18.01.2023, 07:56
Die Handball-Kolumne von Füchse-Boss Bob Hanning
Nach dem Algerien-Spiel hadert kicker-Kolumnist Bob Hanning mit der deutschen Abwehrleistung, hebt im Gegenzug aber auch die bemerkenswerte Leistung im Angriff heraus - und spricht über die "Krux" einer WM.
Au weia! Das ist die Krux einer Weltmeisterschaft - Segen und Fluch zugleich. Es ist richtig, dass man den Handball breiter aufstellen muss. Deswegen ist es auch nachvollziehbar, dass Mannschaften wie Algerien an einer WM-Endrunde teilnehmen dürfen. Trotzdem muss ich ehrlich sagen: Mit meinen Zweitliga-Handballern vom VfL Potsdam hätten wir das Spiel vermutlich auch zweistellig gewonnen.
Trotzdem muss man als Mannschaft erstmal die Konsequenz haben, Spiele bis zur allerletzten Minute durchzuziehen. Das hat die DHB-Auswahl gemacht. Sie hat vor allem vorne wieder viele gute Lösungen gefunden. Speziell die Anspiele auf Kreisläufer Jannik Kohlbacher haben mir sehr imponiert. Es war richtig, auf Kai Häfner sowie Juri Knorr fast vollständig zu verzichten und der zweiten Reihe die Chance zu geben sich zu profilieren. Das haben sie allesamt gut gemacht.
Jetzt komme ich aber zu dem Punkt, der mir wirklich Sorgen bereitet. Andreas Wolff und Joel Birlehm halten beide 40 Prozent der Bälle auf ihr Tor, das klingt erstmal gut. Wir können damit den Hype um unsere Torhüter aufrechterhalten. Aber die Art und Weise, wie wir verteidigen, machten mir mit Blick auf die kommenden Aufgaben schon Sorgen. Nach dem zweiten Spieltag hatten wir mehr Gegentore (60) als Chile und Kap Verde (je 59).
Das zeigt unser größtes Manko. Aber gleichzeitig auch den Bereich, in dem wir am meisten Steigerungspotenzial haben. Sehen wir also das Glas lieber halbvoll. Am Donnerstag wartet Argentinien. Auch diese Aufgabe werden wir, da bin ich mir sicher, mit Bravour lösen. Wir brauchen aber schnellstmöglich Lösungsansätze in der Abwehr. Ausrutscher sollten dadurch vermieden werden. Denn das, was wir aktuell vorne spielen, ist das Beste, was ich seit sehr, sehr langer Zeit von einer deutschen Nationalmannschaft gesehen habe.
Bob Hanning (54) hat die Füchse Berlin von der 2. Liga bis in die Champions League geführt, den DHB in acht Jahren als Vizepräsident auf links gedreht und einen Spiegel-Bestseller (Hanning. Macht. Handball.) geschrieben. In seiner Kolumne analysiert er für den kicker die Geschehnisse rund um Nationalmannschaft und Bundesliga.
msc