06.04.2024, 11:30
7 Fragen - 7 Antworten
Schiedsrichter:innen werden im Handball händeringend gesucht. Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um den Einstieg als Unparteiischer.
Ob EHF Champions League, Bundesliga oder Kreisklasse: Jeder Schiedsrichter und jede Schiedsrichterin hat irgendwann für sich die Entscheidung getroffen, zur Pfeife zu greifen. Der eine fängt mit 13 Jahren an, die nächste entscheidet sich während des Studiums dafür - und manches Elternteil steigt quer ein, weil das Kind ohnehin ständig in der Halle ist.
Es gibt zahlreiche Gründe, warum sich jemand für den Job an der Pfeife entscheidet - und mindestens ebenso viele Gründe, es nicht zu tun. Der Schiedsrichter-Mangel an der Basis ist für den Deutschen Handballbund und seine Landesverbände kein Geheimnis. In den vergangenen sieben Jahren sank die Zahl der Schiedsrichter um über 10.000 Unparteiische von 26.669 (2015) auf 14.807 (2022).
Ein Grund für die sinkende Zahlen: Die Rolle des Unparteiischen ist oft negativ besetzt, der Job gilt als unattraktiv. Vereine betteln ihre Aktiven darum an, zur Pfeife zu greifen und zahlen trotzdem noch hohe Strafen, weil sie zu wenig Referees stellen. Und wer pfeift, muss sich immer wieder die Frage gefallen lassen, warum er sich das eigentlich antut.
Dabei ist das Pfeifen eine Aufgabe, die mit Stolz übernommen und mit Freude ausgefüllt werden kann, wie die Erzählung von Ansgar zeigt, der aktuell seine erste Saison in Hamburg pfeift:
Dass ich meinen Schiedsrichterschein gemacht habe, war eine ganz spontane Idee. In unserer Mannschaft wurde gefragt, wer Lust hat und ich habe mir gedacht: Warum nicht? Gemeinsam mit zwei Mannschaftskollegen habe ich den Lehrgang gemacht.
Für mich war es eine Möglichkeit, mich mit dem Handball wieder mehr auseinanderzusetzen. Ich klettere mit Leidenschaft, das Training ist an jedem Freitag ein Highlight für mich. Darüber ist der Handball als Sport ein bisschen in den Hintergrund gerückt. Durch das Pfeifen habe ich jetzt aber noch einmal eine ganz andere Perspektive auf den Handball und diese neue Sicht gefällt mir gut.
Vor meinem ersten Spiel war ich sehr nervös, aber es lief gut. Kurz darauf habe ich auf dem Minispielfest von meinem Verein gepfiffen und das hat richtig Spaß gemacht.
Was mich reizt? Als Schiedsrichter muss man in Sekundenbruchteilen seine Entscheidung treffen und man lernt, seine eigene Meinung zu vertreten. Das ist am Anfang ganz schön schwer. Und, ganz ehrlich: Als Jugendlicher sind die 26 Euro, die wir in Hamburg für ein Spiel bekommen, natürlich auch sehr attraktiv.
Ab welchem Alter kann ich Schiedsrichter werden?
Der Deutsche Handballbund setzt die Altersgrenze für Schiedsrichter bei 16 Jahren. In den Landes- und Kreisverbänden kann davon jedoch abgewichen werden, sodass die Ausbildung bereits ab 14 Jahren absolviert werden kann. Vereinzelt kannst du sogar schon ab 12 Jahren einen Schein als Junior-Schiedsrichter erwerben.
Welche Voraussetzungen muss ich mitbringen?
In erster Linie: Lust auf die Aufgabe des Schiedsrichters! Erfahrung als aktiver Handballer ist für einen Schiedsrichter sicherlich hilfreich, aber keine Pflicht. Der Deutsche Handballbund schreibt zudem die Mitgliedschaft in einem Verein vor, der über seinen Landesverband dem DHB angehört sowie die "charakterliche und körperliche Eignung."
Wie läuft die Grundausbildung ab?
Die Grundausbildung umfasst 33 Lerneinheiten (LE) und besteht aus drei Theoriemodulen (Basiswissen, Aufbauwissen, Fachwissen) sowie drei Praxismodulen in der Halle. Die theoretische Ausbildung erfolgt ausschließlich im Selbststudium via E-Learning, die Praxiseinheiten werden als Präsenzunterricht in der Sporthalle durchgeführt. Die Kosten für die Ausbildung trägt in der Regel dein Verein.
Was für eine Prüfung muss ich bestehen?
Die Schiedsrichter-Ausbildung schließt mit einer theoretischen und einer praktischen Prüfung ab. Die theoretische Prüfung besteht aus einem Regeltest (Multiple-Choice-Fragen), im Praxisteil erfolgt ein erster Einsatz bei einem Trainingsspiel oder Turnier.
Wie viele Spiele muss ich im Monat pfeifen?
Eine feste Quote (Spiel/Monat) gibt es nicht. In einigen Landesverbänden ist lediglich festgelegt, wie viele ein Schiedsrichter pro Saison pfeifen muss, damit die Lizenz gültig bleibt bzw. man als aktiver Schiedsrichter für den Verein "gezählt" wird.
Muss ich alleine pfeifen oder kann ich - wie in der Bundesliga - im Gespann pfeifen?
Das kannst du entscheiden! Wenn du alleine pfeifen willst, ist das kein Problem - wenn du allerdings perspektivisch aufsteigen willst, brauchst du einen Gespannpartner, weil Spiele in höheren Ligen im Gespann gepfiffen werden.
Bekomme ich Geld, wenn ich ein Spiel pfeife?
Ja, für offizielle Saisonspiele gibt es eine Spielleitungsentschädigung. Die Höhe differenziert zwischen den verschiedenen Landes- und Kreisverbänden sowie den Ligen/Altersklassen.
Wenn du Handball spielst, frag am besten deinen Trainer - der wird dir den richtigen Ansprechpartner in deinem Verein nennen.
Wenn du Quereinsteiger bist, findest du auf der Webseite des Deutschen Handballbundes eine Übersicht über alle Landesverbände. Wähle den Landesverband deines Bundeslandes aus und kontaktiere den Schiedsrichterausschuss. Dieser kann dir die nächsten Ausbildungstermine nennen und/oder den zuständigen Kontakt auf Kreis- oder Bezirksebene vermitteln.
Hinweis: Dieser Beitrag stammt aus dem Sonderheft Schiedsrichter von Bock auf Handball (Erscheinungsdatum: 01. November 2023).
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