- Anzeige -

19.06.2018 16:00 Uhr - Europameisterschaft - Julia Nikoleit

"Ein ganzes Stück vorangekommen": DHB-Präsident Michelmann über WM, EM und Zielvorgaben

Andreas MichelmannAndreas Michelmann
Quelle: Marco Wolf
Für den Deutschen Handballbund ist es eine entscheidende Woche. Beim EHF-Kongress in Glasgow fällt am morgigen Mittwoch die Entscheidung, wer die EM 2024 ausrichtet; neben dem DHB haben sich Ungarn/Slowakei sowie Dänemark/Schweiz beworben. DHB-Präsident Andreas Michelmann nahm sich im vergangenen Monat viel Zeit und sprach mit handball-world nicht nur über die Europameisterschaft, sondern auch die Weltmeisterschaft 2019, die Zielvorgaben der Verbandsspitze für die kommenden Großturniere und den Beachhandball.

Herr Michelmann, welches Fazit ziehen Sie vom REWE Final Four, das Anfang Mai in Hamburg stattfand?

Andreas Michelmann:
Es ist traditionell so etwas wie die Mutter der Final Fours. Es ist ein gewachsenes bodenständiges, aber trotzdem euphorisches Turnier und hat damit genau die Stimmung, das wir haben wollen. Es spielt auch keine Rolle mehr, ob norddeutsche Mannschaften dabei sind - die Arena ist trotzdem voll. Es ist eine tolle Veranstaltung!

Ich finde es auch schön, dass wir seinerzeit gemeinsam den DHB-Pokal reformiert haben und die HBL dazu steht und ein toller Gastgeber für die Amateurmannschaften ist. Die Teams genießen es, in dieser großen Halle vor über 2.000 Zuschauern zu spielen. Es ist ein tolles Signal, wie Amateurmannschaften und Profis zusammenstehen.

Im kommenden Januar wird in Hamburg erneut ein großes Handballevent ausgerichtet - die Halbfinalspiele der WM 2019. Wie laufen die Vorbereitungen für das Großereignis?

Andreas Michelmann:
Die Standorte stehen schon länger fest und der Kartenvorverkauf läuft. Dieser läuft auch sehr gut, wir haben über drei Millionen Tickets verkauft. Gerade in Berlin läuft der Verkauf sehr gut - es ist faszinierend, dass dort Spiele fast ausverkauft sind, auch, wenn nicht klar ist, gegen wen wir überhaupt spielen.

Das zeigt, dass es eine große Euphorie für den Handball gibt. Eine ähnliche Tendenz gibt es in Köln und in Hamburg. Wo wir etwas machen müssen - und das wissen wir - ist sicherlich in München. Deshalb hatten wir am 6. Juni dieses Doppelländerspiel auch dort ausgerichtet. Wir wollten noch einen Werbeeffekt haben.

Und deswegen wurde Dominik Klein als Botschafter präsentiert?

Andreas Michelmann:
Das haben wir in Varazdin besprochen. Insofern hat so mancher Tiefpunkt auch etwas gutes (schmunzelt). Wir haben uns dort auf dem Marktplatz getroffen, ich habe ihn spontan gefragt und er hat spontan ja gesagt. Ich denke, das ist fast eine logische Fortsetzung seiner Karriere - als jemand, der aus dieser Region kommt, sich nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn weiter für den Handball engagieren. Das ist eine tolle Geste von ihm.

Ein weiteres großes Projekt für den DHB ist die Bewerbung um die EM 2024. Wie ist das abgelaufen?

Andreas Michelmann:
Nachdem wir die Bewerbung abgegeben hatten, haben wir mit den einzelnen Verbänden gesprochen, ob sie sich das vorstellen können. Der Showdown ist nun in Glasgow, wenn der Kongress der EHF entscheidet. Wir brauchen von 50 mindestens 26 Stimmen und haben dafür viele Gespräche geführt. Auch Hamburg mit diesem tollen Final Four war eine schöne Gelegenheit, Gäste mit Blick auf die EM einzuladen. Sie waren natürlich auch angetan von diesem Turnier, dieser Stadt und dem, was wir bieten können.

