21.01.2022, 23:30
DHB-Team in neuer Konstellation noch ohne Trainingseinheit
Durch die zweite Hauptrundenniederlage hat sich die Ausgangslage für die deutsche Nationalmannschaft bei der Handball-EM deutlich verschlechtert. Bundestrainer Alfred Gislason verwies auf die eigene Erwartungshaltung.
Tags zuvor hatte sich Johannes Bitter noch ungemein über sich selbst und fehlende Trainingsmöglichkeiten geärgert. Am Freitag trumpfte der Schlussmann des HSV Hamburg dann vor allem in der ersten Hälfte groß auf. Zwischenzeitlich lag seine Fangquote bei herausragenden 50 Prozent. Nach der zweiten Niederlage in der Hauptrunde hing aber auch bei ihm der Kopf.
In der Anfangsviertelstunde habe die DHB-Auswahl die "phänomenale Qualität" der Norweger ausgeschaltet. "Wir haben ihre erste Reihe komplett geknackt", lobte Bitter. Doch der zweite Anzug des Vizeweltmeisters von 2017 und 2019 saß - wie angegossen. "Da machen ein paar Leute Tore, die nicht eingeplant waren", so Bitter, der mitunter auf Erik Thorsteinsen Toft anspielte. Der sprung- und wurfgewaltige Rückraumspieler machte alleine sieben Tore und wurde zu Recht zum "Man of the Match" gewählt.
Bitter machte der zusammengewürfelten deutschen Mannschaft dennoch ein "Riesenkompliment". "Wir haben nie aufgegeben, um jedes Tor gekämpft, weil das wichtig werden kann", so der 39-Jährige mit Blick auf die abschließenden Hauptrundenspiele gegen Schweden am Sonntag (18 Uhr, LIVE! bei kicker) und Russland am Dienstag (18 Uhr). Bitter sah das DHB-Team in jedem Fall besser als noch gegen Spanien am Vortag.
Angesprochen auf die elf Corona-Fälle im Team winkte Bitter ab: "Wir werden uns nicht beschweren." Im Vordergrund stehe eine "Weiterentwicklung". "Wir wollen, dass die Jungen hier Erfahrung sammeln", so der Weltmeister von 2007: "Dass ein Julian Köster ins Eins-gegen-eins geht, um im nächsten Jahr zu wissen, wie es vielleicht noch besser geht."
Bundestrainer Gislason schätzte die Leistung der deutschen Mannschaft realistisch ein. Norwegen sei "einfach besser als wir" gewesen, der Isländer "trotzdem sehr stolz auf meine Jungs". "Wir wussten, dass alles klappen muss, um eine Chance zu haben", so Gislason. Am Ende setzte sich Norwegen souverän durch, doch das DHB-Team habe "nie aufgegeben" und trotz einiger Fehler auch "sehr gute Momente" gehabt.
Die fehlende Eingespieltheit des völlig neu formierten deutschen Teams sei das größte Problem. "Momentan haben wir sehr wenige, die in der Vorbereitung dabei waren", sagte Gislason: "Ich muss öfter fragen: Welche Taktiken kennst du so richtig gut?" Der Bundestrainer habe viel "Bastelarbeit" zu erledigen. Bei der zweiten Turnierniederlage habe die deutsche Mannschaft erneut "ein bisschen Lehrgeld gezahlt".
Angesprochen auf die deutschen Chancen mit Blick auf die Vorschlussrunde widersprach Gislason direkt. "Wir haben nie über das Halbfinale gesprochen", stellte der 62-Jährige klar: "Wir haben immer gesagt, dass wir von Spiel zu Spiel denken." Mit dem Gruppensieg in der Vorrunde sei es "optimal" gelaufen, nun aber wurden seiner Mannschaft in dieser Besetzung die Grenzen aufgezeigt.
Spielmacher Philipp Weber, der wie das gesamte deutsche Team nach starker Anfangsviertelstunde abbaute, sah eine Steigerung "in vielen Teilen". Die DHB-Auswahl habe versucht, "mit Mut zu spielen". Doch häufig fehlte auch das Timing. Weber verdeutlichte, dass der Europameister von 2016 seit Ankunft der Nachrücker "noch nicht eine Trainingseinheit zusammen hatte". "Wir können uns keinen Vorwurf machen, wir hauen alles rein", so der Magdeburger Mittelmann. Am Samstag hofft Weber nun auf eine erste gemeinsame Trainingseinheit.
msc