01.12.2024, 19:37
Nach 15 Minuten den Kopf verloren
Stark begonnen, dann stark nachgelassen - Deutschland hat im Spitzenspiel gegen die Niederlande eine deutliche Niederlage kassiert. Nach einer frühen Sechs-Tore-Führung setzte es am Ende ein auch in der Höhe verdientes 22:29 (14:15).
Deutschlands Handballerinnen sollten trotz des personellen Rückschlags durch den Ausfall von Annika Lott eine starke Anfangsphase erwischen. Vor allem bei Emily Bölk, die im Auftaktmatch ohne Treffer geblieben war, aber sechs Assists gab, schien im Topspiel nun der Knoten geplatzt zu sein. Angesichts eines 3:6-Rückstands (7.) musste Bondscoach Henrik Signell schon früh die Auszeit nehmen, er forderte "klare Aktionen" von seinen Spielerinnen ein.
Deutschland hätte durchaus noch höher führen können, denn die Abwehr verschob gut und stellte die Passwege gekonnt zu. Katharina Filter hatte zu diesem Zeitpunkt gerade erst vier Würfe auf ihren Kasten bekommen. Ihr Gegenüber Yara ten Holte hatte hingegen schon zwei Paraden zu Buche stehen.
In ihrem 100. Länderspiel übernahm auch Alina Grijseels zu Beginn viel Verantwortung, hatte gegen das Heimatland ihres Vaters allerdings nicht immer das nötige Glück auf ihrer Seite. Dennoch, Deutschland dominierte die Anfangsphase, setzte auch bei den Rebounds erfolgreich nach und zog seine Angriffe vor allem auch variabel auf - Jenny Behrend netzte zum 10:4 (13.).
Wie schon im Spiel gegen Island versuchten die Niederländerinnen mit körperlicher Präsenz ins Spiel zu finden. Dass sich Oranje dann auf drei Tore (11:8) herankämpfen konnte, hing entscheidend an Yara ten Holte, die in der ersten Spielhälfte drei Siebenmeter wegnahm.
Deutschlands Deckung fehlte diese Aggressivität, die die Niederlande stark gemacht hatte, nun. Team Oranje kam zu einfachen Treffern und holte Tor um Tor auf. Weil zwischenzeitlich nur ein Siebenmetertreffer von vieren gelungen war, nahm Markus Gaugisch beim 12:11 (20.) eine Auszeit und beorderte Sarah Wachter zwischen die Pfosten.
Nachdem ten Holte nach Grijseels und Döll auch Maidhof im Siebenmeterduell besiegte, hätten die Niederländerinnen erstmals ausgleichen können. Es dauerte einen Moment, denn Wachter parierte ebenfalls einen Siebenmeter von Dione Houshee. Wenig später war Jenny Behrend im Rückzug zur Stelle. Dennoch gelang Larissa Nüsser der Ausgleichstreffer.
Es war nun das erwartete Nervenspiel, Gaugisch versuchte auch mit mehreren personellen Impulsen noch einmal gegenzusteuern - die nachnominierte Dana Bleckmann sammelte ihre ersten Einsatzminuten im Nationaltrikot. Doch Deutschland hatte das Momentum verloren, ein schlechtes Anspiel an den Kreis ergab den 13:14-Rückstand und mit einem 14:15 ging es in die Pause - auch weil der letzte Angriff von Deutschland zu spät ausgespielt wurde.
Yara ten Holte, schon in Durchgang eins mit zehn Paraden, blieb im zweiten Spielabschnitt in den Köpfen der deutschen Spielerinnen. Zwar konnte Sarah Wachter auch einen Ball wegnehmen, doch die Niederlande hatten hier ein deutliches Plus auf ihrer Seite. Offensiv fehlte dem deutschen Spiel der Zug zum Tor, selbst in Überzahl konnte man sich zu wenige gute Chancen herausspielen, eine davon konnte Antje Döll zum 16:16 (37.) nutzen.
Die DHB-Frauen gingen defensiv nun etwas offensiver auf den niederländischen Rückraum raus, wovon Wachter zwischen den Pfosten profitierte. Mit unnötigen Zeitstrafen schwächte sich das Team aber selbst, fast neunzig Sekunden doppelte Unterzahl musste man wegen eines Wechselfehlers absitzen, nach Behrends 18:18 (41.).
Deutschland fehlten die Ideen in der Offensive, es fehlten die Bewegungen ohne Ball, so dass keine guten Abschlüsse zustande kamen. Nach dem 22:19 (46.) von Larissa Nüsser musste Markus Gaugisch die Notbremse ziehen und seinem Team neue Spielzüge an die Hand geben.
"Die zwei Möglichkeiten haben wir", so der Bundestrainer, der auch auf die siebte Feldspielerin mit zwei Kreisläuferinnen setzte. Zwar gelang das Anspiel auf Julia Behnke, doch die setzte den Ball neben das Tor. Für die Schlussviertelstunde kehrte auch Katharina Filter noch einmal ins Spiel zurück und zeigte spektakuläre Paraden.
Es reichte trotzdem nicht, um in diesem vorentscheidenden Spiel um den EM-Erfolg wieder in die Schlagdistanz zu kommen. Oranje war im Passspiel schneller und sicherer, hatte leichtes Spiel beim Abräumen auf die Außenpositionen, wo auch die Deckungsspielerinnen oftmals zu weit in der Mitte standen und den Winkel nicht eng genug gestalteten. Das rächte sich gerade gegen die Klasse von Angela Malestein und Zoe Sprengers.
Markus Gaugisch versuchte auch abseits der Auszeiten seinen Spielerinnen neue Möglichkeiten an die Hand zu geben, doch das Spiel war mit dem 26:21 (55.) von Angela Malestein faktisch entschieden. Der Bundestrainer wollte weiter auf die 5:1-Formation setzen, vor allem Dione Housheer aus dem Spiel nehmen.
Offensiv sollten Lisa Antl, Alina Grijseels und Dana Bleckmann auf die bekannten Abläufe aus Dortmund zurückgreifen, doch das Spiel blieb zu durchschaubar. Housheer erhöhte zum 28:22 und Sprengers setzte noch das Tor zum 29:22-Endstand nach.
Niederlande: Duijndam, ten Holte (16/3 Paraden); Housheer 7, Sprengers 6, Nüsser 4, Malestein 4, van Wetering 2, I. Smits 2, Maarschalkeweerd 2, Abbingh 1, Freriks 1, van der Heijden, Ternede, van der Helm, Haggerty, Dekker
Deutschland: Filter (5 Paraden), Wachter (4/1 Paraden); Grijseels 5/1, Engel 4, Bölk 3, Smits 2, Döll 2/1, Behrend 2, Behnke 2, Antl 1, Hauf 1, Thomaier, Maidhof, Huhnstock, Bleckmann
Zuschauer: 2437
Schiedsrichter: Alvarez Mata / Bustamante Lopez (ESP)
EHF-Delegierte: Brehmer (POL) / Medved (SRB)
Siebenmeter: 2/3 ; 2/5
Strafminuten: 8/8
chs