07.12.2024, 19:33
Nach vierzig Minuten den Faden verloren
Mit dem Olympia-Dritten Dänemark standen die deutschen Handballerinnen am Samstag, nach den Niederlanden in der Vorrunde, dem zweiten großen EM-Gegner gegenüber. 4.025 Zuschauer sahen, wie nach dem 15:13 für Dänemark erst die DHB-Auswahl im zweiten Abschnitt die Führung übernahm und sich dann aber den Schneid abkaufen ließ und mit 22:30 klar verlor.
aus Wien berichtet Felix Buß
Sowohl Dänemark als auch Deutschland wirkten zu Beginn des zweiten Spiels der Hauptrunde der Handball-EM der Frauen erpicht darauf, einfache Gegentreffer zu vermeiden. Entsprechend dauerte es fast 200 Sekunden, ehe die dänische Kreisläuferin Rikke Iversen den ersten Torerfolg feiern konnte. Nachdem Anna Kristensen schon zwei Chancen vereitelt hatte, eröffnete Alina Grijseels kurz darauf die Partie aus deutscher Sicht. Weitere Chancen verpufften jedoch.
Bundestrainer Markus Gaugisch vertraute wieder auf seine erste Sieben, so auch auf Torhüterin Katharina Filter. Die DHB-Auswahl konnte aber weiterhin kaum Lücken in die dänische Deckung reißen und geriet mit 1:4 in Rückstand, bevor Emily Bölk nach über acht Minuten Julia Behnke am Kreis fand. Erst allmählich bot das deutsche Team das nötige Spieltempo im Aufbau an, um Dänemark etwas entgegenzusetzen.
Nach der Rückkehr von Viola Leuchter aufs Spielfeld, auch Lott kam von der Bank, eilte das DHB-Team dann heran. Beim 7:7 war in der 16. Spielminute der Ausgleich geschafft. Das lag auch daran, dass Dänemark nach Ballgewinnen unsauber agierte und mehrere Chancen ausließ. Da sich die Fehler im Angriff der DHB-Auswahl wieder mehrten, buzzerte Markus Gaugisch jedoch kurz darauf zur ersten Auszeit.
Lotts 9:8-Führungstreffer (20.) war dann zunächst ein kurzes Vergnügen für die Deutschen, denn Hagesø und Østergaard ließen die Vorlage gleich wieder wechseln - doch auch Dänemarks Trainer Jesper Jensen hatte an der Seitenlinie Gesprächsbedarf. Den folgenden DHB-Angriff durchkreuzte sein Team bereits nach den ersten Pässen. Haugsted rasselte kurz darauf mit der von ihr gehaltenen Antl aneinander und musste mit blutender Nase und zwei Minuten vom Parkett.
Dänemark rührte, wie schon gegen Norwegen, am Rande des Erlaubten Abwehr-Beton an, Deutschland hielt allerdings dagegen. Die Überzahl änderte jedoch wenig am Kräftemessen und auch das Glück half nicht, als Helena Elver 90 Sekunden vor der Sirene am Tor vorbei warf. Insgesamt bot Dänemark das bessere Stellungsspiel, fädelte in die Ösen der DHB-Abwehr ein und nahm eine 15:13-Führung in die Pause.
Dänemark konnte im ersten Abschnitt mit Anna Kristensen, die mit ihrer Fangquote von 42 Prozent doppelt so viele Bälle pariert hatte wie Katharina Filter, auf ein deutliches Plus zwischen den Pfosten setzen. Außerdem lag die Wurfausbeute der Skandinavierinnen über der Norm. Die statistischen Werte sprachen nach den ersten dreißig Minuten deutlicher für Dänemark als der Ergebnis. Das angefachte Feuer der deutschen Sieben loderte noch nicht auf höchster Flamme.
Das sollte sich nach dem Seitenwechsel ändern: Antl und Lott setzten mit ihren Aktionen zum 15:15-Ausgleich gleich ein Zeichen. Hinten ließ es Elver zwar gleich wieder einschlagen, doch Angriff und Abwehr der DHB-Auswahl schienen nun mehr Format zu haben - und die Kommunikation wirkte couragierter. Julia Behnke ließ die Führung beim 16:17 (34.) wieder auf die deutsche Seite wechseln, Østergaard egalisierte allerdings umgehend.
