26.01.2024, 17:40
Direkter Freiwurf sorgt für Verlängerung
Frankreich glänzte im Halbfinale der Handball-EM in Halbzeit eins, Schweden holte in der zweiten den Sechs-Tore-Rückstand auf und stand schon mit einem Fuß im Endspiel. Elohim Prandi rettete Les Bleus mit einem direkten Freiwurf in die Verlängerung. Dort schlug die Stunde von Dylan Nahi und Remi Desbonnet, am Ende siegte der Olympasieger mit 34:30 (27:27, 17:11).
aus Köln berichtet Christian Stein
Schweden erwischte durch eine gute Abwehrarbeit und die erste Parade von Andreas Palicka einen optimalen Start in das Halbfinale der Handball-EM gegen Frankreich. Drei Gegentore in Folge brachten Les Bleus einen frühen 1:3-Rückstand (4.) ein - nach einem erfolgreichem Nachwurf und auch die erste Parade von Samir Bellahcene sowie ein Treffer von Hugo Descat sorgten dann aber schnell wieder für den Gleichstand.
Beide Teams waren nun im Spiel, machten keine Experimente und schickten praktisch die beste bzw. erfahrenste Formation auf das Parkett. Auch wenn mit Blick auf die mögliche direkte Qualifikation zu den Olympischen Spielen ein Sieg der Franzosen besser für das deutsche Team wäre, schlug sich das Publikum in der Kölner Arena nicht eindeutig auf die Seite der Franzosen.
Der Olympiasieger steckte auch eine doppelte Unterzahl gut weg, nachdem sich Luka Karabatic einen Wechselfehler erlaubt hatte. Während die Skandinavier den Anwurf über das verwaiste Tor setzten, zog Frankreich mit einem Siebenmeter von Kentin Mahe zum 6:4 weg. Im Anschluss war es Samir Bellahcene, der mit seinen Paraden weitere Impulse für die Westeuropäer setzte. Der Kieler parierte viermal in Serie, ermöglichte seinem Team auf 9:4 (13.) zu erhöhen und die erste Auszeit des Gegners zu erzwingen.
Glenn Solberg hatte auch personell gewechselt, unter anderem den glücklosen Albin Lagergren und auch Jim Gottfridsson ersetzt.
Dafür drehte offensiv zumindest Felix Claar auf und auch die Abwehr griff nun Frankreichs Rückraumschützen etwas offensiver an. Vier Tore des Magdeburgers und zwei von Carlsbogard ließen die Zuschauer in Köln beim 13:9 (21.) wieder auf eine spannendere Partie hoffen.
Insgesamt machten die Gelb-Blauen aber auch in der Folge zunächst zu viele Fehler, Frankreichs Defensive zeigte sich gut vorbereitet auf die Anspiele auf Oscar Bergendahl - im Zweifel musste ein Freiwurfschirm für Dika Mem wie beim 16:10 (26.) herhalten.
Frankreich gab den Schweden durchaus Möglichkeiten, noch einmal etwas näher zu kommen. Doch jede Parade von Palicka beantwortete Bellahcene, der mit sieben Paraden bei einer Fangquote von 39 % in die Pause ging, auf der Gegenseite. Zur Pause stand ein 17:11 auf der Anzeigetafel.
Schweden kam hellwach aus der Kabine, die Tre Kronor hatten hinten und vorne die richtigen Stellschrauben gefunden und kämpften sich zurück in die Partie.
Hinter einer offensiver agierenden 6:0-Formation kam nun auch Andreas Palicka gut zur Geltung und auch offensiv fand Schweden jetzt die Nahtstellen - kam zu guten Torerfolgen. Als sich Albin Lagergren zum Anschlusstreffer (38.) durchgetankt hatte, sah Guillaume Gille direkt Redebedarf - aus Frankreichs 17:11 war ein 18:17 geworden.
Die Unterbrechung half aber nicht sofort, Jonathan Carlsbogard konnte den Ausgleichstreffer setzen. Nedim Remili brachte seine Mannschaft mit seinem Treffer dann aber wieder in die Spur warf.
