Altmeister TUSEM Essen ist zurück in der 1. Handball-Bundesliga. Zum insgesamt fünften Mal nach 1973, 1979, 2007 und 2012 gelingt dem Traditionsverein damit der Sprung in die höchste deutsche Spielklasse. "Es ist vermutlich die fairste einer zwangsweise auch ein Stück weit unfairen Entscheidung", kommentierte TUSEM-Geschäftsführer Niels Ellwanger in einem offenen Brief die Entscheidung und betont: "Gerne hätten wir bei einem Heimspiel, in einer ausverkauften Halle und unter großen Emotionen sportlich den Aufstieg geschafft, mit unseren zahlreichen Fans eine Aufstiegsfeier gefeiert und wären von einer Euphoriewelle getragen in die 1.Liga zurückgekehrt." Nach 24 von 34 Spieltagen hatten die Jungs von der Ruhrpott Schmiede (34:14) mit drei Zählern Rückstand auf Spitzenreiter Coburg (37:11) den zweiten Platz inne.
Dahinter folgten die SG BBM Bietigheim (32:16), der VfL Gummersbach, der ASV Hamm-Westfalen (je 31:17) und der TuS N-Lübbecke (30:18) in der Spitzengruppe. An den letzten zehn Spieltagen hätten noch einige Top-Begegnungen auf dem Programm gestanden, Hamm hätte noch Spitzenreiter Coburg und den TUSEM zu Gast, Gummersbach hätte hingegen Bietigheim und Hamm empfangen.
"Dass der TUSEM in der kommenden Spielzeit in der stärksten Handball-Liga der Welt vertreten sein wird, freut mich riesig. Für unsere Stadt, die Fans und vor allem für unsere Mannschaft und ihr Trainerteam um Jaron Siewert und Michael Hegemann", so Ellwanger.
Trainerwechsel und Fragezeichen hinter Ignatow
Aufstiegstrainer Siewert wird den Verein verlassen und bei den Füchsen Berlin eine neue sportliche Heimat finden, auch Rolando Urios und Torwart Fredrik Genz kehren zum Hauptstadtclub zurück. Darüber hinaus werden Nils Conrad (VfL Lübeck-Schwartau), Tom Skroblien (TuS N-Lübbecke), Carsten Ridder (VfL Eintracht Hagen) und Niklas Ingenpaß (via Zweitspielrecht zur HSG Krefeld) den Verein verlassen.
Als Neuzugänge präsentierte man bislang Tolga Durmaz (Füchse Berlin II), Lukas Diedrich (SC Magdeburg II), Eloy Morante Maldonado (TSV Bayer Dormagen), Lukas Becher (HC Rhein Vikings) und Dimitri Ignatow (MT Melsungen). Der Rechtsaußen wurde allerdings nur mit Zweitspielrecht bislang als Zugang vermeldet, hinter den Nationalspielern Tobias Reichmann und Timo Kastening scheint aber bei den Nordhessen keine sportliche Perspektive in Sicht. Neuer Cheftrainer wird Jamal Naji, der in der vergangenen Saison die JBLH-Mannschaft von Bayer Dormagen und die Auswahl des HV Mittelrhein trainiert hat.
"In den kommenden Tagen wird sich unser zukünftiges Trainerteam mit der Mannschaft zusammensetzen, um gemeinsam einen Fahrplan abzustimmen, wie eine bestmögliche Vorbereitung zur kommenden Saison unter den gegebenen Umstände aussehen kann", so Ellwanger, der betont: "Wir alle hoffen natürlich auf eine baldige Eindämmung des Corona-Virus, so dass wir in regelmäßiger Abstimmung mit den zuständigen Behörden einem Saisonstart im September optimistisch entgegensehen."
Zahlreiche Ehemalige in der HBL
Sportlich hat der am 20. Oktober 1926 gegründete Verein den Handball vor allem in den 1980er Jahren dominiert. Drei Deutsche Meisterschaften, drei Siege im DHB-Pokal und zwei Europapokalsiege sammelte der Verein zwischen 1986 und 1994. Die Spuren der damaligen Epoche sind immer noch in der Liqui Moly HBL zu sehen. Alfred Gislason ist Nationaltrainer der Männernationalmannschaft, Martin Schwalb (Rhein-Neckar Löwen) und Michael Roth (Füchse Berlin) auf Vereinsebene tätig.
Von der Mannschaft, die 2005 mit dem Sieg im EHF-Pokal den dritten Europapokalerfolg an die Margarethenhöhe brachte, wirken unter anderem Oliver Roggisch (Rhein-Neckar Löwen) und Michael Haaß (HC Erlangen) in der HBL und Lemgos Trainer Florian Kehrmann wurde 1994 unter dem Chefcoach Bob Hanning Deutscher Meister der männlichen A-Jugend.
