26.01.2024, 21:48
Ein überragender erster Durchgang reicht nicht für das Finale
Der Traum von dem Europameistertitel im eigenen Land ist ausgeträumt: Deutschland muss sich trotz einer starken Leistung im Halbfinale der Handball-EM mit 26:29 (14:12) gegen Dänemark geschlagen geben. Der Weltmeister spielt am Sonntag (17:45 Uhr, ARD) im Finale gegen Olympiasieger Frankreich, Deutschland kämpft zuvor gegen Schweden um 15:00 Uhr um Bronze - und das Olympia-Ticket.
Aus Köln berichtet Julia Nikoleit
Gegen Dänemark musste Bundestrainer Alfred Gislason im Halbfinale der Handball-EM in der Startformation leicht umstellen: Aufgrund der Abreise von Kai Häfner begann bei Deutschland Renars Uscins offensiv im rechten Rückraum und Christoph Steinert übernahm die halbrechte Seite in der Defensive. Für den erkrankten Timo Kastening rückte Lukas Zerbe auf die rechte Außenbahn.
Komplettiert wurde die deutsche Startsieben wie gewohnt von Andreas Wolff, Rune Dahmke, Julian Köster, Juri Knorr und Johannes Golla. Bei Dänemark bekam der erfahrene Niklas Landin den Vorzug vor dem zuletzt starken Emil Nielsen. Vor ihm agierten Emil Jakobsen, Simon Pytlick, Rasmus Lauge, Mathias Gidsel, Niclas Kirkelökke und Magnus Saugstrup.
Deutschland kam gut in die Partie und gestaltete das Spiel offen. Gerade der junge Linkshänder Renars Uscins fügte sich gut ein: Das 2:1 (3.) erzielte der 21-Jährige selbst, das 3:1 (5.) durch Knorr legte er mit einem schönen Pass ebenso auf wie das 4:3 (7.) durch den eingelaufenen Dahmke. Die Defensive um den Mittelblock Golla/Köster präsentierte sich ebenfalls hellwach.
Bei Dänemark zeigten sich hingegen Licht und Schatten: Einen Gegenstoß nach einem abgefangenen Pass an den Kreis vollendeten die Handball-Weltmeister gewohnt konsequent, dafür erlaubte sich Dänemark innerhalb weniger Minuten zwei einfache Passfehler. Einen von Knorr abgefangenen Ball vollendete Zerbe per Gegenstoß zum 5:3 (8.).
Da die Abwehr weiterhin stand, konnte Deutschland seinen Vorsprung halten (7:5, 12.) und auch Wolff verbuchte sein erste starke Parade. Zerbe hätte im Gegenzug erhöhen können, scheiterte jedoch an Landin (13.).
Eine Zeitstrafe gegen Sebastian Heymann, der zur Entlastung von Julian Köster in die Abwehr gekommen war, nutzte Dänemark für den Anschluss (7:6, 14.). Nachdem Landin einen Siebenmeter von Juri Knorr gehalten hatte (15.) kam der Weltmeister zum Ausgleich: Simon Pytlick traf zum 7:7 (16.).
Nach 17 Spielminuten kassierte Heymann bereits seine zweite Zeitstrafe. Dänemark hatte nun die Chance zur Führung, doch erst landete ein langer Ball von Landin neben dem verwaisten Tor, dann nahm Wolff einen Gegenstoß von Gidsel weg. Stattdessen brachte Golla die deutsche Auswahl wieder in Front (9:8, 20.). Nikolaj Jacobsen hatte genug gesehen und nahm die Auszeit.
Der Däne brachte Mikkel Hansen als Regisseur und kurz darauf Lukas Jörgensen am Kreis. Und auch Gislason wechselte: Bei Deutschland kam Steinert für Zerbe auf Rechtsaußen und Jannik Kohlbacher übernahm den Kreis. In den Mittelpunkt spielte sich offensiv allerdings weiterhin ein anderer Akteur: Uscins erzielte zunächst das 10:9 (22.) und legte mit seinem fünften Treffer das 12:10 (27.) nach.
Prunkstück der deutschen Auswahl war an diesem Abend jedoch die Deckung. Die individuell so hochkarätig besetzten Dänen liefen sich immer wieder fest und fanden keine Lösungen. Nach dem 13:10 (28.) durch Knorr betrug der Vorsprung erstmals drei Tore. Die Lebensversicherung des Weltmeisters war Linksaußen Jakobsen, der seine mit zwei Treffern in Folge im Spiel hielt. Nach einer letzten Parade von Landin ging es mit 14:12 für Deutschland in die Kabine.
