12.09.2024, 19:11
Im Gedenken
Über Jahrzehnte prägte Michael Heuberger den Handball mit seinen Fotos und seiner Persönlichkeit, auf den Tag genau vor zwei Jahren verstarb der Fotograf im Alter von 75 Jahren - die Redaktion von handball-world und viele weitere Personen in der Handball-Welt gedenken - nicht nur heute, am zweiten Todestag - Michael Heuberger.
Mit seinen Fotos gewann Michael Heuberger zahlreiche Preise, hielt unzählige Handball-Momente fest. Denen, die ihn in den Hallen und den Katakomben der Arenen kennenlernen durften, wird er aber vor allem als Mensch in Erinnerung bleiben. Zu ihnen gehört Christian Ciemalla, der Gründer von handball-world mit einem Nachruf auf Michael Heuberger - mit Hilfe von Zitaten aus einem Portrait, das Julia Nikoleit zum 70. Geburtstag des Fotografen angefertigt hatte. Am zweiten Todestag veröffentlichen wir diesen in Gedenken an Michael Heuberger.
Einige Wochen zuvor hatten wir noch telefoniert, wie so oft ging es um ein Foto. Michael Heuberger bat mich einige herauszusuchen, die er einmal an handball-world geschickt hatte. Nicht für den Verkauf, sondern für einen früheren Nationalspieler, der danach gefragt hatte. Denn, wer ein Foto im Handball suchte, der war bei Michael fast immer an der richtigen Adresse - und das über Jahrzehnte. Ein Foto von Dir, lieber Michael, war es dann auch, das mir vor zwei Jahren einen Stich versetzte: Angehörige informierten mit ihm über den Tod von Michael Heuberger.
Zum einen ist da die Trauer über den Verlust eines hochgeschätzten Wegbegleiters über den langen Zeitraum von 25 Jahren, auf der anderen Seite die Dankbarkeit für das Kennenlernen dieses besonderen Menschen. Wann und wo dieses Kennenlernen genau stattfand, daran kann ich mich allerdings nicht einmal mehr erinnern: Bei Länderspielen, großen Turnieren der Nationalmannschaft aber ebenso im Handball-Alltag in kleineren Hallen oder Partien der Nachwuchsteams - seit ich mich mit dem Handball beschäftige, fast immer war Michael Heuberger da.
Michael Heuberger war bei der Gründung von handball-world im Jahr 1999 längst einer der besten und renommiertesten Fotografen im Handball, handball-world kannte da hingegen noch niemand. Doch während für viele andere das nur "irgendwas mit InterNet" war, fragte Michael Heuberger nach und bot von sich aus Hilfe und Unterstützung an - nicht nur mit Fotos. "Ich lese Euch ja auch", war seine Standard-Antwort auf meine Versuche ihm zu danken. Und Gründe Dir zu danken gab und gibt es unzählige, lieber Michael.
Besonders war an Michael Heuberger, dass er Herzlichkeit auch in die trostlosesten Arbeitsräume brachte. Nicht nur für mich und alle anderen Mitstreiter bei handball-world war es immer eine besondere Freude, Dich in einer der Hallen dieser Welt zu treffen: Bekannt und geschätzt wurde Michael Heuberger im In- und Ausland - auch aufgrund seiner besonderen Kollegialität und der Unterstützung junger Fotografen sowie seines Engagement in der Journalisten-Vereinigung AIPS.
Michael, Du warst eine Ausnahmeerscheinung. Dass Du das Logo von handball-world bei Deiner Arbeit am Spielfeldrand auf der Brust getragen hast, hat mich, hat uns alle bei handball-world stolz gemacht.
Dass Michael Heuberger einer der weltweit bekanntesten Handball-Fotografen werden würde, war zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn allerdings noch nicht abzusehen. Er absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Tiefdruckretuscheur, was mit dem heutigen Berufsbild eines Mediengestalters Digital und Print zu vergleichen wäre; die Sportfotografie war zu dem Zeitpunkt nicht mehr als ein Hobby. "Ich bin kein ausgebildeter Fotograf, sondern habe zunächst amateurmäßig fotografiert", erinnerte sich Michael Heuberger in einem Portrait zu seinem 70. Geburtstag selbst an die Anfänge zurück.
