- Anzeige -

26.05.2019 13:32 Uhr - 2. Bundesliga - Andreas Joas, HSG

"Heiß und kalt in Abwechslung": HSG Konstanz mit neuer Chance auf 2. Bundesliga in Rostock

Fabian WiedersteinFabian Wiederstein
Quelle: Michael Elser, HSG
Wer hat die Enttäuschung der ersten Runde der Aufstiegsrelegation zur 2. Handball-Bundesliga besser und schneller verdaut? Diejenige Mannschaft, die das Gefühl besser in eine Jetzt-erst-recht-Stimmung und Zusatzmotivation kanalisieren wird, dürfte in den zwei letzten, alles entscheidenden Partien einen gehörigen Vorteil haben. Die HSG Konstanz will sich dabei im knapp 1 000 Kilometer entfernten Rostock beim ehemaligen Europapokalsieger an der Ostsee eine gute Ausgangsposition für das Finale daheim im Hexenkessel Schänzle-Hölle am 1. Juni erarbeiten.

Keine Woche ist es her, als dem HC Empor Rostock in einem denkwürdigen Finale Furioso der schon sicher geglaubte Aufstieg in die "stärkste zweite Liga der Welt" aus den Händen gerissen wurde. In allerletzter Sekunde - auf bitterste Art und Weise. Nach einem 24:23-Auswärtssieg in Krefeld schien der zehnfache DDR-Meister trotz eines 22:23 vor dem eigenen Publikum aufgrund der mehr erzielten Auswärtstore am Ziel. Dann kam die letzte Sekunde, ein letzter Verzweiflungswurf der Krefelder - und Torwart und Ball landeten knapp im Tor.

Oder auch nicht. An dieser Frage entzündete sich das ganze Rostocker Entsetzen und große Fassungslosigkeit. Direkt nach dem Schlusspfiff kündigte Rostock Protest gegen den 24:22-Auswärtssieg des Westdeutschen Meisters an, zog diesen dann aber wieder zurück. Tatsachenentscheidung der Schiedsrichter, so die Begründung - und selbst aus mehreren Kameraperspektiven kaum aufzulösen, ob der Ball wirklich mit vollem Umfang hinter der Linie war. "Leere" war insofern das lähmende Gefühl an der Küste im hohen Norden.

Eblen: "Es wird in der Struktur der Mannschaften mit gleichen Karten gespielt"


- Anzeige -


Nicht viel anders sah es am anderen Ende der Republik aus. Ganz im Süden herrschte auch am Bodensee große Enttäuschung nach den zwei Niederlagen gegen den ThSV Eisenach. Das Aus kam zwar weniger dramatisch, die Unzufriedenheit über die eigene Leistung war jedoch umso grösser. Im Gegensatz zum ThSV Eisenach, der laut Aussage ihres Trainers Sead Hasanefendic "am Maximum" gespielt hat, gelang es Konstanz nie, "ans Optimum zu kommen", so Kapitän Tom Wolf.

Zu viele Fehler, ungewohnte Lücken in der Defensive - die HSG-Spieler brennen nun darauf, zu zeigen, was wirklich in ihnen steckt und was sie zu 51:9 Punkten in der 3. Liga Süd geführt hat. Denn, so fügt Trainer-Ikone Hasanefendic hinzu: "Die HSG ist eine spielerisch sehr gute Mannschaft mit viel Tempo. Mir gefällt das. Sie spielt schneller, schöner und besser als wir." In Sachen Abgeklärtheit und Erfahrung jedoch waren die von ihm bestens eingestellten Thüringer den Konstanzern deutlich überlegen.

Ein Fakt, der im Duell mit dem Vereins-Europameister von 1982 nun deutlich weniger ins Gewicht fallen dürfte. Denn wie Konstanz setzt auch Rostock auf viele junge, hochtalentierte Spieler. Trainer Till Wiechers hat als Ex-Flensburger dazu einige Talente seines alten Vereines nach Rostock gelockt. Mit dem 2,07 Meter großen Andre Meuser verfügt er zudem über ein Talent, das nächste Saison nach Dormagen wechseln wird, Nick Witte, der schon in Neuhausen 2. Bundesliga gespielt hat oder Jonas Steidtmann, einer der Ex-Flensburger. Alle haben deutlich über 100 Saisontore erzielt. "Insofern", sagt Daniel Eblen, "wird in der Struktur der Mannschaften nun mit gleichen Karten gespielt." Das Team des Konstanzer Cheftrainers muss sich allerdings auch auf einen völlig anders agierenden Gegner einstellen, einen, der in der Abwehr viel aggressiver als Eisenach agiert und seine Stärken, mit sehr variabler Besetzung, wie die HSG im Tempo besitzt.

Im Lager der HSG freut man sich auf das Geschenk der zweiten Chance und zwei Spiele vor erneut fantastischen Kulissen. "Wir haben gesehen", so der HSG-Coach, "was wir besser machen können." Besser in der Abwehr spielen etwa, weniger Gegentore kassieren - und bis zum Ende konzentriert bleiben. All das hatte Eisenach den Gelb-Blauen demonstriert, mit "kaum Wellen im Spiel und kaum Fehlern", so Eblen weiter. "Eisenach hat gezeigt, wie man in solchen Spielen antritt. Für eine junge Mannschaft ist es zwar nicht einfach, über 60 Minuten konzentriert und geduldig zu sein - aber dorthin müssen wir kommen." Dafür seien Prozesse, die dazugehören, nötig. Das Wechselspiel zwischen Kampf, Energie und Konzentration sind in seinen Augen dabei besonders wichtig. "Heiß und kalt in Abwechslung", meint der 44-Jährige und wünscht sich ein Gleichgewicht der Elemente.

Der emotionale Zuspruch der Fans nach der letzten Niederlage habe dafür noch einmal ordentlich Selbstvertrauen gegeben, denn "die Leute nehmen uns, wie wir sind. Es ist ein tolles Gefühl, wenn man spürt, wie viele Menschen in der Stadt und Region hinter uns stehen." Beim letzten regulären Heimspiel der Saison bedankte sich die Mannschaft bei ihren heißblütigen Anhängern mit einem großen Transparent und den Worten "Vom Bodensee bis zur Ostsee - mit Euch schaffen wir alles".

Ob es Schicksal ist und sich die Prophezeiung erfüllt? Bei den letzten Aufeinandertreffen in der 2. Bundesliga in der Spielzeit 2016/17 gewann Konstanz mit 33:28 in Mecklenburg-Vorpommern und 29:23 vor eigenem Publikum. Bereits am Samstagmorgen wird der HSG-Tross starten, am Abend noch einmal trainieren und nach einer Nacht im Hotel ausgeruht in das Spiel beim siebenmaligen DDRPokalsieger gehen. Der Sonntag wird somit ein ganz wichtiger Tag für die HSG - aber auch für Europa. "Wir müssen unsere Rechte auch pflegen", meint Eblen und ruft zur Teilnahme an der Europawahl auf. "Was uns zugestanden wird, sollten wir auch ausüben. Jede Stimme ist wichtig."

Die Partie im Livestream


- Anzeige -