Schweden konnte nun aber auf einen Andreas Palicka in Höchstform setzen: Der Routinier von Paris St. Germain nahm Hugo Descat einen Siebenmeter samt Nachwurf weg und verhinderte ein erneutes Wegziehen des Olympiasiegers. Schweden kämpfte, hatte mittlerweile die Arena auf seine Seite gezogen und diese tobte beim Ausgleichtreffer von Hampus Wanne wenig später.
Die nächste Siebenmeterparade von Andreas Palicka gab Schweden die Chance auf den Führungstreffer und diese nutzte Felix Claar. Eric Johannsson legte nach dem Ausgleich gegen seinen Vereinskollegen Samir Bellahcene wieder vor und dieser machte in der Folge im französischen Tor Platz für Remi Desbonnet.
Das Momentum lag nun aber bei den Skandinaviern, die nach einem Kopftreffer von Daniel Pettersson gegen Frankreichs Keeper auch nach Videobeweis etwas Fortune hatten, dass die Schiedsrichter darauf entschieden, dass der Ball erst an die Schulter und dann ins Gesichts des Torhüters gegangen sei.
Dennoch bot sich den Franzosen nun die Chance auf den Ausgleich, doch mit dem dritten gehaltenen Siebenmeter verhinderte dies einmal mehr Andreas Palicka, der mittlerweile sein Konto auf 14 Paraden aufstockte und damit Schwedens Lebensversicherung wurde. Als Max Darj auf 26:24 stellte, schien Schweden auf bestem Wege ins Endspiel.
Doch Frankreich gab sich nicht geschlagen, es fehlten aber die defensiven Impulse: Nach Gottfridssons 25:27 nahm Guillaume Gille seine letzte Auszeit - seinem Team blieben nur 53 Sekunden. Yannis Lenne schaffte noch einmal den Anschlusstreffer und im Gegenzug wurde Jim Gottfridsson ein technischer Fehler abgepfiffen. Frankreich versuchte den schnellen Gegenangriff, der wurde aber ausgebremst. Es blieb ein direkter Freiwurf, den Prandi spektakulär am Block und Palicka vorbei zum 27:27 ins Tor zimmerte.
In der Verlängerung dieses Krimis im Halbfinale der Handball-EM zwischen Frankreich und Schweden sollte die Stunde von Dylan Nahi schlagen: Dreimal war der Linksaußen aus Kielce eiskalt zur Stelle und schockte damit Schweden, das erst beim 30:28 (65.) von Jim Gottfridsson seine Flaue überwinden konnte.
Im vierten Anlauf war dann zwar wieder Andreas Palicka zur Stelle, doch als der Keeper das Spiel schnell machen wollte, um vor dem Seitenwechsel noch den Anschluss herzustellen, trat er einem Gegenspieler auf den Fuß und knickte um.
Auch nach Wiederanpfiff blieb das Momentum auf der Seite der Franzosen: Remi Desbonnet war gegen Felix Claar zur Stelle und Hampus Wanne traf nur den Pfosten. Auf der Gegenseite konnten Dika Mem und Elohim Prandi mit dem 32:28 (68.) die Vorentscheidung herbeiführen. Am Ende feierte Les Bleus einen 34:30-Erfolg und steht im Endspiel der Handball-EM.
Frankreich: Bellahcene (9 Paraden), Desbonnet (4 Paraden); Descat 8/3, Mem 6, Remili 5, Fabregas 4, Y. Lenne 4, Nahi 3, Prandi 3, Mahé 1/1, L. Karabatic, N. Karabatic, Konan, Porte, Richardson, Tournat
Schweden: Palicka (15/3 Paraden), Thulin; Claar 9, Darj 5, Wanne 5, Gottfridsson 4, Carlsbogard 3, Sandell 2, Johansson 1, Lagergren 1, Bergendahl, Karlsson, A. Nilsson, Pellas, D. Pettersson, Wallinius
Zuschauer: 19.750 (Köln, ausverkauft)
Schiedsrichter: Slave Nikolov / Gjorgji Nachevski (Nordmazedonien)
Strafminuten: 8 / 2
chs