18.12.2024, 21:41
6:0-Lauf als Schlüssel zum Sieg
Es war ein intensives erstes Viertelfinale im DHB-Pokal: Der HSC 2000 Coburg dominierte weite Teile der Partie, doch der HBW Balingen-Weilstetten kämpfte sich in die Verlängerung und konnte dort mit einem 5:0-Lauf die Weichen Richtung Final4-Einzug stellen. Nach 70 Minuten jubeln die Gäste über ein 38:33 (15:17, 30:30).
Der Druck im "Spiel des Jahres" war auf beiden Seiten zu spüren: Florian Billek hatte die erste Chance für die Gastgeber, setzte den Ball jedoch per Aufsetzer über das Tor. Die Gäste aus Balingen packten hingegen kompromisslos zu und kassierten nach nicht einmal 120 Sekunden die erste Zeitstrafe, der in kürzester Zeit noch weitere Hinausstellungen folgen sollten.
Trotz der zeitweise doppelten Unterzahl in dieser Anfangsphase gelang es dem HBW jedoch, einen Vorsprung zu halten: Der clever in Szene gesetzte Daniel Blomgren netzte zum 4:3 (6.) ein. Nach nicht einmal neun gespielten Minuten erhielt Max Santos bereits seine zweite Zeitstrafe; es war insgesamt die vierte für die Gäste. Die ihnen zugesprochenen Strafwürfe verwandelte HSC-Linksaußen Jesper Schmidt sicher: Das 6:6 (10.) war bereits sein vierter Treffer.
Nachdem die von Nervosität und Zeitstrafen geprägte Anfangsphase vorüber war, rückte langsam der Handball in den Vordergrund. Beide Teams setzten auf ihr Tempospiel, auf ein Tor folgte wiederholt der schnelle Gegenzug. Hatte sich zunächst Balingen trotz der Unterzahl besser verkauft, eroberte nun Coburg das Momentum: Vom 7:7 (13.) setzten sich die Gastgeber auch dank zwei Paraden von Petros Boukovinas auf 12:9 (17.) ab.
Der HBW nutzte die erste Zeitstrafe gegen den HSC, um den Rückstand zu verkürzen (12:11, 18.), doch Coburg setzte nach. Nach dem 15:12 (21.) durch Billek zog HBW-Trainer Matthias Flohr die Auszeit - mit Erfolg. Zwar stellten die Coburger kurzzeitig auf eine Vier-Tore-Differenz (16:12), doch dann fand das Team um den jungen lettischen Nationalspieler Janis Volkovskis keine Lösungen mehr.
Sowohl der eingewechselte Mateusz Kornecki als auch Benedek Nagy, der Schmidt einen Siebenmeter plus Nachwurf abnahm, zeichneten sich aus und ermöglichten den Anschlusstreffer: Elias Fügel traf in der 29. Minute zum 16:15, während der HSC rund sieben Minuten ohne Tor blieb. Erst kurz vor der Pause erlöste Jakob Knauer die Fans mit dem Treffer zum 17:15-Halbzeitstand.
Nach Wiederanpfiff wiederholte sich das Muster: Nagy parierte einen Siebenmeter von Schmidt und ermöglichte den Anschluss (19:18, 35.), nach einer weiteren Parade von Kornecki traf Elias Huber zum 19:19 (35.). Der Rückraumspieler aus der eigenen Jugend war Dreh- und Angelpunkt im Offensivspiel der Gäste.
Wie bereits im ersten Durchgang konnte der HBW jedoch (vorerst) nicht nachlegen - und Coburg eroberte den Vorsprung zurück (21:19, 38.). Es wurde nun zunehmend hitzig. Billek ging nach einem Zweikampf auf Außen zu Boden, doch statt der geforderten Zeitstrafe gegen den Abwehrspieler der Gäste gab es eine Ermahnung der Schiedsrichter in Richtung des Coburgers, was das Publikum mit einem Pfeifkonzert quittierte.
Mit der stabilen Torhüterleistung im Rücken zwang Balingen den Gastgeber ins Hintertreffen: Nach dem Ausgleich (21:21, 40.) brachten Tobias Heinzelmann und Tim Matthes den HBW erstmals seit der Anfangsphase wieder mit zwei Toren in Front (23:21, 42.). Anel Mahmutefendic zog die Auszeit. Seine Mannschaft holte auch eine Zeitstrafe gegen Blomgren heraus, doch Kornecki parierte den kurz darauf folgenden Siebenmeter von Billek.
