte für die deutsche Handball-Nationalmannschaft nicht zum erhofften Brustlöser, den die Schützlinge von Alfred Gislason mit der starken zweiten Halbzeit im ersten Vergleich mit den Südamerikanern eigentlich eingeleitet hatten. Stattdessen mühte sich das DHB-Team zu einem knappen 28:26-Sieg.
Gerade offensiv offenbarten die Deutschen einige Schwächen. Das Tempospiel über erste, zweite und dritte Welle kam kaum zum Tragen, im Positionsangriff verlor sich das DHB-Team gerade im ersten Durchgang streckenweise in ein unkoordiniertes Tohuwabohu. Und defensiv sorgten immer wieder bereits einfache Kreuzungen, um die deutsche Deckung auszuhebeln.
» Zum Spielbericht: Deutschland siegt im letzten WM-Test gegen Brasilien
"Nachdem wir eine Woche hier trainiert haben und wirklich sehr viel sehr gut lief, hätte ich gedacht, dass wir anders spielen. Deswegen macht mir das schon Sorgen", konstatierte auch Alfred Gislason nach dem Spiel und sprach von einem "Weckruf". Von einer Frühform ist bisher nichts zu merken.
Auch wenn der Auftritt gegen Brasilien wenig Mut auf ein Wintermärchen machte, konnte Gislason dennoch ein paar Positive Erkenntnisse mitnehmen: "Ich muss die Mannschaft trotzdem loben. Du gewinnst nicht viele Spiele, in denen du nur zehn Minuten die bessere Mannschaft bist", sagte der Isländer.
"Eigentlich war es positiv, dass sie - auch wenn wir alles andere als gut spielen - sehr viel Charakter gezeigt haben und sich hereingekämpft haben in das Spiel und deutlich besser gespielt haben in der zweiten Halbzeit", hatte Gislason bereits am Vorabend im ZDF erklärt und angefügt: "Normalerweise, wenn man an die 20 Bälle oder mehr verwirft, gewinnt man so gut wie nie."
Spielmacher Juri Knorr nannte den mühevollen Arbeitssieg "einen Warnschuss" für das gesamte Team. "Die Mannschaften, auf die wir bei der WM treffen, werden natürlich nicht schlechter sein als Brasilien", sagte der Denker und Lenker des deutschen Spiels.
"Wir müssen noch aggressiver werden, wir müssen uns noch auf ein höheres Level bringen. Natürlich tut das gut, dass wir das noch geschafft haben zum Schluss. Das gibt uns natürlich das Gefühl, dass wir jetzt nicht vor einem Scherbenhaufen stehen", erklärte Knorr weiter.
"Es war ein hartes Stück Arbeit heute", pflichtete Kreisläufer Golla im ZDF bei und versprach: "Wir werden das besser machen im Turnier." Er sei überzeugt, "dass wir weiter sind. Wir haben aber mal wieder gesehen, dass wir unsere Tugenden nicht vernachlässigen dürfen." Bis Mittwoch bleibt jetzt noch Zeit für den Feinschliff für die Handball-WM, Gislason strich am Samstag zwei Spieler und wird mit 17 Akteuren nach Dänemark reisen.
Immerhin die Turnierstruktur kommt dem DHB-Team entgegen. Ein echtes Topspiel bestreitet Deutschland nämlich frühestens in der Hauptrunde - schon Stefan Kretzschmar stellte klar, dass die Vorrundengegner Polen, Tschechien und die Schweiz "keine Gradmesser" sein können. "Erst recht nicht bei den Verletzungen", fügte der Füchse-Sportvorstand hinzu.
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180 Minuten Zeit also, die WM-Form zu finden. Sollten die Deutschen ihre Favoritenrolle in der Gruppe dabei erfüllen - und auch Dänemark Erster werden - kommt es dann im ersten Spiel in der Hauptrunde zum Vergleich mit dem amtierenden Titelträger. Spätestens hier braucht die DHB-Auswahl dann einen starken Flow.
Danach stehen Duelle mit Italien, Algerien und/oder Tunesien an - je nachdem, welche der Nationen auf den Plätzen zwei und drei in Gruppe B abschließen. Auch hier ist das DHB-Team dann wieder klarer Favorit. Im Viertelfinale ist etwa Gastgeber Norwegen ein möglicher Gegner.
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mao, DPA, SID