11.11.2024, 18:30
Julius und Philipp Hlawatsch
Julius und Philipp Hlawatsch sind beide in der 3. Liga unterwegs - Julius als Schiedsrichter, Philipp als Spieler. Über zwei Brüder, die ihre Leidenschaft Handball in unterschiedlichen Rollen leben.
Der 2. November war ein praktischer Tag für den Vater von Julius und Philipp Hlawatsch: Mit einer Fahrt nach Erlangen konnte er die Drittliga-Einsätze seiner beiden Söhne auf einmal sehen. In der Karl-Heinz-Hiersemann-Halle pfiff zuerst Julius gemeinsam mit Gespannpartner Paolo D’Oria in der 3. Liga der Frauen, danach lief Philipp im Trikot des TuS Fürstenfeldbruck in der 3. Liga der Männer auf. "Das war schon cool", betonen die beiden Brüder unisono.
Ihre gemeinsame Handball-Leidenschaft haben die Brüder von den Eltern geerbt, die beide früher aktiv spielten und der Sportart bis heute treu sind. Der dreieinhalb Jahre ältere Julius begann zuerst mit dem Handball, ging ebenso wie sein Bruder Philipp später bereits bei den 'Bambinis' des TSV Schleißheim ins Training. In der Jugend liefen sie immer wieder zusammen auf, wenn Philipp in der Mannschaft des großen Bruders mitspielen durften, bis sich die Wege schließlich trennten.
Nach der A-Jugend zog Julius für das Studium um, einen neuen Verein suchte er sich nicht; stattdessen richtete er seine Konzentration auf das Pfeifen. Philipp schlug hingegen die Spielerkarriere ein, wechselte erst zum TSV Allach in die Jugendbundesliga und schaffte anschließend den Sprung in die 3. Liga zum TuS Fürstenfeldbruck.
"Es hat sich irgendwann ergeben, dass ich mich auf das Spielen konzentriert hatte und Julius mehr Spaß am Pfeifen hatte", sagt Philipp. Bei einem Bambini-Turnier des Vereins, daran erinnern sich beide dunkel, habe Julius lange, bevor er offiziell den Schein machen durfte, bereits gepfiffen - unter anderem die Heimmannschaft, in der damals sein Bruder spielte.
"Ich hatte immer das Gefühl, dass für Julius eine der schlimmsten Sachen bei unseren Spielen war, auf einen schlechten Schiedsrichter zu treffen", erinnert sich Philipp mit einem Grinsen. "Das hat er dann auch gesagt." Der große Bruder kann nicht widersprechen. "Ich erinnere mich an eine Szene, wo ich durch ein Foul in die Auswechselbank des Gegners geschubst wurde - und am Boden liegend die Zeitstrafe wegen Meckerns bekommen habe", schmunzelt er. "Das war einer meiner ruhmlosesten Momente."
Dass sich der Bruder hingegen für das Spielen entschied, lag nahe. "Philipp war der bessere Handballer von uns beiden", erkennt Julius neidlos an. "Er hatte schon früh einen unglaublichen Überblick und mit dem Ball in der Hand ein Gespür für das Spiel. Ich habe hingegen nie das Bedürfnis gehabt, in den Zweikampf zu gehen." In der Jugend nutzte er daher seine Körpergröße aus, um aus dem Rückraum zu shooten - sein jüngerer Bruder auf der Mitte war zuständig, ihn in Bewegung zu bringen.
Das Pfeifen war hingegen nichts für Philipp. "Als ich in der A- oder B-Jugend war, musste meine Mannschaft auf dem Heimturnier der E-Jugend pfeifen", erinnert sich Philipp. "Das war furchtbar, ich hatte seitdem nie wieder eine Pfeife in der Hand." Ihre Mutter habe damals auf der Tribüne gesessen, erinnert sich Julius: "Sie rief mich an und hat sich prächtig amüsiert."
Die Passion des älteren Bruders war und ist einfach nichts für den jüngeren („das hat mich nie gejuckt“), aber der Respekt für den Job ist da: "Wenn ich bei Julius zugucke, achte ich natürlich mehr auf die Schiedsrichter - und es ist krass, wenn dann auffällt, wie brenzlig manche Situationen sind und wie viel die beiden falsch machen können." Den Gespannpartner seinen Bruders kennt Philipp ebenfalls gut; Paolo ist sein Jahrgang, in Schleißheim spielten die beiden mehrere Jahre zusammen.
Und unabhängig davon, in welcher Konstellation sich die Familie trifft: Den Handball aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten, schätzen beide Brüder. Vater und Stiefvater sind beide Trainer, Philipp ist Spieler, Julius und ihre Mutter sind Schiedsrichter.
"Ich mag es, wenn wir in den unterschiedlichsten Konstellationen über Spiele oder Entscheidungen sprechen", sagt Julius. "Für mich ist es oft spannend, wenn ich mit Julius bespreche wie die Sicht der Schiedsrichter auf eine Situation ist", sagt Philipp. "Oft regt man sich als Spieler nur über Schiedsrichter auf, da ist es interessant, wie ein Schiedsrichter das sieht."
Dass sie nun beide - auf unterschiedlichen Wegen - in der 3. Liga angekommen sind, freut die Brüder. "Philipp war mir aber immer einen Schritt voraus", grinst Julius. 2019 gab Philipp seine Premiere in der Jugendbundesliga, Julius stieg zusammen mit Paolo erst zwei Jahre später in den Perspektivkader auf - 2021, als Philipp in der 3. Liga debütierte.
Nun, drei Jahre später, folgt Julius seinem Bruder auch in diese Spielklasse. "Wir haben direkt einen guten Start erwischt, das war super", freut sich Julius. "Jede Liga hat aber ihre eigenen Gesetze und wir müssen uns jetzt erst einmal zurechtfinden." Die Spiele seines Bruders wird (und darf er) aber selbstverständlich nicht pfeifen. Die Schiedsrichter des Deutschen Handballbundes melden solche "Konflikte" bei ihren Verantwortlichen, um Ansetzungen von vornherein auszuschließen.
Und wie sieht es in der Zukunft aus: Gehen die Brüder nacheinander auch noch den Weg in die 2. Bundesliga? Der TuS Fürstenfeldbruck spielte in der Saison 2020/21 bereits in der 2. HBL, damals noch ohne Philipp. 2 Jahre später wurden sie Vizemeister in der Südstaffel der 3. Liga. Für Philipp ist die 2. Budesliga daher ein großer Traum. Nach seinem Studium möchte er den Fokus noch mehr auf Handball richten und in den kommenden Jahren herausfinden, wie weit ihn seine sportliche Reise bringen kann.
Und Julius? "Es soll schon in Richtung Nachwuchskader gehen, den Ehrgeiz haben wir entwickelt", sagt er. Zweieinhalb Jahre bleiben Paolo und ihm, um sich dafür über den "Perspektivkader plus" zu empfehlen. "Wenn es die Leistung hergibt, wäre es natürlich mega, wenn wir in dieser Zeit tatsächlich direkt aufsteigen." Vielleicht kann der Vater von Julius und Philipp also in einigen Jahren seinen beiden Söhne in der 2. Bundesliga zuschauen …
jun