20.10.2024, 16:42
Spannung bis zur letzten Sekunde
Die TSV Hannover-Burgdorf und die SG Flensburg-Handewitt haben sich im Bundesliga Topspiel einen hochspannenden Thriller geliefert. Nach einer zähen ersten Halbzeit folgte eine intensive zweite Hälfte, in der die Recken in einer dramatischen Schlussphase das bessere Ende für sich hatten.
Nach zwei sieglosen Ligaspielen rückte die SG Flensburg-Handewitt unter Druck bei der TSV Hannover-Burgdorf an. Dabei musste Trainer Nicolej Krickau etwas improvisieren, weil Lukas Jørgensen nur angeschlagen im Kader stand - Blaz Blagotinsek begann also im Innenblock. Vorne setzte der Däne auf Jim Gottfridsson und Kay Smits.
Gegen die offensiv interpretierte und aggressive 6:0-Deckung der Recken fand das Flensburger Kollektiv zunächst aber keine Lösungen. Gleich vier technische Fehler leisteten sich die Fördestädter in den ersten vier Angriffen, zwei Bälle landeten bei Justus Fischer: der bockstark begann. Konsequenterweise legten die Hannoveraner so schnell mit 3:0 vor (4.).
Bei der SG brach Simon Pytlick den Bann, dann schlich sich der Fehlerteufel auch bei den Recken ein. So rutschte etwa ein Verzweiflungswurf aus zwölf Metern durch die Arme von Joel Birlehm, kurz darauf bestrafte Johan Hansen einen technischen Fehler zum 4:4 (10.). Generell waren Fehler der einzige Garant für Torgefahr - aus dem Positionsangriff gelang beiden Teams wenig, im Tempospiel war gerade Flensburg effektiv.
So riss die SG die Partie beim 5:4 erstmals herum, Christian Prokop buzzerte zur Auszeit (12.). Am Gäste-Lauf hatte auch Kevin Möller großen Anteil, Gegenüber Birlehm kam hingegen nicht ins Spiel. Nach einer Viertelstunde tauschte Prokop seinen Schlussmann gegen Simon Gade aus. Dennoch waren die Flensburger nun spielbestimmend und gingen beim 9:7 erstmals mit zwei Toren in Front (19.).
Hannover tat sich gerade offensiv schwer, fand weiterhin kaum Lösungen in der dritten Welle. Auch Renars Uscins hatte kaum Räume, sodass sich die Recken nach dem 8:11 bereits zur zweiten Auszeit sammelten (22.). Und die wirkte: Uladzislau Kulesh ballerte, Simon Gade parierte doppelt, und Renars Uscins und Vincent Büchner netzten zum 11:11. Diesmal zog Nicolej Krickau das Timeout (26.).
Es folgte eine Tempohatz durch die ZAG Arena. Beide Mannschaften trafen nun nach Lust und Laune und wechselten sich mit Toren ab. Das letzte Wort hatte Thomas Solstad zum 15:15-Pausenstand - Luft nach oben hatten beide Seiten.
Und das nahmen sich die Teams zu Herzen. Gerade Renars Uscins lief mit zwei schnellen Toren heiß, auf der Gegenseite netzte Emil Jakobsen dreifach. Das hohe Tempo aus dem ersten Durchgang hatten beide Seiten nahtlos in den zweiten Durchgang transportieren können - nach 34 Minuten führte die SG hauchdünn 19:18.
Zuvor hatten die Recken zeitweise geführt - was sie nach einem Doppelschlag durch Uscins und Fischer auch schnell wieder taten. Ein elegant vollendeter Tempogegenstoß von Marius Steinhauser zum 21:19 zündete die ZAG Arena dann vollends an (37.). Hinten entpuppte sich die nochmal offensiver gewordende Deckung der Niedersachsen als Garant.
