10.02.2025, 17:18
Traditionsverein mit erster Heimpleite
16:0-Punkte hatte der TuSEM Essen bisher im heimischen Sportpark "Am Hallo" geholt. Und in der ersten Halbzeit hatte es danach ausgesehen, dass die Gastgeber ihre makellose Bilanz auch gegen den Bergischen HC weiter verbessern. Doch daraus wurde trotz einer 16:11- Pausenführung nichts. Die Löwen legten einen 11:2-Torelauf nach Wiederbeginn hin, entführten beim 24:23 zum Schluss auch etwas glücklich beide Punkte und bleiben damit Spitzenreiter der 2. Handball-Bundesliga.
"In erster Linie sind wir natürlich froh, dass wir das Spiel hier gewonnen haben. Wie die Hinrunde gezeigt hat, macht es Essen zu Hause super. Hier werden noch einige Mannschaften verlieren", ist sich BHC-Trainer Markus Pütz sicher.
"Ich glaube, die erste Halbzweit war ziemlich gut und ziemlich nah an dem, was wir spielen können. Ich habe allerdings in der Halbzeit zu den Jungs gesagt, wenn man gegen Ende so einen Kempa spielt, völlig unnötig in den Kreis tritt und die Zeit hat, mit sieben Tore in Führung zu gehen und damit so umgeht, dann müssen wir uns nach 60 Minuten einfach an die eigene Nase packen. Das waren am Ende die zwei Tore, die uns gefehlt haben", bilanzierte TUSEM-Coach Daniel Haase.
Es war das Spiel der Überraschungen. Die erste erlebten die rund 200 mitgereisten BHC-Fans bereits vor dem Anpfiff. Christopher Rudeck, dessen Daumenverletzung kurz vor Weihnachten eigentlich eine Ausfallzeit von drei Monaten hatte befürchten lassen, machte sich mit der Mannschaft warm und war einsatzbereit. Aufatmen auch bei Noah Beyer, den zuletzt Knieprobleme ausgebremst hatten. Der Linksaußen stand ebenfalls zur Verfügung.
Der Start in die Begegnung war dann außerdem etwas überraschend. Trotz einer Überzahl- Situation gerieten die Löwen mit 1:4 in Rückstand und liefen zunächst hinterher. In der Deckung fehlte zu Beginn der Zugriff, im Angriff häuften sich Fehler aller Art. Als sich die Mannschaft gerade gefangen hatte, kassierte sie Zeitstrafe um Zeitstrafe - inklusive einer Roten Karte gegen Djibril M'Bengue.
"Wir kommen nicht gut rein und agieren nicht clever. Man merkt: Fünf, sechs Prozent fehlen uns noch. Essen hat Ballgewinne und wir gehen völlig zu Recht mit 1:4 in Rückstand. Über das gesamte Spiel kriegen wir viele Zeitstrafen, sind viel in Unterzahl und beschäftigen uns viel zu viel mit Dingen nebenher", ärgerte sich Pütz.
So verpufften auch vier BHC-Treffer in Serie auf dem Weg zum 10:12 und ein erfolgreicher Torhüter-Wechsel zu Christopher Rudeck, der gleich mit zwei Paraden begann. In den letzten sieben Minuten vor der Pause agierten die Gäste sechs davon in Unterzahl und gerieten mit 11:16 ins Hintertreffen. Der Weg zu Essens neuntem Heimsieg im neuntem Heimspiel war bereitet.
Was dann passierte, hatten wohl sogar die optimistischsten BHC-Fans erwartet. Die Mannschaft kam wie verwandelt aus der Pause, funktionierte in der Deckung mit Rudeck dahinter, machte auch im Angriff weniger Fehler und blieb geduldig. Fast eine Viertelstunde lang erzielte der TuSEM keinen Treffer, insgesamt gelang den Bergischen zu Beginn der zweiten Halbzeit ein 11:2-Lauf, währenddessen Eloy Morante Maldonado überragte und Aron Seesing am Kreis extrem sicher traf.
