17.11.2024, 15:41
Dritter Nordderby-Sieg in Serie:
Die SG Flensburg-Handewitt hat auch das dritte Nordderby gegen den THW Kiel in Serie gewonnen. Beim deutschen Rekordmeister starteten die Fördestädter zwar denkbar schlecht, steigerten sich aber über die komplette Partie hinweg. Zwischenzeitlich führten die Fördestädter mit sechs Toren, auch eine offene Deckung der Kieler brachte kein Aufbäumen mehr.
Trotz der tabellarischen Situation - Kiel empfing als Achter mit Flensburg den Siebten der Bundesliga - hatte das Nordderby keinerlei Glanz verloren. Brisanz bekam das Duell in der ausverkauften Wunderino Arena eben durch den akuten Zugzwang beider Seiten: denn eine Niederlage wäre gleichbedeutend mit dem Verlust des Anschlusses an die Spitzengruppe.
Personell schickten beide Trainer ihr gewohntes Personal auf die Platte. Flensburg deckte dabei sofort aggressiv und verteidigte gegen den Kieler Rückraum mit einer Linie auf neun bis zehn Metern. Dennoch eröffnete Emil Madsen das Torewerfen mit einem Rückraumwurf zugunsten der Zebras, auf der Gegenseite konterte Johan Hansen (1:1, 2.).
Und auch danach blieben Tore von Rechtsaußen präsent - aber für Kiel. Nationalspieler Lukas Zerbe netzte per Einläufer, von Außen und im Tempogegenstoß und schraubte den Spielstand so zum 4:1 in die Höhe (4.). Danach schlichen sich zwar einige technische Fehler in die Partie, Kiel blieb aber präsenter und stellte nach einem Doppelschlag sogar auf Plus-Vier (6:2, 7.).
Auch danach rollte der Tempoexpress des deutschen Rekordmeisters weiter durch die Wunderino Arena, Emil Madsen netzte doppelt zum 8:2 (9.). Das hatte auch eine Auszeit von Nicolej Krickau nicht verhindern können, die Fördestädter kamen erst in der Folge ins Spiel. Einmal noch konnte Eric Johansson, der am Dienstag Vater geworden war, noch auf Plus-Sechs stellen, dann setzten die Gäste einen 3:0-Lauf zum 9:6 (14.).
Die Anfangseuphorie der Kieler schien verflogen, stattdessen legten nun die Flensburger in Sachen Tempo vor. Elias Ellefsen a Skipagötu fand nicht ins Spiel und das Rückraumspiel der Zebras kam ins Stocken, auch eine Abwehrumstellung auf 5:1 brachte keine Entlastung. Für Flensburg setzte Lasse Möller wertvolle Impulse, nach dem 10:8 durch Rückraumpartner Niclas Kirkelökke stellte Filip Jicha auf ein Sieben-gegen-Sechs um (19.).
In diesem leisteten sich die Hausherren zwar einen unnötigen Fehler, konnten durch eine Parade von Andreas Wolff und einen Dreher von Hendrik Pekeler aber nochmal auf 11:8 davonziehen (20.). Flensburg blieb davon jedoch unbeeindruckt und nutzte die Kieler Probleme im Rückzug für einen Doppelschlag zum Anschlusstor (11:10, 22.).
Jicha hatte kurz zuvor zur Auszeit gebuzzert, seine Mannschaft stemmte sich tapfer gegen den Flensburger Druck. Immer wieder sorgten die Zebras für Entlastungstore zu knappen Führungen, gerieten aber offensiv zunehmend in die Bredouille, weil Flensburg bei Situationen in Gleichzahl - etwa nach Zeitstrafen - auf eine offensive 3:3-Deckung umstellte. Kay Smits belohnte diesen Aufwand nach einer Parade von Kevin Möller mit dem Tor zum 13:13 (25.).
Generell kippte der Torwartvorteil nun auf Gäste-Seite - in der Anfangsphase hatte noch Wolff dominiert. Dennoch konnten die Kieler weiter vorlegen und gingen der offensiven Deckung durch das Sieben-gegen-Sechs aus dem Weg - Flensburg fand aber selbst stets Antworten. So stand es zur Pause 17:17.
In der Pause gab es dann gleich mehrere Veränderungen: Flensburg beorderte Benjamin Buric zwischen die Pfosten und legte die 3:3-Formation erstmal zu den Akten. Parallel gab es einen technischen Rückschritt: Die Auszeitbuzzer funktionierten nicht mehr, dementsprechend wurden Jicha und Krickau mit je zwei grünen Karten ausgestattet.
