Jörn Wolterink ist mit 35 Jahren der Routinier im deutschen Team.
Quelle: jun Nach 14 Jahren Abstinenz wird Deutschland im Sommer 2020 erstmals wieder an einer Beachhandball-Weltmeisterschaft teilnehmen. Bei Nationalspieler Jörn Wolterink und seinen Mannschaftskollegen ist die Freude entsprechend groß. In der aktuellen Ausgabe von #Nachgefragt spricht der 35 Jahre alte Routinier über das WM-Ticket per Wildcard, die Entwicklung in den letzten Jahren und den Altersunterschied zu seinen jungen Mitspielern. Er betont: "Wir wollen mit einer guten Platzierung zeigen, dass die Entwicklung bei uns nach oben gegangen ist und der Startplatz zurecht nach Deutschland gegeben wurde."Im Sommer geht es für euch doch noch zur Weltmeisterschaft. Wie groß ist die Vorfreude?
Jörn Wolterink:
Seitdem bekannt wurde, dass durch den Entzug des Startplatzes für Süd- und Mittelamerika vielleicht auch der sechste EM-Platz reichen könnte, haben wir natürlich darauf gehofft, dass der Startplatz nach Europa geht - und damit an uns fällt. Nachdem es nun Anfang der Woche bekannt geworden ist, ist die Vorfreude riesengroß und wir können kaum erwarten, dass es Sommer wird und wir nach Italien reisen dürfen.
Was würde die WM-Teilnahme für dich persönlich bedeuten?
Jörn Wolterink:
Es sind noch einige Lehrgänge zu absolvieren, aber ich hoffe natürlich, dass ich bei der WM im Kader stehen werde. Wenn dem so sein sollte und Konrad mich berücksichtigt, wäre das noch einmal ein richtiges Highlight für mich. Ich habe drei Europameisterschaften gespielt, aber noch einmal die Chance zu bekommen, eine Weltmeisterschaft zu spielen, wäre ein Höhepunkt. Es würde mich unglaublich freuen, wenn ich dort für Deutschland auflaufen und eine WM spielen dürfte.
Mit welchen Erwartungen blickst du auf die Weltmeisterschaft?
Jörn Wolterink:
Es wird auf jeden Fall ein Highlight! Die europäischen Teams kennen wir von den Europameisterschaften und wissen, wo wir im Vergleich ungefähr leistungsmäßig stehen. Die übrigen Teilnehmer sind jedoch ein anderes Kaliber - gerade, wenn man an die Dauerweltmeister aus Brasilien denkt. Wir können zeigen, wo der deutsche Beachhandball im Vergleich mit der Weltspitze bzw. im weltweiten Vergleich steht.
Ich erwarte, dass es ein super Event wird und wir den deutschen Beachhandball gut präsentierten wollen. Wir wollen mit einer guten Platzierung zeigen, dass die Entwicklung bei uns nach oben gegangen ist und der Startplatz zurecht nach Deutschland gegeben wurde. Durch die WM-Teilnahme sind wir zugleich für die EM nächstes Jahr qualifiziert, was erstmalig nicht mehr selbstverständlich ist. Die Qualifikationsturnier bleibt uns nun aber glücklicherweise erspart.
In Sachen WM-Kader ist alles offen.
Du hast es bereits gesagt: Ihr werdet auf "neue" Gegner von anderen Kontinenten treffen. Inwiefern ist das auch für dich trotz aller Erfahrung noch eine neue Herausforderung?
Jörn Wolterink:
Wir werden bei der WM definitiv auf Gegner treffen, die uns weitestgehend unbekannt sind. Als Beachhandballfan hat man zwar die Weltmeisterschaften verfolgt und kennt Teams wie Brasilien, Katar und Oman vom Livestream kennt, aber jetzt gegen sie zu spielen, ist natürlich eine besondere Herausforderung.
Australien kennen wir hingegen ein bisschen, weil sie schon öfter beim EBT-Turnier in Tilburg waren und gegen die USA haben wir in der Vorbereitung auf die EM 2017 in Frankreich gespielt. Trotzdem wird so eine Weltmeisterschaft durch die ganzen neuen Gegner sicherlich ein ganz anderes Erlebnis sein als die Europameisterschaften.
Der erste Lehrgang in diesem Jahr steht im Februar an. Es fehlen zahlreiche EM-Fahrer, stattdessen sind mehrere Talenten aus der letztjährigen U17 dabei. Was erwartest du von der Maßnahme?
Jörn Wolterink:
Dass der Lehrgang in zwei Wochen mit wenigen EM-Fahrern aus dem vergangenen Jahr stattfindet, ist natürlich schade, hat jedoch entsprechende Gründe. Es gibt Verletzungen oder Hallenverpflichtungen, das lässt sich eben nicht ändern.
Ich rechne daher damit, dass der Lehrgang im Großen und Ganzen darauf abzielen wird, dass sich die jungen Talente zeigen und ihre Leistungen im A-Kader präsentieren können. Wir werden daher wahrscheinlich weniger am Zusammenspiel arbeiten, sondern vielmehr auf individuelle Sachen eingehen.
Das ist eine gute Chance für die jungen Leute, sich zu präsentieren und vielleicht finden wir ja auch den ein oder anderen Spieler, der sich aufdrängt. In Sachen WM-Kader ist ja alles offen und von daher wird es sicherlich ein guter Lehrgang, wo jeder von uns einige Sachen mitnehmen kann.