Ein Schwenk zur Nationalmannschaft. Nach der Europameisterschaft stand immer wieder Bundestrainer Christian Prokop im Mittelpunkt der Diskussion. Wie hast du die Situation - und die Entscheidung des DHB, mit ihm weiterzumachen - wahrgenommen?

Andreas Michelmann:


Ich finde es richtig, dass der Deutsche Handballbund sich unmittelbar nach der Europameisterschaft die Zeit genommen hat, in Ruhe zu analysieren und auch dem Trainer die Chance gegeben hat, Gespräche mit den Spielern zu führen. Am 19. Februar in Hannover sind wir ziemlich zügig bei einer inhaltlichen Auseinandersetzung zu einer klaren Entscheidung gekommen.

Ich glaube, das spricht für die Handlungsfähigkeit des Präsidiums und des Deutschen Handballbundes - und schon die ersten Spiele danach gegen Serbien haben gezeigt, dass Trainer und Mannschaft gegenüber der EM ein ganzes Stück vorangekommen sind.

Es war also die richtige Entscheidung, mit Christian Prokop weiterzumachen?

Andreas Michelmann:
Das wissen wir am Ende der Weltmeisterschaft 2019. Es ist eine klare Entscheidung gefallen und ich finde es gut, dass alle diese klare Entscheidung akzeptieren und auch die Lehren aus dem gezogen haben, was in Zagreb und Varazdin nicht so gut gelaufen ist.

Und wie ist die Situation bei den Frauen?

Andreas Michelmann:
Ich habe das Gefühl, dass Henk Groner genau der richtige Trainer zum richtigen Moment für die Frauen-Nationalmannschaft ist. Wir haben seinerzeit dieses Projekt mit der Achse Michael Biegler und Wolfgang Sommerfeld gestartet und sie haben tatsächlich viel aufgebrochen, was die Frauen-Nationalmannschaft angeht.

Darauf kann Henk Groener aufsetzen und das hat er auch schon gemacht. Nichtsdestotrotz ist nicht zu übersehen, dass es einen Neuaufbau gibt. Natürlich wird die Mannschaft an den Ergebnissen gemessen, aber bevor wir unser Ziel erreichen, die Mannschaft tatsächlich an der Weltspitze zu etablieren, müssen wir dem Zeit geben. Ich denke, wir können erwartungsvoll in die Zukunft sehen.

Welche Vorgaben gibt es von der Verbandsspitze für die EM 2018 der Frauen und die WM 2019 der Männer?

Andreas Michelmann:
Einfacher ist es für die Weltmeisterschaft. Bei einer Heim-WM kannst du nicht glücklich und zufrieden sein, wenn du gerade einmal die Vorrunde überstanden hast. Daher ist das ganz klare Ziel Halbfinale! Das haben wir uns gemeinsam gesetzt. Wir wissen: Wenn wir Hamburg erreicht haben, ist alles möglich.

Bei den Frauen kommt es im Moment hingegen weniger auf die Platzierung an, sondern erst einmal darauf, dass wir uns für alle größeren Wettbewerbe qualifizieren - nicht nur die EM, sondern auch für die WM 2019 in Japan. Dann soll sich die Mannschaft - im Gegensatz zu der Stagnation in den vergangenen Jahren - Stück für Stück in Richtung Weltspitze entwickeln.

Zum Abschluss, ein Blick auf den Beachhandball: Wie ist die Situation in der Sandvariante?

Andreas Michelmann:
Im Beachhandball sind die Mannschaften für die U18-Europameisterschaft nominiert. Wir sind also dabei, die Teams zielgerichtet mit Blick auf Olympia 2024 aufzubauen. Wir wissen, dass es die Entscheidung noch nicht gibt, aber wenn die Entscheidung am Ende getroffen wird, könnte es zu spät sein, um auf den Zug aufzuspringen. Daher fahren wir im Moment so mit 80 Prozent Last und wenn die Entscheidung pro Olympia in Paris gefallen ist, werden natürlich noch ein paar Schippen draufgelegt.

Beachten Sie auch: