23.11.2018 10:03 Uhr - 1. Bundesliga - etb
Was ist eigentlich eSport?
Niklas Timmermann:
eSport ist ein häufig mit Gaming synonym genutzter Terminus. Wir differenzieren hier mehr und grenzen dabei die Begriffe, eSports, Competitive Gaming und Gaming voneinander ab. Sie können sich das wie eine Pyramide vorstellen, bei der Gaming das Fundament bildet. In Deutschland gibt es etwa 35 Millionen Gamer, die Computerspiele oder so etwas wie Candy Crush auf dem Handy auf Basis von Spaß betreiben. Diese Leute sind zwar Gamer, aber nicht unsere Zielgruppe beim eSport. Beim eSport haben wir eine Zielgruppe von circa 7,5 Millionen Menschen, die beispielsweise mehr oder weniger häufig zu eSport-Veranstaltungen kommen oder eSport verfolgen.
Beim Gaming ist es so, dass ich es in der Regel allein für mich betreibe gegen den Computer oder mit Freunden, z.B. Mariokart. Beim eSport ist das anders. Es gibt drei hauptsächliche Faktoren, die eSport ausmachen. eSport ist ein Wettkampf zwischen mindestens zwei Menschen. Der Faktor Mensch ist ganz entscheidend. Es treten also mindestens zwei Kontrahenten in einem Wettkampf gegeneinander an. Das ist der zweite Punkt. Außerdem muss Wettkampfgleichheit herrschen, das heißt, dass beide Seiten die gleichen Möglichkeiten haben müssen gewinnen zu können. Viertens und eigentlich selbstverständlich ist, dass dies auf Basis von Computerspielen geschieht.
eSport umfasst dabei mehr als nur Sportspiele. Diese machen nur etwa 10 Prozent des Marktes aus. Es sind vielmehr alle Spiele, die die drei Faktoren erfüllen. Den Großteil des Marktes besetzen Shooter- und Strategiespiele.
Verdrängt eSport Ihrer Meinung nach den klassischen Sport oder können beide Seiten eine Bereicherung füreinander sein?
Niklas Timmermann:
Wir haben im eSport und im klassischen Sport Potentiale, die sich ergänzen können. Ein Profispieler im eSport braucht neben einer guten Auge-Hand-Koordination auch eine gewisse körperliche Belastbarkeit, wenn es darum geht, stundenlang im Wettkampf auf einer Bühne zu sitzen. Auf der anderen Seite können über den eSport beispielsweise Reaktionszeiten verbessert werden, sodass sich beide Bereiche gut ergänzen können.
Ich glaube, der klassische Sport verkennt das oft und sieht eher eine entweder-oder-Situation, statt eSport aktiv als Ergänzung einzubeziehen. Dabei rennen ihm die Kids mehr und mehr weg und machen eSport. Vereine ziehen daraus häufig die Konsequenz, Kinder noch stärker vom eSport weg zum klassischen Sport holen zu wollen. Dabei sollten Vereine viel mehr duale Angebote schaffen, um auf die Nachfrage zu reagieren.
Auch über den eSport können Kompetenzen vermittelt werden. eSport ist meistens ein Team-Sport, der sehr stark soziale Kompetenzen vermittelt. Im Vergleich zum klassischen Sport hat eSport ein signifikant höheres Maß an Inklusion. Körperlich schwer behinderte Menschen können beim eSport ein Teil des Teams sein. Unterschiede zwischen Männern und Frauen spielen ebenso beim eSport eine viel geringere Rolle. Wir müssen nicht unterscheiden, wer Maus und Tastatur bedient. Es gibt also einige sehr gute Potentiale beim eSport.
Glauben Sie, dass der Handball im Speziellen vom eSport profitieren kann?
Niklas Timmermann:
Was nicht funktioniert ist, dass wir sagen, wir machen ein Handballspiel und das wird dann erfolgreich. Hier sind die Aussichten derzeit eher gering. Aber es gibt Potentiale in der vollumfänglichen körperlichen Förderung. Über eSport können die Reaktionszeiten verbessert und die Hand-Auge-Koordination geschult werden. Das kann vor allem für Torhüter interessant sein. eSport kann additiv zum Training eingesetzt werden.
Etwas anders gestaltet sich das Ganze auf Business-Ebene. Es kann attraktiv für Vereine sein, auch für Handballvereine, eine eSport-Abteilung aufzumachen. Nicht weil es dabei um den Handball geht, sondern beispielsweise, um auch die Handball-Abteilung finanziell zu unterfüttern.
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