10.01.2023, 12:36
Teil 1 des Gesprächs mit dem Weltmeister von 2007
Gibt es eigentlich etwas, das Pascal Hens (42) nicht kann? Im Vorfeld der Handball-WM 2023 hat der Weltmeister von 2007 dem kicker ein großes Interview gegeben - und unter anderem über "entscheidende Momente" gesprochen.
Deutscher Meister 2011, DHB-Pokalsiege 2006 und 2010, Champions-League-Sieger 2013, Europameister 2004, Olympia-Silber 2004, Weltmeister 2007 - Pascal Hens hat den deutschen Handball mitgeprägt und ging in einer der erfolgreichsten Ären als Führungsspieler voran. Nach der Karriere verdiente sich "Pommes", wie sein Spitzname wegen der langen dünnen Arme bis heute lautet, noch das Prädikat "vielseitig einsetzbar". Ein Gespräch über verborgene Talente, Vorsorge und Spieler, die Verantwortung übernehmen möchten.
Let’s Dance, Promi-Darts-WM, das große Promibacken, ein "Schlag den Star" gegen Kevin Großkreutz oder die Wok-WM: Haben Sie eigentlich noch genügend Zeit, um Handball zu schauen, Herr Hens?
Ja, natürlich. TV-Events wie Wok-WM oder Schlag den Star habe ich früher geschaut, und ich dachte mir: Das will ich auch mal machen. Solche Spiele kann man ja nicht zu Hause machen in den Dimensionen. Man lernt auch viel dazu, ob es nun tanzen oder backen ist. Natürlich kommt es mir entgegen, dass das Ganze noch unter einer gewissen Wettkampfform stattfindet.
Let's Dance haben Sie sogar gewonnen, obwohl Sie davor noch nie getanzt hatten, oder?
Richtig. Es war vielleicht gar nicht so schlecht, das ohne Vorkenntnisse, Erfahrung oder Erwartungen zu machen. Wenn du etwas komplett neu lernst, bist du manchmal vielleicht sogar besser dran. Aber es war schon hart, wir haben jeden Tag acht bis zehn Stunden trainiert. Nach jedem ersten Trainingstag der neuen Woche bin ich nach Hause und hab gedacht: Wie soll das jemals funktionieren? Aber bis Ende der Woche hat es dann doch immer geklappt.
Zuletzt sorgten Sie auch als Autor eines Handball-Kinderbuchs für Schlagzeilen …
Die Idee kam auf, als ich eine Story für die Zeitschrift "Bock auf Handball" gemacht habe. Das Handballthema ist bei Kinderbüchern leider ziemlich unterrepräsentiert und da ich auch zwei Kids habe, lag es nahe, ein Kinderbuch mit einer schönen Geschichte und tollen Illustrationen zu machen. Im Buch geht es um einen Jungen namens Piet, der umzieht und dem seine Oma einen alten Handball mitgibt. Kinder haben manchmal Angst, wenn sie in einem neuen Umfeld sind - und da verbindet ein Ball. Wenn einer im Spiel ist, rennen alle Kinder hin. So lernt Piet dann auch seine neuen Freunde kennen.
Gibt es da persönliche Parallelen?
Bei mir war es selbst so, dass ich als Sechsjähriger in eine Schulklasse gekommen bin, in der viele Handball gespielt haben. So bin ich eher zufällig zu dem Sport gekommen, das hat mich mit meinen neuen Freunden zusammengebracht. Bei mir hatte aus der Familie davor niemand Handball gespielt. Und dafür habe ich ja eine ganz ordentliche Karriere hingelegt … (lacht)
In einer anderen Show ließen Sie jüngst zugunsten der Krebshilfe die Hüllen fallen. Bis zu dieser Sendung waren Sie nie bei einer Vorsorge-Untersuchung. Hat sich das nun verändert?
Fakt ist, dass mir nie so richtig bewusst war, dass zum Beispiel Hodenkrebs schon mit 18 Jahren losgeht. Ich bin mit dem Doktor von damals in Kontakt geblieben, und ich werde auch wieder zur Vorsorge gehen. Beim Schlagersänger Mickie Krause, der bei der Sendung auch mitgemacht hat, ist ja bei diesem Spezialisten sogar etwas rausgekommen. Das war für die Zuschauer natürlich sehr wichtig zu sehen, dass das Thema jeden betreffen kann. Zum Glück ist Mickie inzwischen über den Berg. Im Fußball hat man es auch gesehen, zum Beispiel bei Marco Richter oder Sebastien Haller.
Füchse-Manager und kicker-Kolumnist Bob Hanning erzählte einmal, er trage seine auffälligen bunten Pullis auch deswegen, damit der Handballsport mehr ins Gespräch kommt und populärer wird. Sehen Sie sich selbst als eine Art Botschafter?
In erster Linie mache ich das, weil ich persönlich Spaß daran habe. Dass ich als Handballer repräsentativ bei verschiedenen TV-Formaten mitmachen kann und als solcher wahrgenommen werde, ist sicherlich ein schöner Nebeneffekt für den Sport.
Kam ein Trainerjob für Sie eigentlich nie in Frage?
Ich habe zu Beginn meiner aktiven Zeit gesagt: Ich werde niemals Trainer. Nachdem ich aufgehört habe, habe ich trotzdem den B- und C-Schein gemacht. Aber ich hab mir damals auch gesagt: Jetzt brauche ich erstmal ein bisschen Pause vom Handball. Ich hatte kein Interesse, gleich nach der aktiven Laufbahn ins Trainergeschäft einzusteigen und noch weniger Zeit für die Familie zu haben. Außerdem habe ich immer noch zu große Lust auf neue Fernsehformate.
Sie wären mit Ihrer positiven Ausstrahlung sicherlich auch in einer Funktionärsrolle gut aufgehoben, zum Beispiel beim DHB. Gab es mal Anfragen in diese Richtung?
Da gab es bisher nie Gespräche. Aber man sollte nie nie sagen. Im Moment bin ich beim Handball ja als TV-Experte dabei. Vielleicht denke ich in ein paar Jahren, dass es Zeit ist, einmal was anderes zu machen, zum Beispiel als Trainer, beim DHB oder in einem Verein. Aber aktuell ist in der Richtung nichts geplant.
Apropos Anfrage: Alfred Gislason hatte vor seinem DHB-Engagement eine von Russlands Nationalmannschaft auf dem Tisch. War es Ihrer Meinung nach rückblickend die richtige Entscheidung, Gislason als Bundestrainer zu berufen?
Alfred ist auf jeden Fall ein erfahrener Mann. Ich glaube schon, dass es eine gute Lösung war, er will ja auch einen Umbruch schaffen. Ein richtig erfolgreiches Turnier zu erleben, wäre für alle schön. Wir brauchen in den entscheidenden Momenten auch jemanden, der das Ding 'in die Hand nimmt'. Bei anderen Nationen gibt es diese Spieler, bei uns aktuell leider nicht. Juri Knorr zum Beispiel hat bei den Löwen eine überragende Saison als Vorbereitung auf das Turnier gespielt. Es wäre klasse, wenn er das auch in der Nationalmannschaft schafft.
Im zweiten Teil des großen kicker-Interviews lesen Sie am Mittwoch, warum Julian Köster für Hens "eine Art Rohdiamant" ist, Berlins dänischer Linkshänder Mathias Gidsel "irgendwann definitiv Welthandballer" wird - und der DHB einst "40 bis 50 Spielzüge" hatte.
Interview: Christoph Laskowski