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04.01.2013 08:12 Uhr - International - PM Schweizerischer Handballverband / red

Andy Schmid: Gewisser Realitätsverlust in der Schweiz

Die Schweizer Nationalmannschaft bestreitet ab Freitagabend den Yellow Cup in Winterthur. Die SHV-Auswahl trifft in der Eulachhalle auf die WM-Teilnehmer aus Weißrussland und Katar, sowie auf eine eigentliche B-Nationalmannschaft aus Österreich. Kapitän Andy Schmid, der in Bundesliga zuletzt ins All-Star-Team gewählt wurde, spricht im Interview mit dem Pressedienst des SHV über Druck, die internationalen Verhältnisse und die Freude auf die Spiele in der Heimat.

Andy SchmidAndy Schmid
Quelle: Jürgen Pfliegensdörfer
Andy Schmid, die Trainer der besten Liga der Welt haben dich zuletzt für das All-Star-Game in Deutschland nominiert. Wie fühlt sich das an?

Schmid:
Ganz ehrlich: Das ist für mich bisher die schönste Auszeichnung meiner Karriere. Es ist natürlich jeweils auch wunderbar, Anerkennung von den Fans zu erhalten. Aber eine solche Wahl durch die Trainer der Bundesliga, das ist schon etwas ganz Spezielles.

Gerade weil es dir in der Bundesliga derart gut läuft, sind die Erwartungen an dich in der Schweiz enorm. Wie gehst du damit um?

Schmid:
Seit ich im Ausland spiele, habe ich in der Nationalmannschaft immer Druck. Die Situation ist also nicht neu. Ich selbst würde als Zuschauer in der Schweiz von einem Bundesliga-Spieler auch starke Leistungen erwarten. Ich werde auf jeden Fall mein Bestes geben, und ich will meine Erfahrungen einbringen. Locker wird das aber auch für mich nicht, vor allem, weil wir mit dem Team jeweils nicht allzu lange zusammen sind, und sich gewisse Abläufe erst festigen müssen.

Bei den Rhein-Neckar-Löwen bildest du zusammen mit Kreisläufer Bjarte Myrhol eine der gefährlichsten Mittelachsen überhaupt. In der Nationalmannschaft fehlt dir aber mehrheitlich die Unterstützung von der Linie. Was bedeutet das für dein Spiel?

Schmid:
Der Einfluss ist ehrlich gesagt riesig. Ich bin ein Spieler, der sehr gerne und gut mit dem Kreisläufer agiert. Mit Bjarte Myrhol tausche ich mich tagtäglich aus, wir besprechen immer wieder neue Ideen und Laufwege. Er ist mein wichtigster Mitspieler: Wenn er die Verteidiger am Kreis bindet, gibt es mehr Raum für mich – und umgekehrt. Wir bilden eine eigentliche Symbiose. Das fehlt in der Nationalmannschaft leider. Es gibt in der Schweiz zwar ein paar talentierte Kreisläufer, aber es müsste jetzt dann endlich mal einer auf diesem Niveau nachkommen.

Zuletzt hat die Nationalmannschaft gegen Portugal und Katar verloren. Auch wenn es vielleicht nicht besonders schön tönt: Sind das derzeit die Teams auf unserer Augenhöhe?

Schmid:
Wir müssen da ganz einfach die Realität anschauen. Wir kämpfen im Moment gegen diese Teams, das ist Fakt. Und wir haben uns selbst in diese Situation gebracht. Während wir nämlich in den vergangenen Jahren auf der Stelle traten, haben uns beispielsweise Länder wie Österreich oder Holland abgehängt. Zwar können wir an guten Tagen immer noch gegen ganz viele Mannschaften gut aussehen – am Ende zählt aber nur das, was schwarz auf weiß auf dem Papier steht.

Der Anspruch des Publikums in der Schweiz scheint aber ein anderer zu sein.

Schmid:
Es gibt in der Schweizer Öffentlichkeit manchmal einen gewissen Realitätsverlust, das müssen wir nicht schönreden. Es gibt viele Leute, die den internationalen Handball heute einfach nicht mehr einschätzen können. Die Zeiten, als es nur zehn gute Nationen gab, die sind vorbei. Es gibt ja auch kein Jugoslawien, oder keine UdSSR mehr. Ganz viele Länder haben sich in den vergangenen Jahren enorm entwickelt. Und die Verhältnisse sind einfach ganz andere geworden.

Zurück zur Aktualität. Am Yellow Cup sind mit Weißrussland und Katar zwei WM-Teilnehmer zu Gast. Was erwartest du für ein Turnier?

Schmid:
Gegen Weißrussland haben wir ja vor zwei Jahren schon unsere Erfahrungen gemacht. Wir haben damals zwar in der EM-Qualifikation zweimal verloren, aber das waren ganz enge Spiele. Die Mannschaft befindet sich in der WM-Vorbereitung und ist sicher gut drauf. Schön wäre es für uns, wenn wir die ersten beiden Spiele gegen Katar und Österreich gewinnen könnten und es damit am Sonntag zu einem eigentlichen Final käme. In Winterthur wollen wir aber auch die Traditionen hochleben lassen. Der Yellow Cup ist ein schönes Turnier, die Stimmung in der Halle ist gut. Und es macht immer Spaß, mit der Nationalmannschaft vor heimischem Publikum aufzutreten.