26.04.2024, 11:34
Siegtorschütze erleichtert, Aalborg enttäuscht
Es war eine dramatische Szene und diskutiert wurde vor allem über Veszprems letztes Tor. War der Treffer zum 32:31 regulär oder nicht? Die Schiedsrichter verzichteten nach Rücksprache mit dem Kampfgericht auf einen Videobeweis und gaben dem Tor die Anerkennung. Die Ungarn reisen also nun mit einem minimalen Polster zum Rückspiel nach Dänemark am kommenden Donnerstag.
"Das Ende war sehr schwierig und alles ging so schnell. Es waren noch etwa fünf Sekunden übrig, als ich den Ball bekam, und ich wollte so nah wie möglich an den Torwart herankommen, um den Siegtreffer zu erzielen. Ich habe die richtige Entscheidung getroffen, denn die Schiedsrichter haben es am Ende gegeben, aber während des Laufs habe ich nur gehofft, dass ich genug Zeit haben würde, um ihn einzuwerfen", beschreibt Siegtorschütze Yahia Omar die Situation aus seiner Sicht gegenüber Nemzetisport.
Der Ägypter stand in der Abwehr etwas vorgezogen an der Neun-Meter-Linie auf der Halbposition und konnte den Pass von Mads Hoxer auf Thomas Arnoldsen abfangen. Völlig ungehindert konnte der Linkshänder auf das gegnerische Tor zulaufen, setzte von rund neuneinhalb Metern zum Torwurf an und warf den Ball an Niklas Landin vorbei. Während Niklas Landin und seine Mannschaftskollegen gleich lautstark den Videobeweis einforderten, berieten sich die moldawischen Schiedsrichter mit den angesetzten EHF-Delegierten und gaben letztlich den Treffer.
"Es besteht kein Zweifel, dass der Ball nicht drin ist, bevor die Sirene ertönt. Die Spieler von Veszprém stehen auch und lachen ein bisschen, aber die Schiedsrichter hatten keine Gelegenheit, sich das Video anzusehen. Zumindest haben sie das gesagt. Und da ihr erster Eindruck war, dass der Ball drin war, zählt das natürlich", äußerte sich Aalborgs Routinier Henrik Møllgaard nach der Partie bei TV2 Sport. "Es ist schade, aber so ist es manchmal, wenn man auswärts ist. Auch für die Schiedsrichter ist es hektisch, aber alles in allem können wir uns nicht beklagen."
"Sie sagen einfach, dass es keinen Sinn macht, sich das anzusehen und dass sie es nicht können. Also, ob es daran liegt, dass Ton und Video nicht synchronisiert sind, oder ob sie nicht erlaubt sind, weiß ich eigentlich nicht, aber natürlich sind wir unzufrieden, weil es natürlich wichtig ist, wenn wir das Endziel erreichen", so Møllgaard weiter. Der Routinier stand selbst gerade auf der halbrechten Angriffsposition, als seinen Mitspielern der entscheidende Fehler passierte. Anders als bei der Handball-EM oder dem Truckscout24 Final4 gibt es keine optische Unterstützung beim Ertönen der Schlusssirene.
So oder so lässt das Ergebnis für beide Mannschaften alles offen. "Es herrschte eine unglaubliche Atmosphäre in der Arena, es war ein Erlebnis, vor einem solchen Publikum zu spielen. Natürlich sind wir enttäuscht, denn wir hatten die Möglichkeit, mit einem größeren Vorsprung zu gewinnen", erklärte Aalborgs Trainer Stefan Madsen. "Das Duell dauert 120 Minuten und das war erst das erste Spiel. Wir wollen zu Hause gewinnen und das Final4 in Köln erreichen."
"Wir spielen gerne Handball in einer solchen Atmosphäre, aber heute haben es uns die Fans ein wenig schwer gemacht. Einerseits sind wir mit unserer Leistung zufrieden, aber auch enttäuscht", so auch Aalborgs Linksaußen Sebastian Barthold und auch Veszprems Bjarki Mar Elisson betonte: "Das war erst die erste Halbzeit in diesem Duell. Wir werden unser bestes Spiel abrufen müssen, aber wir glauben daran, dass wir es schaffen können, und wir werden sehen, wie das Ergebnis aussehen wird."
Den besseren Start in die Partie hatte Aalborg erwischt. "Die Dänen haben in der ersten Halbzeit sehr gut verteidigt, Landin hat gut pariert", so Elisson und sein Trainer Momir Ilic, der schon früh zwei Auszeiten nehmen musste, erklärte: "Leider haben wir in der ersten Halbzeit nicht gut gespielt, die Dänen und Torwart Landin haben gut verteidigt."
Veszprem geriet schnell mit 1:5 in Rückstand, kämpfte sich aber zwischenzeitlich mit gutem Überzahlspiel zum 8:10 in die Partie. Erneut musste man zum 10:16 abreißen lassen und ging mit einem 12:17 in die Pause. Torwart Rodrigo Corrales hatte im ersten Durchgang mehr Paraden als Gegenüber Landin, der hatte aber auch deutlich weniger Würfe auf sein Tor bekommen. "Unsere Abwehr war in der ersten Halbzeit sehr hart und gut. Wir haben gut gekämpft, aber die Fortsetzung verlief nicht wie geplant", urteilte Madsen.
Am Ende hatten beide sieben Paraden zu Buche stehen, auch wenn der Gästekeeper bis auf einen Siebenmeter komplett durchspielte, während Ilic mit Mike Jensen noch einen Impuls setzte, der drei zusätzliche Bälle wegnehmen konnte. Mit Abwehrquoten von 25 % (Veszprem) und 20 % (Aalborg) war diese Position nur ein kleinerer Faktor.
Bei Veszprem übernahm Nedim Remili über weite Strecken viel Verantwortung aus dem gebundenen Spiel, der Franzose war mit sechs Treffern auch Toptorjäger der Ungarn und hatte großen Anteil, dass man sieben Minuten vor dem Ende beim 27:27 erstmals wieder auf Augenhöhe war. In den Schlussminuten saß er allerdings auf der Bank, Ilic schenkte dem Ex-Melsunger Agustin Casado, Sergei Mark Kosorotov und Yahia Omar das Vertrauen im Rückraum. "In den letzten 15-20 Minuten haben wir keine gute Leistung gezeigt und konnten nicht mehr mithalten", so Barthold.
Auch Aalborg schickte nicht etwa Mikkel Hansen oder Aleks Vlah für die Schlussminuten auf das Parkett, sondern vertraute jungen Spielern wie Hoxer und Arnoldsen. "Im zweiten Durchgang waren wir besser, wir haben 20 Tore erzielt. Aalborg ist eine sehr gute Mannschaft, es war kein Zufall, dass sie Zweiter in der Gruppe geworden sind. Wir haben noch ein Spiel, und wir haben eine Woche Zeit, uns darauf vorzubereiten", urteilte Ilic abschließend.
Christian Stein