24.01.2024, 21:10
Niederlage gegen Kroatien nach Einzug ins Halbfinale
Es sollte ein deutsches Handball-Fest werden, nachdem der Halbfinaleinzug dank isländischer und französischer Schützenhilfe schon vor dem Anpfiff feststand, doch Dominik Kuzmanovic wurde mit 22 Paraden zum Party-Crasher. Kroatien verabschiedet sich dank des 30:24 (13:14) mit erhobenem Haupt von der Europameisterschaft und feiert seinen ersten Sieg in der Hauptrunde.
Bundestrainer Alfred Gislason setzte im letzten Hauptrundenspiel in der Startaufstellung auf Rune Dahmke, Julian Köster, Juri Knorr, Kai Häfner, Christoph Steinert und Johannes Golla. Im Tor stand Andreas Wolff, in der Defensive kam zudem Sebastian Heymann für Knorr. Rechtsaußen Timo Kastening stand nach seiner Erkrankung wieder im Kader; Lukas Zerbe und Martin Hanne saßen auf der Tribüne.
Durch die Niederlagen von Österreich und Ungarn stand der Halbfinaleinzug der deutschen Mannschaft bereits vor dem Spiel fest, dennoch wollte das Team von Alfred Gislason mit einem Sieg den Nimbus von Köln wahren - in der Lanxess Arena war Deutschland bei Handball-Pflichtspielen bis dato ungeschlagen.
In den ersten Minuten lieferten sich die beiden Teams einen munteren Schlagabtausch, der bis zum 3:3 (4.) ausgeglichen war, bevor sich Deutschland erstmals auf zwei Tore absetzen konnte (5:3, 6.). Diese Führung war zu einem großen Teil auch der Verdienst von Wolff, der in den ersten zehn Minuten bereits auf fünf Paraden kam.
Gegenüber Dominik Kuzmanovic konnte dem deutschen Team in dieser Phase allerdings ebenfalls vier schöne Chancen abnehmen, sodass Kroatien mit einem 3:0-Lauf die Führung übernahm (5:6, 11.). Köster sorgte jedoch umgehend wieder für den Ausgleich.
Nach zwei Zeitstrafen gegen Steinert und Heymann agierte Deutschland kurz darauf in doppelter Unterzahl. Der Wurf des eingelaufenen Dahmke prallte vom Pfosten ab - es war nach dem von Kuzmanovic’ parierten Knorr-Siebenmeter (13.) die nächste gute Chance, die das deutsche Team nicht nutzte. So konnte Kroatien seine Führung durch Filip Glavas auf 8:6 (17.) ausbauen.
Bundestrainer Alfred Gislason bemühte sich mit Blick auf den bereits sicheren Einzug ins Halbfinale der Handball-EM, die Kräfte früh zu verteilen und brachte Philipp Weber für Knorr sowie Renars Uscins für Häfner. Der junge Linkshänder trug sich nach einem schönen Assist von Köster direkt in die Torschützenliste ein (8:8, 19.), doch Kuzmanovic blieb ein Faktor: Domagoj Duvnjak tankte sich nach einer weiteren Parade seines Torwarts zum 11:9 (22.) durch.
Der Ball lief beim deutschen Team gut, lediglich die Abschlussquote war das große Manko. In der Defensive agierte inzwischen mit Heymann und Kreisläufer Justus Fischer ein ungewohnter Mittelblock; auch Golla und Köster wurden von Gislason geschont. Dafür übernahm Jannik Kohlbacher in der Defensive die linke Halbposition. Auf der rechten Außenbahn kam Kastening für Steinert, sodass aus der Startformation inzwischen nur noch Wolff und Dahmke auf dem Feld standen.
Kroatien nutzte die Paraden seines Torwarts, um die Führung auf 13:10 (25.) auszubauen, doch nach und nach stabilisierte sich auch die neue Aufstellung. Fischer krönte einen 3:0-Lauf der deutschen Auswahl mit dem Ausgleich (13:13, 27.), Heymann ließ nach einer erfolgreichen Abwehr die erste deutsche Führung seit der Anfangsphase folgen. Das 14:13 durch den Rückraumspieler sollte der Halbzeitstand sein.
