08.02.2024, 22:13
Spitzenspiel wird minütlich spannender
Füchse Berlin und SG Flensburg-Handewitt haben sich ein hochspannendes Topspiel in der Handball Bundesliga geliefert. Nach einem Traumstart der Hauptstädter bliesen die Fördestädter zur Aufholjagd.
Die Füchse Berlin kamen besser in das Topspiel der Handball Bundesliga gegen die SG Flensburg-Handewitt: Hans Lindberg eröffnete von Außen, nach einer Parade von Dejan Milosavljev erhöhte Mijajlo Marsenic auf 2:0 (4.).
Kurz zuvor waren bereits zwei der Hauptakteure ihrer jeweiligen Teams im Fokus, als Mathias Gidsel seinem Nationalmannschaftskollegen Simon Pytlick in der Abwehr das Trikot vom Körper riss. Der Berliner Däne holte sich dafür eine frühe gelbe Karte ab.
Das erste Flensburger Tor des Abends gehörte unterdessen Teitur Einarsson nach einem Durchbruch. Die Füchse blieben jedoch das dominante Team, auch aufgrund des Vorteils zwischen den Pfosten: Dejan Milosavljev war über die gesamte erste Halbzeit sehr präsent, Gegenüber Benjamin Buric fand hingegen zunächst keine Bindung zum Spiel.
Mit dem Rückhalt durch die gute Deckung und Milosavljev setzten sich die Füchse über das 500. Bundesliga-Tor von Lasse Andersson sowie Treffer von Nils Lichtlein und Mijajlo Marsenic schnell auf 8:3 ab (9.). Das Tempospiel der Hauptstädter funktionierte glänzend und führte immer wieder zu lukrativen Torchancen.
Auf der Gegenseite kamen die Flensburger auch im Positionsangriff nicht ins Rollen, hatten Probleme mit einer situativen Manndeckung auf Jim Gottfridsson. Dieser durchbrach dann aber die sechsminütige Torflaute der Gäste beim 8:4 (12.), Emil Jakobsen legte per Siebenmeter einen weiteren Treffer nach.
Die Folgeminuten waren von zahlreichen Fehlern durchzogen: Beide Seiten leisteten sich ungenaue Pässe und Schrittfehler, die Gäste schwächten sich zusätzlich: Lasse Møller konnte im Tempogegenstoß verkürzen, wurde aber kurz vor seinem freien Wurf zurückgepfiffen. Stattdessen erhielt der Rückraumspieler eine Zeitstrafe wegen eines Wechselfehlers (16.).
So gelang den Fördestädtern nicht die erhoffte Aufholjagd, stattdessen kamen die Hausherren wieder ins Rollen. Nils Lichtlein und Mijajlo Marsenic stellten auf 11:6, Nicolej Krickau buzzerte zum ersten Mal (18.) zur Auszeit. Doch wieder standen sich die Gäste selbst im Weg: Kurz nach der Auszeit musste Emil Jakobsen (21.) für zwei Minuten vom Parkett und wenig später folgte Lukas Jørgensen, der gegen Gidsel zu spät kam.
Die Hausherren befanden sich so sogar in doppelter Überzahl - und die Füchse spielten diese gnadenlos aus: Erst traf Lichtlein per Kempa, dann nutzten Lasse Andersson und Max Darj die Paraden Nummer acht und neun von Milosavljev zum 15:8 - der Abstand war bereits nach 23 Minuten auf sieben Tore angewachsen.
Nicolej Krickau hatte mit seiner zweiten Auszeit reagiert. Doch sein Team kam immer noch kaum in vielversprechende Wurfpositionen, stattdessen nahmen sich die Gäste zahlreiche Rückraumwürfe, die in den Fängen Milosavljevs landeten. Dieser sammelte elf Paraden im ersten Durchgang, Buric lediglich drei.
Der gerade erst wieder in den Kader zurückgekehrte Kevin Møller durfte in der vorletzten Minute des ersten Durchgangs für einen Siebenmeter auf die Platte, musste sich aber gegen Hans Lindberg geschlagen geben, beim 18:11 lagen weiterhin sieben Tore zwischen den Teams. Immerhin um ein Tor konnte die SG noch verkürzen. Zur Pause stand es 18:12 für die Füchse.
Nach dem Seitenwechsel war Møller dann aber Teil des Startaufgebots der Gäste für den zweiten Abschnitt - und kam direkt gut in die Partie. Mit vier Paraden war der Torwart sofort ein starker Rückhalt hinter einer ohnehin verbesserten Flensburger Deckung. So verkürzten die Fördestädter beim 23:19 auf vier Treffer (38.).
Als die Füchse im folgenden Angriff in der Deckung hängen blieben, ergab sich für die SG die Möglichkeit einen weiteren Treffer vom Rückstand zu tilgen. Doch in dieser wichtigen Phase war Dejan Milosavljev - im Stile des ersten Durchgangs - wieder Endstation für die Flensburger Bemühungen. Hans Lindberg versenkte den Siebenmeter auf der Gegenseite zum 24:19 (40.).