Nur wenige Sekunden später erhielt der Linksaußen jedoch die nächste Chance von der Linie. Balingen agierte mit dem zusätzlichen Feldspieler und verlor den Ball; den langen Wurf auf das leere Tor verhinderten die Balinger mit einem Festmachen. Die Schiedsrichter berieten sich kurz und entschieden auf Siebenmeter, um die Torgelegenheit wieder herzustellen. Billek trat erneut gegen Kornecki an und stellte den Anschluss her.
Kornecki blieb jedoch ein Faktor, den einen Angriff später nahm er Mikael Helmersson einen Strafwurf ab - es war inzwischen der vierte vergebene Siebenmeter von Coburg. Da die Gastgeber jedoch die Defensive stabilisiert bekamen und Balingen sich immer wieder festlief, hielt der HSC den Kontakt. Zehn Minuten vor dem Ende traf Valkovskis zum 25:25 (50.). Huber konterte jedoch mit der erneuten HBW-Führung.
Nachdem es in der 1. Halbzeit noch vergleichsweise ruhig auf den Rängen gewesen war, stand inzwischen die ganze Halle. Nach einer Zeitstrafe gegen Robert Timmermeister musste der HBW mal wieder in Unterzahl agieren, was Coburg nutzte, um Schmidt freizuspielen, der den erneuten Anschluss herstellte (27:26, 53.). Nach umkämpften Minuten war es Kapitän Merlin Fuß, der mit dem 29:29 (57.) für eine hochspannende Crunch-Time sorgte.
Balingen rieb sich der Offensive nun zunehmend auf, ohne sich gegen die aufopferungsvoll fightenden Coburger zwingende Chancen zu verarbeiten. So ging zum wiederholten Male der Arm der Schiedsrichter hoch und Boukovinas wehrte den Wurf von Huber ab. Zwei Minuten vor dem Ende hatte Coburg die Möglichkeit, wieder in Führung zu gehen - und zog durch Valkovskis einen Siebenmeter. Billek trat an - und verwandelte (30:29, 59.). 79 Sekunden vor dem Ende war das Final Four für Coburg in Reichweite.
HBW-Coach Flohr nahm die Auszeit. Seine Mannschaft brachte Timmermeister zum Wurf, doch der Ball ging unter Kontakt über das Tor. Coburg hatte die Chance, den Sieg perfekt zu machen, scheiterte jedoch. So kam Balingen in Ballbesitz und Huber tankte sich zum 30:30 (60.) durch. Mahmutefendic nahm die Auszeit, es waren noch 16 Sekunden auf der Uhr. Der Wurf von Valkovskis kam nicht durch, es gab jedoch noch einen Freiwurf. Balingen blockte den letzten Versuch von Valkovskis - und das Spiel ging in die Verlängerung.
In der Verlängerung konnte Coburg jedoch nicht mehr Paroli bieten: Mit einem 4:0-Lauf in fünf Minuten stellte Balingen bis zum Seitenwechsel auf 34:30. Schmerzlich aus HSC-Sicht waren die Drei-Angriffs-Pause für Valkovskis sowie die unglückliche Zeitstrafe von Billek, der Huber beim Versuch, den Ball zu erobern, aus Versehen im Gesicht traf. Der Linksaußen entschuldigte sich sofort, auf der Bank Platz nehmen musste er trotzdem.
Nach Wiederanpfiff blieb Balingen weiterhin cool und spielte so flüssig den Ball wie lange nicht mehr (35:30, 66.). Erst im Gegenzug gelang dem HSC der erste Treffer in der zusätzlichen Spielzeit. Der Fünf-Tore-Rückstand war jedoch zu groß für die verbleibende Zeit, denn Balingen nahm so viel Zeit wie möglich von der Uhr. Am Ende fiel der Sieg mit 38:33 eigentlich zu hoch aus.
HSC 2000 Coburg: Boukovinas (8 Paraden), Apfel; Menges, Dettenthaler, Bis (1), Fuß (6), Billek (6/3), Krone, Helmersson (3), Knauer (1), J. Valkovskis (6), L. Valkovskis, Röller, Schäffer (2), Jaeger, Schmidt (7/5)
HBW Balingen-Weilstetten: Kornecki (9 P.), Nagy (6 P.); Blomgren (2), Matthes (5), Leimeter (2), Huber (6), Ingason, Strobel, Santos, Grüner, Timmermeister (3), Müller (6), Fügel (3), Heinzelmann (4), Pfattheicher (7)
Schiedsrichter: Fabian Baumgart / Philipp Dinges
Strafminuten: 4 / 14
Julia Nikoleit