29.12.2020, 22:07
Deutscher Rekordmeister begeistert beim Final Four in Köln
Der THW Kiel hat erstmals nach acht Jahren wieder die Champions League gewonnen: Im Finale der Saison 2019/20 überflügelte der deutsche Rekordmeister beim 33:28 (19:16) überraschend den Top-Favoriten aus Barcelona.
Als wären die Rollen vor dem Finale nicht schon klar genug verteilt gewesen, musste sich der THW Kiel in seinem Halbfinale gegen Veszprem auch noch in einer zehnminütigen Verlängerung behaupten. Barcelona, das die Hürde PSG recht locker nahm und am Ende schon seine Stammkräfte schonte, reiste dank seiner Serie von nun 22 hintereinander gewonnenen Champions-League-Spielen als absoluter Top-Favorit nach Köln.
Bereits in den ersten Sekunden zeigten die Katalanen ihre Extraklasse auf, Dika Mem bediente Kreisläufer Ludovic Fabregas per Rückhandpass - doch Jure Dolenec zeigte vom Siebenmeterpunkt im Duell mit Welthandballer Niklas Landin Nerven. Die Szene stand exemplarisch für den selbstbewussten, guten Start des THW. Ein Wörtchen mitreden wollten aber auch die kroatischen Unparteiischen Matija Gubica und Boris Milosevic, die in der Anfangsphase mit Zwei-Minuten-Strafen ein wenig um sich warfen. So sah Kiels Rückraum-Shooter Sander Sagosen nach zehn Minuten bereits seine zweite Zeitstrafe.
Der THW zeigte sich aber auch davon unbeeindruckt, per Abpraller stellte Rune Dahmke die erste Zwei-Tore-Führung her, Rechtsaußen Niclas Ekberg - vom Siebenmeterpunkt ohnehin eine Bank - traf aus dem Nullwinkel zum 8:6 (12.). Barça-Keeper Kevin Möller, der im Sommer nach Flensburg zurückkehrt und im Semifinale noch überragt hatte, bekam kaum eine Hand an den Ball.
Allen voran Sagosen, der nun nur noch im Angriff agierte, war sein brennender Ehrgeiz anzumerken. Der Norweger konnte kaum gebremst werden, neben seiner Torgefahr begeisterte er mit grandioser Übersicht. Hendrik Pekeler (später zum MVP des Finals gewählt) stellte nach Sagosen-Anspiel auf 13:9, eine kleine Schwächephase des THW nutzte der Favorit aber eiskalt und verkürzte sofort auf 12:13 (22.). Insgesamt agierte der THW in dieser Phase zu überhastet, dazu wurde der für Möller eingewechselte spanische Nationalkeeper Gonzalo Perez de Vargas zum Faktor. Und doch führte der deutsche Underdog zur Pause wegen zweier leichter Tore mit 19:16.
Nach dem Wechsel ging es für den THW darum, den Favoriten nicht sofort wieder ins Spiel zurückzuholen. Und das gelang: Dabei half den Zebras die Variante mit dem siebten Feldspieler, die die Kieler bereits gegen Veszprem gerettet hatte. In einer Phase, in der die Katalanen immer mehr verzweifelten und Landin tief in die Köpfe des Gegners drang, verpassten es die Norddeutschen, sich noch deutlicher abzusetzen.
Doch Landin in Kombination mit einer bärenstarken THW-Abwehr mehrten die Zweifel bei Barça. Das Team von Trainer Filip Jicha hielt den besten Angriff Europas nach 44 Minuten bei nur 20 Toren und führte deswegen mit fünf Treffern Vorsprung. In der letzten Viertelstunde behielt Kiel - angetrieben vom aufdrehenden Steffen Weinhold - die Nerven, behauptete den Vorsprung und gewann durch das 33:28 erstmals seit 2012 wieder die Champions League. Für den THW ist es der vierte Triumph in der Königsklasse.
Zur Erinnerung: Barça hatte die letzten 22 Spiele in der Königsklasse allesamt gewonnen, darunter in der Gruppenphase der Champions-League-Saison 2020/21 auch die zwei Partien gegen den THW (32:26, 29:25). Mehr als ein netter Nebeneffekt in der schwierigen Corona-Zeit sind die 500.000 Euro Prämie, die der deutsche Rekordmeister für den Sieg einstreicht.
Tore für Barcelona: Gomez Abello 10/5, Arino 4, Mem 4, Cindric 3, Fabregas 3, Entrerrios 1, Goncalves 1, N'Guessan 1, Palmarsson 1
Tore für Kiel: Ekberg 8/6, Sagosen 7, Dahmke 5, Weinhold 5, Pekeler 4, Wiencek 2, Reinkind 1, Zarabec 1
Schiedsrichter: Matija Gubica (Kroatien)/Boris Milosevic (Kroatien)
Strafminuten: 8 / 10
msc