Bei der EM schrieb die EHF aufgrund des Altersunterschieds zu dem 2000er-Jahrgang über dich, du wärst "wie ein Vater mit seinen Söhnen". Wie viele Sprüche durftest du dir danach von dem Team anhören?
Jörn Wolterink:
Ja, der berühmt-berüchtigte EHF-Artikel mit dem Altersunterschied? (lacht). Der Text hat schon für Schmunzeln innerhalb der Mannschaft gesorgt. Es gab damals den ein oder anderen Spruch und wir haben unsere Späßchen gemacht. Der Spitzname Papa geisterte auch im Team herum, hat sich aber nicht durchgesetzt (lacht).
In Matthew Wollin steht nun ein Spieler auf deiner Position vor seinem ersten A-Lehrgang, der rund 20 Jahre jünger ist. Was kannst du jungen Spielern wie ihm mitgeben?
Jörn Wolterink:
In Matthew ist natürlich ein ganz junges Talent auf meiner Position dabei, der allerdings auch schon gezeigt hat, dass er zumindest in seiner Altersklasse ein richtig guter Spieler ist. Er ist ja nicht umsonst Torschützenkönig bei der EM im letzten Jahr geworden. Ich kann sicherlich versuchen, den jungen Spielern meine Erfahrung weiterzugeben - wie man die Ruhe bewahrt, wenn es im Spiel eng ist und wie man keine Hektik aufkommen lässt.
Natürlich gibt es auch noch einige Tipps und Tricks, die ich sicherlich weitergeben könnte. Matthew ist aber jetzt schon ein starker Spieler und hat bereits gezeigt, dass er auch im Männerbereich eine gute Figur machen kann. Wenn er so weitermacht, muss ich ihm nicht mehr lange meine Erfahrung weitergeben (lacht). Er kann ein richtig guter Spieler werden!
Bindeglied zwischen Mannschaft und Trainer.
Wie würdest du deine Rolle umreißen - in der Mannschaft und für den Trainer?
Jörn Wolterink:
So, wie die EHF es geschrieben hat - wie ein Vater mit seinen Söhnen - würde ich es nicht unbedingt umreißen (schmunzelt). Ich sehe mich als Kapitän mehr als Bindeglied zwischen Mannschaft und Trainer. Ich bin Ansprechpartner für die Jungs, wenn es etwas zu klären gibt und Ansprechpartner für Konrad, wenn er etwas in die Mannschaft geben will.
Natürlich kann ich der Mannschaft auch eine gewisse Ruhe weitergeben und versuchen, das Spiel in hektischen Situationen zu beruhigen. Ich will einfach die Erfahrung weitergeben, die ich bei den Europameisterschaften und den Jahren in der deutschen Serie und der EBT-Serie gemacht habe.
Wie fällt deine Bilanz aus, was die Entwicklung der Mannschaft in den vergangenen Jahren angeht?
Jörn Wolterink:
Das Leistungsniveau ist aus meiner Sicht stetig gestiegen und die Entwicklung innerhalb der Mannschaft und drumherum zeigt nach oben. Es hat einen Verjüngungsprozess gegeben und der Plan, wie was angegangen wird, ist deutlich klarer geworden.
Wenn ich an die Anfänge in 2015 denke, sind diese kaum noch zu vergleichen mit der letzten Europameisterschaft oder der Planung für dieses Jahr. 2015 hatten wir vor der EM einen Lehrgang und sind als bunt zusammengewürfelte Truppe nach Spanien geschickt worden; jetzt haben wir deutlich mehr Lehrgänge und eine umfangreichere Vorbereitung. Es hat sich einiges getan.
Platzierungsmäßig ist die Entwicklung mit den Rängen Acht, Neun und Sechs vielleicht gar nicht so deutlich gestiegen, aber das liegt auch daran, dass die Konkurrenz nicht schläft und das Niveau im Beachhandball allgemein gestiegen ist. Auch die anderen Mannschaften haben sich natürlich weiterentwickelt. Ich denke, dass wir trotzdem auf einem richtig guten Weg sind - und hoffe, dass es sich so weiterentwickelt.
Zum Abschluss: Kannst du schon ein erstes Ziel für die Weltmeisterschaft formulieren - oder genießt du jetzt erst einmal die Vorfreude, dabei zu sein?
Jörn Wolterink:
Ein konkretes Ziel würde ich noch nicht formulieren wollen - auch, weil der Kader ja noch nicht endgültig steht (schmunzelt). Ich hoffe aber natürlich, dass ich dabei bin und werde auch alles dafür geben. Wir müssen einfach zeigen - egal, wer letztendlich im Kader steht -, dass diese Wildcard zurecht an die EHF gegangen ist.
Wir wollen daher in Italien einen guten Beachhandball zeigen und eine ordentliche Leistung abrufen. Ich freue mich unglaublich, dass Deutschland wieder dabei ist und wenn ich persönlich auch noch mitspielen darf, freut es mich umso mehr. Bis dahin werden wir uns selbst und die Mannschaft in den Trainingseinheiten weiterentwickeln, um ein gutes Ergebnis bei der EM zu holen.