Beide Teams suchten nach vorteilhaften Situationen in diesem beinharten Duell. Für Dänemark waren das gegen die eingewechselte Sarah Wachter konsequent hohe Würfe. Die deutsche Sieben vergaß indes wieder, ihre Angriffe fertig zu spielen und handelte sich Gegenstöße ein. Die Skandinavierinnen wirkten etwas cooler. Da kam den DHB-Frauen der 19:20-Anschlusstreffer von Maidhof gerade recht. Den folgenden Konter vergab das DHB-Team jedoch - und damit die Chance auf den Ausgleich.
Dänemark nutzte fast alle gegnerischen Fehler gekonnt - und das über sechzug Minuten. Auch aus sehr wenig schufen sie Siebenmeter-Chancen, eine davon münzte Anne Mette Hansens in das 22:19 (44.) um. Den Deutschen fehlte hingegen oft ein weiterer Schritt hinein ins gegnerische Abwehrbollwerk für solche Pfiffe. Mit Mareike Thomaier und Viola Leuchter im Rückraum, beide eingewechselt, gab es dann beim 23:20 (47.) aber eine zwingende Situation.
Insgesamt gab es davon aber zu wenige. Döll versuchte es kurz darauf mit einem frechen langen Pass auf Leuchter, die den Ball aber nicht erreichte. Da seine Sieben zu wenige Chancen nutzte - der Angriffserfolg lag bei 42 Prozent, nahm der Bundestrainer schon nach 51 Minuten seine letzte Auszeit und brachte die siebte Feldspielerin. Anna Kristensen zeigte jedoch weiterhin ihre Klasse, mit ihrer 15. Parade kratzte sie an 50 Prozent.
So deutete zu Beginn der Schlussphase aus Sicht der DHB-Frauen alles auf eine weitere Niederlage gegen einen Top-Fünf-Gegner hin. Als Elver beim 27:20 (54.) ins leere deutsche Netz traf, drohte nach guten vierzig Minuten am Ende sogar noch eine überdeutliche Niederlage. Behrends 28:21 beendete zwar die zehnminütige Torflaute des DHB-Teams, doch der nächste Ball ohne Torhüter schlug schon ein.
Taktische Anpassungen, wie das Sieben-gegen-sechs entfalteten bei der DHB-Auswahl in der Schlussphase keine Wirkung. Dänemark setzte einfache Treffer und lässt mit dem 30:22-Sieg das Halbfinale offen. Die deutsche Mannschaft muss in der Tabelle der Gruppe II abreißen lassen - und braucht, um die Hoffnung am Leben zu erhalten, in zwei Tagen einen Sieg gegen Norwegen.
Dänemark: Kristensen (17 Paraden), Reinhardt; Hansen 6, Jensen Østergaard 6, Elver Hagesø 5, Højlund 3, Friis 3, Elbsger Møller 3, Iversen 2, Kamp Nielsen 1, Iversen 1, Kindberg Hansen, Haugsted, Tranborg, Aagot Hansen, Jörgensen
Deutschland: Filter (4 Paraden), Wachter (6 Paraden); Antl 4, Grijseels 3, Lott 3, Maidhof 3, Leuchter 3, Smits 2, Behrend 2, Döll 1, Behnke 1, Engel, Thomaier, Bölk, Hauf, Huhnstock
Zuschauer: 4.025 (Stadthalle, Wien, AUT)
Schiedsrichter: Lovin / Stancu (ROU)
Strafminuten: 4 / 4
Hinweis: Dieser Artikel wurde von der IG Handball gefördert, die als eines ihrer Satzungsziele die Förderung der Berichterstattung über den Handball hat und unter anderem auch hinter dem Forum handballecke.de steht. Der Artikel kann - unter Nennung der Autoren und Quelle sowie einem Verweis auf ighandball.de kostenfrei genutzt werden.
mehr zur Handball-EM der Frauen auf handball-world:
» Kader Deutschland für Handball-EM der Frauen
» Spielplan Vorrunde Handball-EM der Frauen
» Tabellen Handball-EM der Frauen
» Handball-EM der Frauen im kostenfreien Livestream
» Die Schiedsrichter der Handball-EM der Frauen
» weitere Schlagzeilen Handball-EM der Frauen
Felix Buß