Das Momentum war dennoch auf Gäste-Seite verblieben. Burics Einwechslung stellte sich als meisterhafter Kniff heraus. Der Bosnier war direkt mehrfach zur Stelle und ermöglichte den Flensburgern so immer wieder, den deutschen Rekordmeister in allen drei Wellen zu überrumpeln. Dementsprechend schwerfällig präsentierte sich die Deckung der Zebras - und Simon Pytlick stellte auf Plus-Zwei für Flensburg (20:18, 34.).
Kurz darauf ließ der bockstarke Lasse Möller sogar das 22:19 folgen - und Andreas Wolff schaffte es nicht, an seine starke Anfangsphase anzuknüpfen. Dementsprechend setzte Filip Jicha mit der Einwechslung von Tomas Mrkva und der erneuten Umstellung auf Sieben-gegen-Sechs gleich zwei Impulse. Lukas Zerbe traf daraufhin per Einläufer zum 22:20 (37.).
Dennoch lag bald die erste grüne Karte Jichas auf dem Tisch. Vorausgegangen waren dem ein Rückraumhammer von Möller und ein Tor ins verwaiste Kieler Gehäuse von Jakobsen (24:20, 38.). Die zu Beginn noch so aufgeheizte Halle war still geworden.
Die Hausherren verhaspelten sich offensiv nun immer wieder und verdichteten mit zwei Kreisläufern plus Einläufer alle Lücken. Daraus folgte der sechste technische Fehler - Flensburg hatte sich zuletzt in der Anfangsphase einen geleistet - und das Tor zum 25:20. Und auch wenn die Zebras trafen, folgte durch die schnelle Mitte die Antwort ins leere Tor. Flensburg musste so erst nach drei Minuten und drei Toren wieder in den Positionsangriff - mit Erfolg (27:21, 42.).
Kurz darauf offenbarte eine Überzahlsituation die Kieler Probleme. Die Gastgeber verloren sich immer mehr im Standhandball und erzeugten weder Druck nach Dynamik, erst eine Willensleistung von Domagoj Duvnjak brachte bei erhobenem Arm der Schiedsrichter ein Tor (27:23, 44.).
Auch danach brauchte es den Kroaten, um durch einen Siebenmeter wieder auf vier Tore zu verkürzen. Parallel setzte Jicha weitere Impulse und stellte defensiv wieder auf 5:1 um. Ins Tor kehrte Andreas Wolff zurück, konnte den folgenden Sturmlauf der Fördestädter aber auch nicht verhindern. In der 49. Minute legte Jicha seine letzte grüne Karte (31:26).
Dennoch mussten die Zebras nun abreißen lassen. Dem THW gelang es immer seltener, die Gäste in den Positionsangriff zu zwingen. Immer wieder setzten sich die Flensburger auf sechs Treffer ab, am Horizont bahnte sich der dritte Nordderbysieg in Serie an. Kiel zog mit der Umstellung auf eine offene Deckung schon sieben Minuten vor Spielende das letzte Register.
Und das brachte tatsächlich neue Hoffnung. Vorne hauchte Elias Ellefsen a Skipagötu dem Kieler Spiel wieder Dynamik ein und erzwang beim 34:30 die zweite Auszeit von Nicolej Krickau (54.). Dieser reagierte auf die offene Deckung mit einer Umstellung auf Sieben-gegen-Sechs. Das verhinderte, dass die Gäste nochmal ins Taumeln gerieten. Stattdessen brachten die Flensburger ihre Führung bis zum 37:33-Endstand konsequent ins Ziel - und bejubelten nach dem 3:9-Start eine Machtdemonstration von 34:24 in den letzten 50 Minuten.
Durch den Sieg haben die Flensburger den Kontakt nach oben halten können. Zwar haben die MT Melsungen (zwei Minuspunkte) sowie der SC Magdeburg, die Füchse Berlin und die TSV Hannover-Burgdorf (je vier Minuspunkte) weniger Zähler abgegeben, die Flensburger sind bei fünf Verlustpunkten aber in Schlagdistanz und stehen nun auf Rang drei. Kiel verbleibt bei 12:8 im Mittelfeld.
THW Kiel: Wolff (9 Paraden), Mrkva (3 Paraden); Duvnjak 6, Madsen 6, Skipagötu 5, Zerbe 4, Johansson 3, Imre 3/2, Pekeler 2, Överby 2, Wiencek 1, Bilyk 1, Landin, Pabst, Kutz
SG Flensburg-Handewitt: Buric (9 Paraden), K. Möller (8 Paraden); Jakobsen 9/3, L. Möller 8, Kirkelökke 5, Pytlick 5, Golla 3, Jörgensen 3, Hansen 2, Smits 2, Mensah Larsen, Gottfridsson, Horgen, Pedersen, Blagotinsek
Zuschauer: 10.285 (Wunderino Arena, Kiel) (ausverkauft)
Schiedsrichter: Brodbeck/Reich
Strafminuten: 6 / 4
Maximilian Otte