Dennoch blieb die Partie schnelllebig. Gerade einmal eineinhalb Minuten brauchten die Fördestädter, um die Partie erneut herumzureißen. Und auch danach blieb es irre: Beim Stand von 22:22 parierte Gade für Hannover, vorne sprang der eingewechselte Benjamin Buric aber dem Gegenstoß entgegen, Flensburg schaltete um, doch Johannes Golla traf nur den Pfosten, im Gegenzug vergab dann Hannover, wieder parierte Gade, aber die Recken gaben den Ball wieder leichtfertig weg. Wer in dieser Phase blinzelte, lief Gefahr, mehrere Aktionen zu verpassen.
Das bessere Ende der Fehlerjagd hatten dann aber die Recken für sich, die beim 23:22 durch einen feinen Heber von Justus Fischer wieder in Führung gingen (42.). Nicolej Krickau drückte kurz darauf auf den Buzzer und brachte Lasse Möller, der prompt einnetzte. Dann aber traten die Recken-Raketen wieder in Erscheinung: Uscins schweißte den Ball ein, hinten blockte Fischer Möller spektakulär einhändig und leitete mit dem Abpraller noch einen Gegenstoß ein, welchen Thomas Solstad zum 25:23 vergoldete (44.).
Mit jeder Aktion überboten sich die Hannoveraner nun mit sehenswerten Treffern. Uscins hämmerte den Ball erneut in den Knick, Martin Hanne ließ dem ein schönes Eins-gegen-Eins mit Kreisanspiel folgen, welches Solstad zum 27:25 verwertete. Nicolej Krickau reagierte mit einer Umstellung auf Sieben-gegen-Sechs (49.).
Flensburg hingegen kam über die Wucht. Der wurfgewaltige Rückraum brachte sich immer wieder mit Kreuzungen und effektivem Überzahlspiel in Abschlusssituationen, die gerade Niclas Kirkelökke durch den siebten Feldspieler nutzen konnte - das zwang die Recken-Deckung nämlich in eine defensivere Formation.
Acht Minuten vor Spielende stand es nach einem Tor von Golla wieder Remis (28:28). Zuvor hatte Prokop den Angriff sogar über eine Auszeit vorbereiten wollen - so war der Recken-Coach auf ein Kunststück von Uscins angewiesen, der den Ball zur erneuten Führung über die Linie mogelte.
Danach aber schien den Gastgebern die Luft auszugehen. Einige falsche Entscheidungen zwangen die Recken immer wieder ins Zeitspiel, was Flensburg durch Pytlick mit dem 30:29-Führungstor bestrafte. Marius Steinhauser konterte das mit einem Siebenmetertor, in den Folgeaktionen vergaben dann Mads Mensah Larsen und Thomas Solstad. Ergo stand es zwei Minuten vor der Sirene 30:30.
Joel Birlehm sicherte den Recken daraufhin die erneute Führungschance, Flensburg deckte nun 5:1 mit Jørgensen auf der Spitze - aber Justus Fischer fand vor 9.900 Handballbegeisterten die Lücke zum 31:30. Krickau buzzerte erneut zur Auszeit, doch sein Team kam nicht zu einem Abschluss - ein letzter Freiwurf musste entscheiden. Verantwortung übernahm Lasse Möller, aber Birlehm war im Weg und sicherte den Sieg.
TSV Hannover-Burgdorf: Gade (5 Paraden), Birlehm (3 Paraden); Uscins 8, Steinhauser 7/1, Fischer 5, Kulesh 4, Solstad 3, Büchner 2, Stutzke 1, Hanne 1, Nyfjäll, Gerbl, Poulsen, Edvardsson, Strmljan, Feise
SG Flensburg-Handewitt: Buric (4 Paraden), K. Møller (7 Paraden); Jakobsen 9/3, Hansen 6, Mensah Larsen 4, Pytlick 4, Kirkeløkke 3, L. Møller 1, Jørgensen 1, Gottfridsson 1, Golla 1, Horgen, Pedersen, Blagotinsek, Smits
Zuschauer: 9.900 (ZAG Arena, Hannover)
Schiedsrichter: Tobias Tönnies / Robert Schulze
Strafminuten: 2 / 2
Maximilian Otte