25.07.2024, 22:32
Nuancen entscheiden
Neben Gastgeber und Titelverteidiger Frankreich gilt Norwegen als der große Anwärter auf Gold, doch im Topspiel zum Abschluss des ersten Spieltags des Handball-Turniers der Frauen bei Olympia in Paris setzte es für den Favoriten gegen Schweden eine Auftaktniederlage. Nach einem offenen Match jubelte der nächste deutsche Gegner Schweden über ein 32:28.
aus Paris berichtet Julia Nikoleit
Es war das Topspiel des ersten Spieltags des Handball-Turniers der Frauen bei Olympia - und Norwegen und Schweden wurden dem Anspruch gerecht. Das skandinavische Duell begann mit hohem Tempo und auf Augenhöhe. Beide Teams lieferten sich einen offenen Schlagabtausch, in dem es nach nur acht Minuten bereits 5:5 stand. Die Tre Kronor hätten bereits deutlich führen können, doch die 44 Jahre alte Katrin Lunde im norwegischen Tor war hervorragend in die Partie gekommen.
Für Lunde war es bereits zu diesem Zeitpunkt ein besonderes Spiel: Bislang lag die norwegische Torhüterin mit 32 Olympia-Einsätzen gleichauf mit ihrer Landsfrau Marit Malm Frafjord, der Südkoreanerin Seong Oh-Ok und der Brasilianerin Alexandra do Nascimento. Mit dem heutigen Einsatz wurde sie bei ihren fünften Olympischen Spielen alleinige Rekordspielerin im Frauenhandball.
Auf der anderen Seite konnte auch Schwedens routinierte Torfrau Johanna Bundsen früh die erste Parade für sich verbuchen. Qualitativ nahmen sich die beiden Mannschaften weiterhin nicht viel, sodass das Match ausgeglichen blieb: Nora Mørk erzielte erst per Siebenmeter das 7:7 (12.) und legte kurz darauf den Anschlusstreffer zum 9:10 (14.) nach.
Sinnbildlich für den Spielverlauf war eine Szene knapp zehn Minuten später: Nina Koppang traf für Schweden, doch im direkten Gegenzug erzielte Maren Aardahl wieder den Anschlusstreffer (14:15, 25.) - und nach zwei weiteren Torerfolgen innerhalb von 60 Sekunden führten die Norwegerinnen ihrerseits (16:15, 27.). Die Seiten wurden beim Stand von 17:15 gewechselt, nachdem der letzte Freiwurf von Tyra Axnér im Block hängengeblieben war.
Nach Wiederanpfiff konnte Norwegen seinen Vorsprung zunächst ausbauen (19:15, 37.), während Schweden sich in der Offensive minutenlang schwer tat. Erst siebeneinhalb Minuten nach Wiederanpfiff erzielte Koppang den ersten Treffer für ihr Team. Bei Norwegen war bisher nicht zu bemerken, dass Rückraum-Superstar Henny Reistad beim Olympia-Auftakt verletzt fehlte.
Der erste Treffer war indes der Weckruf für Schweden und wie schon im ersten Durchgang kippte das Momentum schnell. Ein, zwei Fehler auf norwegischer Seite ließen den Vorsprung binnen Minuten schmelzen und Nathalie Hagmann glich mit einem Doppelpack aus (22:22, 45.). Die Partie war wieder bei Null, der Schlagabtausch ging weiter. Auch die Taktik mit der siebten Feldspielerin wirkte sich in dieser Phase zugunsten der Schwedinnen aus.
Trotz der intensiven 50 Minuten, die beide Mannschaften im temporeichsten Spiel des Tages bereits in den Beinen hatten, ließ keiner nach. Bundsen brillierte mit zwei weiteren Paraden in kurzer Zeit und ermöglichte es Emma Lindquist, zum 27:25 durchzubrechen (52.). Auch Lunde spielte weiterhin auf hohem Niveau, war aber hinter Bundsen zurückgefallen. Die Abschlussquote beider Mannschaften war dabei mit 55 bzw. 54 Prozent nahezu identisch.
Fünf Minuten vor dem Ende glich Stine Oftedal wieder aus (27:27, 55.) und zog zudem eine Zeitstrafe gegen Lundquist. Die Waage neigte sich jedoch umgehend wieder in die andere Richtung: In Unterzahl ging Schweden in Front und erhöhte nach einem Fehlpass von Oftedal auf 29:27 (57.). Dieser Fehler sollte die Entscheidung bedeuten, denn Schweden blieb cool und brachte den Sieg über die Zeit. Nach zwei Treffern in den letzten 60 Sekunden fiel der Spielstand mit 32:28 deutlicher als am Spielverlauf erkennbar aus.
Norwegen: Solberg-Östhassel, Lunde (14 Paraden); Oftedal 7, Mörk 7/5, Kristiansen 3, Brattset Dale 3, Skogrand 2/1, Ingstad 2, Aardahl 1, Jacobsen 1, Herrem 1, Rushfeldt Deila 1, Breistöl, Solberg-Isaksen
Schweden: Bundsen (18/1 Paraden, 1 Tor), Eriksson; Hagman 8/3, Koppang 7, Lindqvist 5, Roberts 4, Hansson 3, Blohm 2, Carlson 1, Axner 1, Strömberg, Lundström, Thorleifsdottir, Hvenfelt
Schiedsrichter: Marin Lorente / Garcia (ESP)
Strafminuten: 6/10
Siebenmeter: 6/7 ; 3/3
Disqualifikation: - / Linn Blohm (39., 3. Zeitstrafe)
Julia Nikoleit