"Wie wir dann aber in der zweiten Halbzeit zurückkommen, da ziehe ich den Hut vor meiner Mannschaft. Innerhalb von zehn Minuten egalisieren wir den Fünf-Tore-Rückstand. Wir finden mehr und mehr in unser Spiel, haben eine fantastische Abwehrleistung und Essen fällt dadurch nicht mehr viel ein", freute sich Pütz.
"Wir haben 16:11 zur Pause geführt und von daher erwarte ich, dass wir das dann als Mannschaft auch seriös zu Ende spielen. Ich glaube, wir werfen in der 50. Minute unser drittes Tor im zweiten Durchgang. In der Phase steht es insgesamt 2:12 gegen uns und dann müssen Leute auf dem Feld auch einfach Verantwortung übernehmen. Da zählen auch keine Ausreden", so Haase und betont: "Am Ende wollen wir das Spiel gewinnen und daher muss man auch mal in aller Konsequenz ansprechen, dass wir immer wieder so Läufe in den Spielen gegen uns haben, die dann am Ende entscheiden."
Plötzlich führten die Gäste 22:18. Aus einem nun in der Luft liegenden sicheren Sieg wurde aber auch nichts. Die Hausherren stellten auf den siebten Feldspieler um, hatten damit zunehmend Erfolg und profitierten zudem von dem einen oder anderen BHC-Fehler im Angriff. Nach Nils Homscheids 23:23 war alles wieder offen.
Drei Minuten waren noch zu spielen - es ging nun zerfahren zu. Noah Beyer traf zum 24:23 auf Vorlage von Morante - ausgerechnet das Duo setzte dem Ex-Klub den vorentscheidenden Stoß.
Ein Gegenstoß zur möglichen Entscheidung verpuffte, so dass der TuSEM den letzten Angriff hatte. In einer wilden Szene verloren die Gastgeber irgendwie den Ball, und der BHC bejubelte einen nach der ersten Halbzeit kaum noch für möglich gehaltenen Erfolg vor ausverkaufter, hoch emotionaler Kulisse.
"Heute waren nicht die Schiedsrichter schuld, heute war nicht unbedingt der BHC schuld, sondern wir selber. Trotzdem: Aufgrund der Mentalität, aufgrund der zwei unterschiedlichen Halbzeiten wäre sicher auch ein Unentschieden verdient gewesen", so Haase.
"Es war eine fantastische Deckung über weite Strecken, und im Angriff haben wir seriös - wenig fehlerbehaftet - gespielt. Dass es dann noch mal eng wird, liegt zum einen an der Effektivität von Essen mit dem siebten Feldspieler. Zum anderen aber sind wir auch mitverantwortlich dafür, dass wir Essen in der ersten Halbzeit mit viel Selbstvertrauen ausgestattet haben. Es sind verdiente zwei Punkte nach der zweiten Halbzeit, aber am Ende sind sie auch ein bisschen glücklich", sagte Fabian Gutbrod, Sportlicher Leiter der Bergischen Löwen.
TUSEM Essen: Wipf, Plaue; Wilhelm, Göttler (4), Hermeling, Wolfram (4), Homscheid (8/2), Reimer (2/1), Eißing (1), Szczesny, Clarius (1), Szuharev, Kostuj, Mast (1), Werschkull, Schoss (2).
Bergischer HC: Diedrich, Rudeck; Massoud (1), Beyer (3/1), Babarskas (1), Granlund, Vidarsson, Morante (8/1), Babak (1), Gislason, Seesing (4), M´Bengue (3), Scholtes (1), Wasielewski (2), Fraatz, Fuchs
Zuschauer: 2578 (Sporthalle Am Hallo, Essen/ausverkauft)
Schiedsrichter: Katharina Heinz / Sonja Lenhardt
Siebenmeter: 3/5 ; 2/4
Strafminuten: 12/10
Disqualifikation: M´Bengue (24., grobes Foul)
chs