"Das hat mir einfach viel Spaß gemacht", erklärte er im Gespräch mit Julia Nikoleit. Nachdem der Job des Tiefdruckretuscheur an Bedeutung verlor, entschied sich der Schutterwalder für den Schritt in die Sportfotografie. Es war eine völlig andere Zeit als heute: Die Bilder mussten in der Arena entwickelt werden und über die Telefonleitung in die Redaktion geschickt werden. "In älteren großen Hallen gab es eine Dunkelkammer", blickte Heuberger vor einigen Jahren zurück und berichtete: "Ich habe in jeder Halle zuerst den Raum aufgesucht, in dem ich die Fotos entwickeln konnte, denn die Temperatur musste dafür stimmen." 60 bis 70 D-Mark habe ein Bild damals gekostet.
Die Digitalfotografie leitete die Wende ein. "Ich habe von Anfang an mit Photoshop gearbeitet", erinnerte sich Michael Heuberger. "Einige Kollegen hatten mit der neuen Technik zunächst Probleme, aber ich fand die digitale Fotografie nie befremdlich - es gehörte einfach zum Beruf als inzwischen Meister und Ausbilder dazu. Ich bekam eine Digitalkamera in die Hand gedrückt und habe einfach losgelegt", berichtete er mit Blick auf seine Ausbildung und seinen beruflichen Werdegang vor dem Schritt in die Sportfotografie.
Mit der neuen Technik wuchsen auch die Möglichkeiten. "1995 bei der Weltmeisterschaft auf Island waren wir noch 20 Fotografen - heute sind es bei einer Weltmeisterschaft 150 Konkurrenten", beschrieb Michael Heuberger den Wandel. Das führte zu einem Preisverfall für die Bilder - und dazu, dass der Fotograf eine Entscheidung treffen musste. "Ich habe früher viel Leichtathletik und Radsport fotografiert, aber das rentiert sich nicht mehr", bedauerte er. Lange Jahre begleitete er zudem den SC Freiburg im Fußball, sein Hauptaugenmerk lag aber auf dem Handball.
Hinter seiner Kamera hat Michael Heuberger zahlreiche sportliche Höhepunkte erleben dürfen. "Die Weltmeisterschaft 2007 war ein Highlight, ebenso wie die EM 2004, wo sie dem Heiner Brand den Bart abgeschnitten haben", erinnert er sich mit einem Schmunzeln. Auch die Titelgewinne der Junioren sind ihm im Gedächtnis geblieben, ebenso wie die Olympischen Spiele 2008 in Peking. "Ich war schon in so vielen Ländern, dass ich den Überblick etwas verloren habe", lacht er bei der Frage nach den Reisen. Als er im Handball kürzer trat, wurde vor allem der heimische Schwarzwald zum Ziel.
Sein Lieblingsbild in all den Jahren ist jedoch nicht in einer Halle entstanden - sondern vor den Pyramiden von Gizeh in Ägypten. Am 27. Januar 1999 wurden in der Kairoer Oper die Gruppen für die anstehende WM ausgelost (damals fanden das Großturnier noch im Sommer statt) - und als Losfee hatte der ägyptische Verband Joachim Deckarm eingeladen. "Als ich das erfahren habe, habe ich sofort einen Flug gebucht", erinnerte sich Michael Heuberger. "Ich wusste: Da muss ich hin." So kam es, dass der Fotograf den Ehrengast vor der Auslosung beim Ausflug zu den Pyramiden begleitete - und das obige Foto schoss. Das sei ein Bild, so Michael Heuberger, "auf das ich noch heute stolz bin."
Ebenfalls stolz war er auf den "Sian Rowland Special Media Award", den die EHF seit 2010 für besondere mediale Verdienste um den Handball verleiht. "Ich habe als Fotograf damit nicht gerechnet", freute sich Michael Heuberger im Jahr 2016 über die Auszeichnung. 2011 wurde ein Foto von Michael Heuberger, das Heidi Löke beim Wurf zeigt, als "IHF-Foto des Jahres" gekürt. Doch es sind vor allem die Begegnungen mit dem Menschen Michael Heuberger, die ihn auszeichnen. Die Treffen in den Katakomben, das Essen nach einem Spiel, die gemeinsamen Fahrten an einen anderen Spielort bei einem Turnier an "Ruhetagen" oder auch nur die Fahrt von der Halle zum Bahnhof. Michael, Dich zu treffen war jedes Mal ein Geschenk.
cie