18.01.2024, 22:04
Handball-Europameisterschaft - Hauptrunde, 1. Spieltag
Vor ausverkaufter Arena von 19.750 Zuschauern zeigte sich Köln in Topform für die Hauptrunde der Handball-EM - und war beim Duell zwischen Deutschland und Island ein Faktor. Andreas Wolff war in einem Thriller ein wichtiger Faktor, Julian Köster setzte wenige Sekunden vor dem Ende mit dem 26:24 den Endstand.
Aus Köln berichtet Christian Stein
Die Ausgangslage für Deutschland war vor dem Auftakt der Hauptrunde der Handball-EM gegen Island optimal, denn nachdem Österreich den Ungarn die erste Niederlage beigebracht hatte und auch Frankreich seiner Favoritenrolle mit einem Sieg über Kroatien gerecht wurde war klar: Mit einem Sieg über Island und drei weiteren Erfolgen konnte sich das Team von Alfred Gislason aus eigener Kraft ins Halbfinale werfen.
» Wie kommt Deutschland ins Halbfinale der Handball-EM
Auch die Lanxess-Arena wurde ihrem Ruf als Handball-Mekka gerecht. Zunächst allerdings sorgte eine Panne bei der Hymne von Island für Unruhe, das Abspielgerät hakte, gab die Musik defragmentiert wieder. Nach ersten Pfiffen und irritierten Gesichtern bei den isländischen Spielern und Fans wurde sie abgebrochen, die Pause mit Island-Rufen von der Halle überbrückt und sie dann korrekt neu abgespielt.
Der Fauxpas war aber schnell vergessen: Nach dem 1:2 von Rune Dahmke, der nach eigener Aussage gegenüber handball-world am Vortag "jetzt richtig fit" ist und einer ersten Parade von Andreas Wolff hielt es die ersten Zuschauer nicht mehr auf den Sitzen. Wie auch bei den sonst in der Halle heimischen Kölner Haien verwandelte sich die Nordseite zu einer Stehtribüne - nach nicht einmal vier gespielten Minuten.
Alfred Gislason hatte vor dem Duell mit seinen Landsleuten vor der offensiven 6:0-Abwehrformation gewarnt und in der Tat musste sich der deutsche Rückraum auf diese Variante einstellen - was etwas dauerte. Doch mit fortlaufender Spielzeit stabilisierte sich die deutsche Deckung und offensiv sollten Julian Köster und Johannes Golla die Akzente setzen. Martin Hanne sorgte dann mit einem Doppelpack zum 7:5 (15.) für die erste deutlichere Führung.
Das Plus von Andreas Wolff aus der Anfangsviertelstunde mit fünf Paraden holte Viktor Hallgrimsson aber wenig später mit drei gehaltenen Bällen zügig auf. Die Wolff-Paraden konnten aufgrund der schlechten Chancenverwertung so nicht genutzt werden. Es war das hochklassige Duell zweier Spitzenkeeper, das für Spannung sorgte.
Alfred Gislason versuchte unterdessen die Einsatzzeiten im ersten Durchgang zu verteilen und von der Bank kamen nicht nur von Martin Hanne die erhofften Impulse: Mit einer schönen Freiwurfvariante in der auch Justus Fischer und Kai Häfner den Weg für Sebastian Heymann zum 9:7 (24.) blockten, konnte Deutschland den Vorsprung halten.
Doch Island hielt dagegen, zeigte sich stark verbessert gegenüber den Auftritten in München. Zwischen dem Doppelpack von Viggo Kristjansson zum Ausgleich sollte auch Hallgrimsson spektakulär gegen Fischer parieren - es war der erste Fehlwurf im Turnier für den jüngsten deutschen Spieler. Am Ende nahm Deutschland ein 11:10 in die Halbzeitpause.
DHB-Sportvorstand Axel Kromer hatte im ersten Abschnitt vor allem das fehlende Umschaltspiel zu bemängeln, die einfachen Tore fehlten im Vergleich zu den Vorrundenpartien. Deutschland stand in der Deckung besser, konnte daraus mit eigenen Fehlern kein Kapital schlagen. Das Zentrum dicht machen, Island zu Würfen aus schlechten Winkeln zwingen, hatte Renars Uscins im Vorfeld als Erfolgsrezept für die Defensive betont. Das gelang weitestgehend.
Offensiv aber nahm sich das DHB-Team auch nach dem Seitenwechsel teilweise überhastete Würfe und zu riskante Anspiele, machte zu viele Fehler. Im Torwartduell waren Hallgrimsson und Gustavsson nun schon an Wolff vorbeigezogen. Island konnte sich so nach zwischenzeitlichem Zwei-Tore-Rückstand zum 16:16-Ausgleich herankämpfen, konnte sogar die Führung in einer deutscher Schwächephase beim 18:19 (50.) erobern.
Die Crunchtime hatte bereits zehn Minuten vor dem Ende begonnen und die Kölner Arena verwandelte sich spätestens nach dem 21:21 (53.) von Julian Köster in einen Hexenkessel. Island zeigte Nerven unter den lautstarken Pfiffen und vorne konnte nach dem Fehlwurf von Kohlbacher dann der eingewechselte Lukas Mertens den Nachwurf nervenstark zur Führung verwandeln.
Die Arena war nun die größtmögliche Stehplatztribüne, von den VIP-Plätzen bis zum 2. Oberrang hielt es die Zuschauer nicht mehr auf ihren Plätzen. Nur Björgvin Gustavsson zeigte sich bei den Siebenmetern auch als Partycrasher und verhinderte eine größere Führung des DHB-Teams. Doch das DHB-Team konnte sich auf Andreas Wolff verlassen.
Es wurde eine Frage der Nerven, diese sollte Timo Kastening dann wenig später vom Strich mit dem 23:21 (56.) bewahren. Auf der Gegenseite waar Andreas Wolff dann Sieger im Duell mit Viggo Kristjansson. Die Chance auf drei Tore wegzuziehen ließ sich Golla entgehen, ein weiterer Fehler von Juri Knorr und wieder musste Wolff im Siebenmeterduell gegen Omar Ingi Magnusson die Führung wahren. Alfred Gislason nahm noch einmal eine Auszeit, Johannes Golla und Julian Köster stellten letztlich den 26:24-Sieg sicher.
Deutschland: D. Späth, Wolff (12 Paraden, davon 3 Siebenmeter) - Knorr 6/2, Golla 4, J. Köster 4, Kastening 3/1, Hanne 2, Heymann 2, K. Häfner 2, Dahmke 1, Kohlbacher 1, Mertens 1, Fischer, Steinert, Uscins, Weber
Island: Gustavsson (2 Siebenmeter-Paraden), Hallgrimsson (13 Paraden) - Smarason 6, Gudjonsson 4, V. Kristjansson 3/1, Pálmarsson 3, E. Jonsson 2, O. I. Magnusson 2/1, Arnarsson 1, Elisson 1, Gislason 1, Vidarsson 1, G. T. Kristjansson, Rikhardsson, Thrastarson, Tobar Valencia
Schiedsrichter: Slave Nikolov / Gjorgji Nachevski (Nordmazedonien)
Zuschauer: 19.750 (ausverkauft)
Strafminuten: 4 / 4