Noch sichtbarer sind die Spuren der letzten Essener Aufstiegsmannschaft. Julius Kühn (MT Melsungen), Niclas Pieczkowski (SC DHfK Leipzig), Ole Rahmel (THW Kiel) und Lasse Seidel (HSG Nordhorn-Lingen) sind damals mit dem Traditionsverein aufgestiegen, Fabian Böhm (TSV Hannover-Burgdorf) und Toon Leenders (HSG Nordhorn-Lingen) dann in der Aufstiegssaison das Rot-Weiße Trikot getragen. Darüber hinaus trugen mit Patrick Wiencek (THW Kiel) und Luca Witzke (SC DHfK Leipzig) weitere Nationalspieler zu Zweitligazeiten das Essener Trikot.
"Eine junge Mannschaft, die sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiterentwickelt hat und im Kern aus vielen Spielern besteht, die schon in der Jugend für den TUSEM am Ball waren. Dass sie sich in der kommenden Spielzeit mit internationalen Top-Spielern messen darf, ist das verdiente und auch ungetrübte Ergebnis ihrer großartigen Leistungen in den vergangenen Jahren", so Ellwanger hingegen mit Blick auf den heutigen Aufstiegskader.
Der Brief von Niels Ellwanger im Wortlaut
Liebe Fans, Partner und Unterstützer des TUSEM,
die 36 Vereine der Handball-Bundesliga und das Präsidium der HBL haben sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Saison 2019/20 aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie abzubrechen. Gewertet wird die Spielzeit nach der sogenannten Quotienten-Regelung, die in der 2. HBL dem aktuellen Tabellenstand entspricht. Der TUSEM steigt als Tabellenzweiter also in die 1.Liga auf!
Letztlich fehlte der Mehrheit der Clubs die Perspektive, die Saison unter sportlich fairen und wirtschaftlich tragbaren Bedingungen fortzuführen, weshalb auch ich diese Entscheidung für sinnvoll erachte und mitgetragen habe. Es ist vermutlich die fairste einer zwangsweise auch ein Stück weit unfairen Entscheidung.
Gerne hätten wir bei einem Heimspiel, in einer ausverkauften Halle und unter großen Emotionen sportlich den Aufstieg geschafft, mit unseren zahlreichen Fans eine Aufstiegsfeier gefeiert und wären von einer Euphoriewelle getragen in die 1.Liga zurückgekehrt. Doch die unvorhersehrbaren und bisher beispiellosen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie machen das leider unmöglich.
Und dennoch: Dass der TUSEM in der kommenden Spielzeit in der stärksten Handball-Liga der Welt vertreten sein wird, freut mich riesig. Für unsere Stadt, die Fans und vor allem für unsere Mannschaft und ihr Trainerteam um Jaron Siewert und Michael Hegemann. Eine junge Mannschaft, die sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiterentwickelt hat und im Kern aus vielen Spielern besteht, die schon in der Jugend für den TUSEM am Ball waren. Dass sie sich in der kommenden Spielzeit mit internationalen Top-Spielern messen darf, ist das verdiente und auch ungetrübte Ergebnis ihrer großartigen Leistungen in den vergangenen Jahren.
Mit Vorfreude, Zuversicht und Demut sehen wir also der neuen Spielzeit entgegen, wohlwissend, dass diese eine enorme Herausforderung darstellt. Sportlich, logistisch und wirtschaftlich. Umso mehr ist der TUSEM auf die Unterstützung und Solidarität seiner vielen Fans, Partner und Sponsoren angewiesen. Zahlreiche Ticketinhaber haben uns bereits mitgeteilt, dass sie auf eine Rückerstattung der erworbenen Tickets verzichten werden, Sponsoren wiederum haben signalisiert, dass sie trotz der auch für sie herausfordernden Situation den TUSEM weiterhin unterstützen werden. Mit der in Kürze startenden Aktion #NurMitEuch werden auch unsere Fans die Möglichkeit haben uns bei der Herausforderung 1.Liga zu unterstützen. Ihnen allen gilt schon jetzt mein besonderer Dank!
In den kommenden Tagen wird sich unser zukünftiges Trainerteam mit der Mannschaft zusammensetzen, um gemeinsam einen Fahrplan abzustimmen, wie eine bestmögliche Vorbereitung zur kommenden Saison unter den gegebenen Umstände aussehen kann. Wir alle hoffen natürlich auf eine baldige Eindämmung des Corona-Virus, so dass wir in regelmäßiger Abstimmung mit den zuständigen Behörden einem Saisonstart im September optimistisch entgegensehen.
Ich freue mich schon jetzt auf eine außergewöhnliche und hoffentlich reibungslose Spielzeit mit Ihnen bei vielen spannenden Spielen und stimmungsvollen Abenden im Sportpark "Am Hallo"!
Bis dahin wünsche ich Ihnen alles Gute - bleiben Sie gesund!
Ihr Niels Ellwanger