Dänemark kam mit Emil Nielsen als neuem Keeper und dem siebten Feldspieler aus der Kabine. Zwei Treffer und eine Parade von Nielsen bedeuteten den Ausgleich (14:14, 33.). Mit einer spektakulären Parade verhinderte Wolff kurz darauf zunächst die erste dänische Führung, doch nach einem Ballverlust vorne sorgte Simon Hald dann doch für das 16:15 (36.) für Dänemark.
Nach einer Zeitstrafe gegen Magnus Landin agierte Deutschland in Überzahl und kam durch Knorr zum Ausgleich (17:17, 39.). Dänemark war in der Abwehr nun präsenter, vorne tat sich der Weltmeister aber weiterhin extrem schwer. Mit einem unbeweglichen Mikkel Hansen fehlte der Druck aus der Mitte und gegen die Passstaffetten arbeitete die deutsche Defensive gut.
Die Gefährlichkeit der Dänen zeigte sich unterdessen im Umschaltspielt: Jakobsen erhöhte per Gegenstoß auf 19:17 (42.). Solche einfachen Tore taten dem deutschen Team weh - ebenso wie der Ballverlust in Überzahl nach einer Zeitstrafe gegen Kirkelökke. Der Weltmeister spielte seinen Angriff aus, zogen eine Hinausstellung gegen Kohlbacher und erhöhten per Siebenmeter von Mikkel Hansen auf 21:18 (46.).
Alfred Gislason versuchte seit einigen Minuten, die Kräfte zu verteilen und spielte offensiv mit Heymann sowie Philipp Weber anstelle von Knorr und Köster. Nach einer Auszeit beim Stand von 19:22 aus deutscher Sicht bekam auch Uscins eine Pause. Dafür spielte Steinert im rechten Rückraum, Zerbe kam auf Rechtaußen. Den Rückraum des Linkshänders konnte Nielsen abwehren, doch der Abpraller fiel Golla direkt in die Arme (20:22, 50.).
Der Unterschied in dieser Phase: Während die Dänen am Ende ihrer langen Angriffe inzwischen immer wieder zum Torerfolg kamen, fehlte Deutschland vorne der letzte Stich und hinten die entscheidende Parade. Und anders als noch im ersten Durchgang griff das Tempospiel der Dänen, da das deutsche Team nicht mehr jeden Angriff konsequent beenden konnte: Mathias Gidsel stellte per Gegenstoß auf 26:21 (53.).
Mit der Einwechslung von Nils Lichtlein versuchte Gislason noch einmal, einen neuen Impuls zu setzen und der Linkshänder holte auch einen Siebenmeter heraus. Allerdings nahm Nielsen Weber diesen Wurf ab (55.) - und Deutschland lief langsam die Zeit davon. Das 28:23 (57.) durch Kirkelökke stellte die Vorentscheidung dar.
Deutschland gab allerdings noch nicht auf. Köster holte einen Siebenmeter sowie eine erneute Zeitstrafe gegen Kirkelökke heraus (58.) - die Arena hofft wieder. Steinert trat an und verkürzte auf 25:28 (58.). Nach einer Parade von Wolff gegen Lindberg legte Kohlbacher das 26:28 (59.) nach, doch Dänemark blieb cool und setzte durch Hansen den endgültigen Siegtreffer.
Weltmeister Dänemark trifft nach dem Sieg im Finale der Handball-EM auf Olympia-Gastgeber Frankreich. Da beide Teams bereits für die Olympischen Spiele in Paris qualifiziert sind, geht es zwischen Schweden und Deutschland neben Bronze auch um das direkte Olympia-Ticket, das bei der EM vergeben wird. Hinter dem Sieg von Frankreich steht aber noch ein Fragezeichen, Schweden hat Protest eingelegt.
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Dänemark: N. Landin (5 Paraden), E. Nielsen (8 Paraden); M. Hansen 5/4, E. M. Jakobsen 5, Pytlick 5, Gidsel 4, Hald 4, Kirkelökke 3, M. Landin 2, Lauge Schmidt 1, M. Damgaard, Jörgensen, Larsen, Lindberg, Möllgaard Jensen, Saugstrup Jensen
Deutschland: Späth, Wolff (11 Paraden); Uscins 5, Knorr 4, Dahmke 3, Golla 3, Heymann 3, Köster 2, Steinert 2/1, Weber 2/1, Kohlbacher 1, Zerbe 1, Fischer, Hanne, Lichtlein, Mertens
Zuschauer: 19.750 (Köln, ausverkauft)
Schiedsrichter: Bojan Lah / David Sok (Slowenien)
Strafminuten: 8 / 6
jun