07.04.2024, 18:06
Deutscher Vizemeister zeigt zwei Gesichter
6.600 Zuschauer in der wie üblich ausverkauften GETEC-Arena erlebten ein Duell, das erst im Laufe der zweiten Halbzeit in die gewohnte Richtung ging. Der TVB Stuttgart stemmte sich über weite Strecken sehenswert dem SC Magdeburg entgegen. Die Grün-Roten fanden aber in der Kabine die entscheidenden Stellschrauben, um den 24. Liga-Heimsieg in Serie zu feiern - und dies in aller Klarheit mit 40 Treffern.
Der TVB Stuttgart wollte das Selbstvertrauen aus dem Sieg gegen den Bergischen HC mit an die Elbe nehmen, war sich aber auch der "Herkulesaufgabe" bewusst, wie es Samuel Röthlisberger bezeichnete. Der SC Magdeburg ist neben den Füchsen Berlin die Übermannschaft der Saison, ist personell fast vollbesetzt und in drei Wettbewerben auf Titelkurs, mit der Arena im Rücken.
Die Schwaben konnten bisher auswärts nur in Hamburg gewinnen, dennoch eröffneten sie durch Lönn die Partie. Nur Sekunden später setzte Claar aber den Auftakttreffer für die Sachsen-Anhalter. Es war ein lebhafter Spielbeginn, den die Angreifer beider Teams prägten. Bei den Torhütern rückte sich Vujovic indes in den Mittelpunkt, indem er Magnussons 100. Siebenmeter-Tor für den Moment unterband.
Die gelungene Aktion des Schlussmanns wirkte sich nicht so richtig für den TVB Stuttgart aus, allerdings blieben die Schwaben cool und die Partie trat auch ein wenig auf der Stelle, da Magdeburg in der zweiten und dritten Welle wenig aus seiner individuellen Imposanz machte. Immerhin nutzte Magnusson seine nächste Chance auf den 100. Siebenmeter - zur 7:6-Führung (11.) aus SCM-Sicht.
Der deutsche Vizemeister tat sich, auch in Anbetracht der langen, potenziell erholsamen und für die Vorbereitung guten Spielpause, bisher überraschend schwer gegen den Tabellen-Vierzehnten, konnte sich beim 12:7 (16.) durch Kristjansson aber doch erstmals auf fünf Tore absetzen, da der TVB mehrere freie Würfe an Sergey Hernandez vergab und fünf Spielminuten des Schreckens erlebte.
Maric beendete zwar die lange Stuttgarter Durststrecke nach einer Schweikardt-Auszeit beim 12:8, doch der SC Magdeburg war jetzt auf Kurs und die schlechte Wurfausbeute der Schwaben setzte sich fort. TVB-Torhüter Vujovic verhinderte mit inzwischen fünf Paraden nicht nur Schlimmeres, nach einem SCM-Pass ins Nichts besorgte Häfner das 14:11 (22.). Stuttgart blieb bei der Musik.
Bennet Wiegert unterbrach das Spiel. Der Auftritt erzürnte ihn. Der SCM-Trainer mahnte zu mehr Verantwortung für den Ball, weniger Verspieltheit und appellierte an den Einsatz und die Wucht seiner Sieben. Davon blieb aber wenig zu spüren, vielmehr verkürzte Hanusz auf 15:14 (26.). Vujovic als Fels in der Brandung hatte Stuttgart Sicherheit verliehen. Magnusson hielt Magdeburg vorne.
Es war eine merkwürdige Stimmung in der GETEC-Arena. So sehr auf Augenhöhe waren die geduldig spielenden Schwaben offenbar nicht erwartet worden. Ungeduldig war dann zwar Fernandez, der bei der nächsten Siebenmeter-Parade Vujovics zu früh den verbotenen Bereich betrat. Tim Hornke traf bei der Wiederholung, doch der Spanier machte seinen Fauxpas mit dem 19:18-Halbzeitstand wett.
In der Kabine dürfte Bennet Wiegert erneut emotional geworden sein, denn das war bisher, vor allem in Sachen Effizienz, nicht der gewohnte SC Magdeburg, der 23 Heimspiele in Serie gewonnen hat. Mit einer deutlich agileren Abwehr und einem verbesserten Kreisläuferspiel wollte der SCM nach dem Wechsel das Bild ändern und nicht weiter Vorschub leisten, dass die lange Heimserie enden könnte.
So verlief die zweite Spielhälfte, wie sich Wiegert schon die erste vorgestellt hatte: mit einer stabilen Leistung der Hausherren, der Vorsprung wuchs. Bezeichnend dafür war unter anderem der Konter, den Lagergren mit seinem Ballgewinn einleitete Mertens mit dem 23:19 (35.) vollendete. Davon, dass Stuttgart motiviert blieb, zeugte einige Momente später etwa Serranos Ballgewinn im Rückzug.
Beide Abwehrreihen arbeiteten nach 40 Minuten auf Hochtouren. Der SCM hatte dabei in Weber einen weiteren wichtigen Offensivposten, wobei Claar einmal mehr alle anderen überragte. Bei dem Doppelschlag zum 26:24 (41.) bewiesen wiederum die Stuttgarter Fernandez und Zieker ihre Klasse im Gegenstoß. Lönn steuerte beim 27:25 seinen 102. Saisontreffer bei. Es blieb unterhaltsam.
Es blieb aber auch beim Vorsprung des SC Magdeburg. Die verschärfte Marschroute in der Abwehr und mehr Verantwortung für den Ball im Angriff genügten letztlich, um dem TVB Stuttgart, der ein beachtlich gutes Spiel machte, den Schneid abzukaufen. Einer der Knackpunkte war wohl das 32:27 von Nikola Portner (50.), der im zweiten Abschnitt mit einer 35 %-Quote Sicherheit verlieh.
Mit einem Ausflug in die 5:1-Abwehr tat sich der TVB Stuttgart dann keinen Gefallen. Die Stunde der Magdeburger Individualisten brach an, die sich in den ersten 30 Minuten nur versteckt hatten. Der Vorsprung des Vizemeisters wuchs scheinbar unaufhaltsam. Die Hausherren zerpflückten die 5:1 lehrbuchmäßig, ehe Schweikardt beim 36:28 (54.) die Auszeit zog. Da war das Spiel, das mit 40:31 aus SCM-Sicht standesgemäß endete, schon entschieden.
SC Magdeburg: Portner (8/1 Paraden) 1, Hernandez (5 Paraden); Hornke 9/2, Claar 8, Mertens 8, O. I. Magnusson 6/2, G. T. Kristjansson 3, Saugstrup Jensen 2, Bergendahl 1, Lagergren 1, Ph. Weber 1, Chrapkowski, Musche, Smarason, Damgaard, O´Sullivan
TVB Stuttgart: Vujovic (9/2 Paraden), Heinevetter; K. Häfner 6, Maric 6, Lönn 4, D. Fernandez 3/2, Forstbauer 3, Hanusz 3, Serrano Villalobos 2, Bacani 1, Ivankovic 1, Nicolaus 1, Zieker 1, Röthlisberger, Slaninka
Zuschauer: 6600 (Getec Arena, Magdeburg)
Schiedsrichter: Marijo Zupanovic / Martin Thöne
Strafminuten: 6 / 6
Felix Buß