Nach Wiederanpfiff kamen mit Torwart David Späth, Linksaußen Lukas Mertens und Linkshänder Nils Lichtlein auch die letzten drei Spieler von der Bank, die noch nicht auf dem Spielfeld gestanden hatten. Der Torabschluss blieb jedoch weiterhin - unabhängig von der Aufstellung - das große Problem der deutschen Mannschaft am heutigen Abend. Nach weiteren starken Aktionen von Kuzmanovic, der inzwischen auf 14 Paraden kam, zog Gislason beim Stand von 15:17 aus deutscher Sicht die Auszeit (39.).
Neben den Fehlern im Abschluss schlichen sich vorne auch andere einfache Fehler - ein Schrittfehler oder ein Fehlpass an den Kreis - ein. Dass der Rückstand nicht weiter anwuchs, war Späth zu verdanken, der bereits auf fünf Paraden kam. Im Angriff war lediglich Lichtlein (2/2) noch ohne Fehlwurf, doch immerhin gelang Heymann mit seinem vierten Treffer der Ausgleich zum 19:19 (45.).
Dominik Kuzmanovic blieb jedoch weiterhin der entscheidende Faktor und brachte die deutschen Werfer an den Rand der Verzweiflung. Nachdem sich Kroatien dank seines Schlussmannes erstmals auf vier Tore absetzen konnte (19:23, 48.) zog Gislason die Auszeit und brachte Knorr und Köster. Es wurde jedoch nicht besser: Kuzmanovic nahm Kastening einen Siebenmeter ab und Igor Karacic erhöhte auf 25:19 (50.). Dem ebenfalls wieder eingewechselten Golla gelang mit dem 20:25 (51.) immerhin ein offensives Lebenszeichen.
An Kuzmanovic war an diesem Abend jedoch einfach kein Vorbeikommen. Der Kroate hielt alles, was er musste und noch so manchen Ball mehr. Nach der 20. Parade bat selbst der deutschland-affine Hallensprecher Kevin Gerwin das Publikum um einen Applaus für den Schlussmann - und dieses kam der Auffordernung nach.
Die Entscheidung war zu diesem Zeitpunkt bereits gefallen und nach zwei weiteren Kuzmanovic-Paraden endete das Spiel mit 24:30 aus deutscher Sicht. Die Wahl des kroatischen Torhüters zum Player of the Match war nur eine Formsache.
Deutschland: Späth (8 Paraden), Wolff (6 Paraden); Golla 4, Heymann 4, Dahmke 3, Knorr 3, Köster 2, Lichtlein 2, Uscins 2, Fischer 1, Häfner 1, Kastening 1/1, Kohlbacher 1, Mertens, Steinert, Weber
Kroatien: Kuzmanovic (22 Paraden), M. Mandic; Karacic 6, Duvnjak 4, Klarica 4, Glavas 3/1, Maras 3, Nacinovic 3, Jelinic 2, Sostaric 2/1, Cindric 1, Kusan 1, Mihic 1, Lucin, Mamic, Sipic
Zuschauer: 19.750 (Köln, ausverkauft)
Schiedsrichter: Andreu Marin Lorente / Ignacio Garcia Serradilla (Spanien)
Strafminuten: 4 / 6
Am Freitag (20:30 Uhr) geht es für die deutsche Mannschaft im Halbfinale gegen Weltmeister Dänemark um den Einzug ins Endspiel. Zuvor stehen sich Olympiasieger Frankreich und Titelverteidiger Schweden im zweiten Semifinale gegenüber (Freitag, 17:45 Uhr). Die Gewinner werden am Sonntag um 17:45 Uhr um den EM-Titel spielen, die Verlierer treffen am Sonntag um 15:00 Uhr im Kampf um die Bronzemedaille aufeinander.
Um es allen Handballer:innen zu ermöglichen, das Medaillenspiel des deutschen Teams zu verfolgen, hat der Bundesrat des Deutschen Handballbundes bereits 2022 beschlossen, dass im Falle einer deutschen Qualifikation für das Finalwochenende jedes Spiel auf Wunsch einer Mannschaft kostenfrei verlegt werden kann. An diesen Beschluss sind sämtliche Ligen / Landesverbände gebunden (hier geht es zum Beschlusstext).
jun