07.06.2017, 11:55
Nationalkeeper erwägt Abschied vom THW Kiel
Dass Andreas Wolff (26) ein Mann der klaren Worte ist, hat der deutsche Nationaltorhüter in der Vergangenheit öfter bewiesen. Vor der Europameisterschaft 2016 in Polen ist der exzentrische Keeper gut damit gefahren, diesmal geht es allerdings um seine Zukunft auf Klubebene. Wolff erwägt offen einen Abschied aus Kiel. Doch wäre ein Wechsel innerhalb der europäischen Spitze wirklich die Lösung?
Die Aussagen, die Wolff in den "Kieler Nachrichten" tätigte, bargen ordentlich Zündstoff . "Dass ich in den K.-o.-Spielen der Champions League nicht gespielt habe, gibt mir natürlich zu denken", sagte der 1,98-Meter-Hüne zum Beispiel. Für Wolff war es - wie für den ganzen Verein - eine durchwachsene Spielzeit. Beim Saisonhöhepunkt, dem gewonnen Pokalfinale gegen Erzrivale Flensburg (29:23) , stand Konkurrent Niklas Landin im Scheinwerferlicht. Auch die jüngste Auszeichnung des Dänen als "Torhüter der Saison 2016/17" dürfte den enorm ehrgeizigen Wolff wohl ein wenig gewurmt haben.
Dass Wolffs Berater "im Austausch mit anderen Vereinen ist, bei denen die Möglichkeit gegeben wäre, mehr in Spielen der ersten Güteklasse - zum Beispiel K.-o.-Matches in der Champions League oder Top-Spiele in der Bundesliga - im Tor zu stehen", zeigt die tatsächliche Wechselabsicht. Geld spiele laut Wolff keine entscheidende Rolle: "Die Verhandlungen (um eine vorzeitige Vertragsverlängerung, Anm.d.Red.) sind nach Unstimmigkeiten mit der Geschäftsführung ad acta gelegt, wobei das Finanzielle allein nicht ausschlaggebend war." Doch wäre ein frühzeitiger Abgang aus Kiel (Wolff besitzt noch Vertrag bis 2019) wirklich die Lösung?
Paris wird dabei ins Gespräch gebracht. Dort steht aktuell noch der ewig junge Thierry Omeyer (40) zwischen den Pfosten, am 1. Juli stößt auch noch der spanische Nationalkeeper Rodrigo Corrales (26, Dreijahresvertrag) zum Starensemble hinzu. Bei PSG wird zwischen den Pfosten ohnehin vorausgedacht: Im Sommer 2019 kommt Vincent Gerard (30), einer der Garanten für Frankreichs WM-Triumph im Januar 2017.
Wolff spricht von mehr Einsatzzeiten in "K.-o.-Matches in der Champions League", doch die Konkurrenz ist auch andernorts immens. Vardar Skopje, sensationeller Sieger der Königsklasse am vergangenen Wochenende , hat in Arpad Sterbik (37) einen Torhüter, der seit Jahren auf internationaler Ebene Spiele entscheidet. Auch die anderen Halbfinalisten aus Veszprem (Roland Mikler, Mirko Alilovic) und Barcelona (Gonzalo Perez de Vargas, Borko Ristovski) haben herausragende Torhüter, sind beide zudem finanzkräftig genug, um jederzeit für Ersatz zu sorgen.
Blickt man aufs Viertelfinale der Königsklasse wäre man schon bei Kiel und Flensburg angelangt. Die Rhein-Neckar Löwen, zum zweiten Mal hintereinander amtierender deutscher Meister , können da ebenfalls dazu gezählt werden. Die Löwen haben mit Mikael Appelgren (27) und Andreas Palicka (30) ein eingespieltes, schwedisches und gut harmonierendes Duo zwischen den Pfosten. Die "besten" Chancen hätte Wolff noch ab der Saison 2017/18 beim Kieler Erzrivalen Flensburg, weil Mattias Andersson (39) endgültig die Schuhe an den Nagel hängen wird und Kevin Möllers (27) Verbleib auch nicht sichergestellt ist.
Und bei all den Argumenten fehlt noch die entscheidende Komponente im Handball: die stets ausschlaggebende Tagesform. Hat Wolffs Konkurrent, egal bei welchem Klub in der Bundesliga oder in Europa, einen hervorragenden Tag erwischt, wird der 26-Jährige wohl zwangsläufig zusehen müssen. Bleibt also die Frage: Ist ein Wechsel wirklich die Lösung?
msc