Die Gastgeber leisteten sich in der Folge defensiv allerdings zwei überharte Fouls gegen Simon Pytlick, der innerhalb kurzer Zeit zweimal in der Luft gestoßen wurde. Mijajlo Marsenic und Marko Kopljar holten sich dafür jeweils zwei Minuten ab, für letzteren war es die dritte Zeitstrafe und somit das vorzeitige Spielende. Flensburg nutzte die Überzahl, verkürzte wieder auf vier Treffer (24:20, 41.).
Die Füchse aber schienen immer die passenden Antworten zu haben, sie spielten die Zeit runter und trafen sogar spektakulär durch Mathias Gidsel zum 25:20. Kurz darauf legte der Däne nach einer Parade Milosavljevs einen weiteren Treffer nach und beim 26:20 schienen eine Viertelstunde vor dem Ende die Weichen gestellt.
Und aus Heim-Perspektive kam es noch besser: Mit einem gehaltenen Siebenmeter brachte Milosavljev die Stimmung unter den 8.496 Handball-Begeisterten in der Max-Schmeling-Halle zum Kochen. Diese Euphorie wollte aber nicht anhalten. Die Fördestädter ließen ihre Klasse aufblitzen und verkürzten mit viel Energie und mehr Geschwindigkeit als bisher zum 26:23. Diesmal war es an Jaron Siewert, seine Mannschaft das zweite Mal zusammenzutrommeln (48.).
Die Füchse fanden aber auch nach der Unterbrechung immer weniger Lösungen gegen die Deckung der Gäste. Flensburg verteidigte griffiger und bekam auch im Blockspiel immer wieder einen oder mehrere Finger an den Ball. Berlin tat sich schwer und kam wieder unter Druck. Selbst in Überzahl leisteten sich die Hausherren einen technischen Fehler, den Johannes Golla im folgenden Positionsangriff zum 27:25 verwertete (52.).
Die Partie behielt die Wechselhaftigkeit der letzten Minuten auch in der Schlussphase: Mit einer Energieleistung erkämpften sich die Berliner wieder ein plus vier und versetzten den Flensburger Siegeshoffnungen so einen empfindlichen Dämpfer (30:26, 55.). Krickau nahm beim 30:26 fünf Minuten vor dem Ende seine letzte Auszeit.
Seine Mannschaft schaffte es jedoch zunächst nicht, entscheidend zu verkürzen. Nach einer Parade von Kevin Møller gab es erneut die Chance auf minus zwei zu stellen, aber die Flensburger gerieten ins Zeitspiel. Weil sich Paul Drux bei der letzten Aktion des Angriffs jedoch auf Simon Pytlick stürzte, griffen die Schiedsrichterinnen zum Videobeweis und zur Zeitstrafe. Damit war auch der erhobene Arm der Unparteiischen Geschichte, Einarsson verkürzte auf 31:29 (58.) und sorgte für Spannung.
Mathias Gidsel antwortete mit dem 32:29, Möller war dabei am Ball - doch nach Ansicht der Schiedsrichterinnen war dieser über der Linie, aufgrund der HBL-Regularien können sie für eine solche Entscheidung den Videobeweis nicht zu Rate ziehen. Die Weichen schienen gestellt, zumal Flensburg den Ball verlor. Allerdings gaben sich die Gäste nicht auf, und kamen durch zwei Ballverluste der Füchse noch einmal auf ein Tor heran - die letzten Sekunden behaupteten die Berliner dann aber den Ballbesitz und das 32:31.
"Das was wir in der ersten Halbzeit hier abgeliefert haben, war wirklich überragend. Das einzige Manko ist hier, dass wir nicht mit acht Toren Führung in die Halbzeit gehen", erklärte Füchse-Trainer Jaron Siewert gegenüber dem Pressedienst des Vereins.
"Flensburg bestraft sich in der ersten Halbzeit häufig über Zeitstrafen, in der zweiten Hälfte trifft es dann uns", so Siewert weiter. "Wir können uns immer wieder absetzen, es wird aber auch immer wieder eng. Am Ende sind wir super happy hier vor unseren Fans zwei Punkte gegen die Konkurrenz geholt zu haben."
"Das war ein Duell zweier absoluter Spitzenmannschaften", befand Füchse-Vorstand Stefan Kretzschmar. "Der Blick auf die Statistik zeigt einen kleinen Vorteil auf unserer Seite im Tor, das kann in dieser Liga ausschlaggebend sein. Auch Flensburgs Stärke im Tempospiel nehmen wir ihnen heute. Wir haben sehr geduldig abgeschlossen, gewinnen einzelne Duelle auf wichtigen Positionen und setzen uns so heute durch."
Füchse Berlin: Milosavljev (15 Paraden, davon 1 Siebenmeter), Kireev; Andersson 7, Gidsel 6, Lindberg 6/4, Marsenic 5, Darj 3, Lichtlein 3, Tollbring 2, Freihöfer, Beneke, Av Teigum, Kopljar, Drux
SG Flensburg-Handewitt: Buric (3 Paraden), Møller (8 Paraden); E. M. Jakobsen 8/2, Gottfridsson 6, Pytlick 6, Golla 4, Einarsson 3, J. Hansen 2, L. K. Möller 2, Mensah Larsen, Jørgensen, Horgen, Pedersen, Blagotinsek
Schiedsrichterinnen: Tanja Kuttler / Maike Merz
Zuschauer: 8496
Strafminuten: 10 / 10
Disqualifikation: Kopljar (40./3. Zeitstrafe) / -
mao