11.01.2024, 19:41
Furiose Bundesliga-Talente zu wenig gegen Slowenien
Die Handball-EM muss weiter auf seine erste Sensation warten: Zum Auftakt in Berlin ärgerte Debütant Färöer den klaren Favoriten Slowenien lange, musste sich am Ende aber doch mit 29:32 (13:13) geschlagen geben. Die Fan-Unterstützung für den Underdog war dabei einzigartig.
Aus Berlin berichtet Maximilian Schmidt
Am Tag nach dem Weltrekordspiel in Düsseldorf stand Tag eins in Berlin an - also dort, wo die deutsche Mannschaft ihre anderen beiden Vorrundenspiele gegen Nordmazedonien am Sonntag sowie Frankreich am Dienstag (je 20.30 Uhr) bestreitet. Im Umfeld der Mercedes-Benz Arena trugen auffällig viele Anhänger weiß-rot-blaue Fan-Utensilien. In der Hauptstadt war regelrecht die Färöer-Mania ausgebrochen. Das EM-Debüt ihrer Handballer wollten sich die Fans nicht entgehen lassen.
Keine wirkliche Überraschung, denn: Gut 6500 Tickets gingen an die Fans der Färinger. Das Heimatland zählt übrigens gerade einmal rund 54.000 Einwohner. Bei der Anzahl der internationalen Ticketkäufe lag mit Dänemark nur einer der Turnierfavoriten vor den Färingern. Schon vor dem Anpfiff sorgten die Fans des Underdogs für eine fantastische Atmosphäre. Der lauteste Applaus brandete bei der Teamvorstellung beim gerade einmal 21-jährigen Elias Ellefsen a Skipagötu auf. Der Spielmacher steht seit diesem Sommer beim THW Kiel unter Vertrag.
Als eben jener Ellefsen a Skipagötu die erste EM-Führung in der Geschichte des Underdogs erzielte, war erstmals Gänsehaut-Stimmung angesagt. Tore wurden bejubelt, Entscheidungen gegen ihre Mannschaft grundsätzlich und konsequent mit Buhrufen quittiert. Es war sicherlich auch eine ungewöhnliche Erfahrung für das deutsche Schiedsrichter-Duo Robert Schulze und Tobias Tönnies, das seine Premiere bei diesem Turnier feierte.
Spaßverderber waren in der Anfangsphase Borut Mackovsek - der Halblinke markierte drei der ersten sechs Tore - und Erlangens Keeper Klemen Ferlin, der vier der ersten zehn Würfe auf sein Tor entschärfte. Doch die Färinger ließen einfach nicht locker, beim zwischenzeitlichen 9:9 hatten Ellefsen a Skipagötu und Hakun West av Teigum - ebenfalls 21, seit Sommer bei den Füchsen Berlin unter Vertrag - bereits jeweils drei Tore erzielt.
In die Pause nahmen die Färöer ein 13:13 mit - und durften sich beim Gang in die Kabine vorbei an der großen weißen Fan-Kurve frenetischen Applaus abholen. Nach dem Seitenwechsel machte der Underdog da weiter, wo er aufgehört hatte - und träumte spätestens beim 17:15 von der ersten EM-Sensation. Die Slowenen schienen vom Rückstand nun aber angestachelt und schlugen angetrieben von Ex-Kieler Miha Zarabec (sieben Tore) mit einem 4:0-Lauf zurück (19:17, 38.).
Die Mannschaft des ehemaligen Weltklasse-Spielmachers Uros Zorman wirkte nun gefestigter, produzierte nicht mehr so viele einfache Fehler und führte in der 44. Minute dank seines besten Werfers Aleks Vlah (acht Treffer) erstmals im Spielverlauf mit drei Toren (23:20).
Während die Färinger auf den Rängen noch alles gaben, schwanden die Kräfte auf dem Feld. Beim 26:21 von Veszprems Rechtsaußen Gasper Marguc war eine Vorentscheidung gefallen (46.). Zehn Minuten vor dem Ende waren dann auch erstmals die slowenischen Fans unter den insgesamt 11.625 Zuschauern zu hören - der Vorsprung war auf sechs Treffer angewachsen (29:23).
Als die Färöer mit einem 4:0-Lauf plötzlich wieder Musik reinbrachten (27:29), war die weiße Wand hinter dem Tor der Färinger lauter denn je. Hier und da fehlte aber das nötige Spielglück und die Abgezocktheit. Selbst neun Tore von Ellefsen a Skipagötu (davon vier Siebenmeter) und ebenso viele von West av Teigum, der zum "Player of the Match" gewählt wurde, reichten am Ende nicht.
Mit der Schlusssirene stand auf der Anzeigetafel ein 32:29-Erfolg für Slowenien, das sich Hoffnungen auf die Hauptrunde machen darf. Die Färöer dagegen stehen schon vor dem zweiten - und wohl schwersten - Gruppenspiel gegen Norwegen am Samstag (20.30 Uhr) mit dem Rücken zur Wand. Nur die beiden besten Mannschaften der Gruppe D qualifizieren sich auch für die Hauptrunde. Slowenien ist am Sonntag ab 18 Uhr gegen Polen gefordert.
Slowenien: Ferlin (11 Paraden), Lesjak - Vlah 8, Zarabec 7, Dolenec 4, Mackovsek 4, Marguc 3/2, Cehte 3, Blagotinsek 1, Jovicic Slatinsek 1, Kodrin 1, Horzen, Bombac, Novak, Drobez, Suholeznik
Färöer: Jacobsen (9 Paraden), Satchwell (1 Parade, davon 1 Siebenmeter) - Ellefsen a Skipagötu 9/4, West av Teigum 9, Rasmussen 3, Mikkelsen 2, Mittun 2, Poulsen 2, Hansen 1, Mortensen 1, Gunnarsson Djurhuus, Hoydal, Johansen, Krogh, Mikkjalsson, Vedelsbol
Zuschauer: 11.625
Schiedsrichter: Robert Schulze / Tobias Tönnies (Deutschland)
Strafminuten: 10 / 6
Disqualifikation: - / -