22.11.2024, 10:52
Der personelle Aderlass geht weiter
Vor einer Woche sahen sich die Eulen Ludwigshafen zu einer Stellungnahme genötigt, in der Cheftrainer Johannes Wohlrab über das Saisonende hinaus das Vertrauen ausgesprochen wurde. Dahinter steckt anscheinend ein grundsätzlicher Konflikt, der die Vereinsstrukturen nun auf den Kopf stellt.
"Yann Fürst, Dieter Mayer und Norbert Rühm, drei der fünf Gesellschafter der Eulen Ludwigshafen GmbH, möchten als Mehrheitsgesellschafter angesichts öffentlicher Diskussionen und Spekulationen über die Trainerposition deutlich machen, dass der Handball-Zweitligist vertragsgemäß mit Johannes Wohlrab als Trainer in die Saison 2025/26 geht", stellten die Eulen Ludwigshafen in einer Stellungnahme am 14. November klar (wir berichteten). Aber was war passiert?
Johannes Wohlrab kam im Sommer 2023 vom TV Hüttenberg zu den Eulen Ludwigshafen. Angestoßen hatte den Transfer Geschäftsführerin Lisa Heßler - das verrieten Yann Fürst und Dieter Mayer der Rheinpfalz. Für seinen neuen Trainer überwiesen die Eulen dabei eine Ablösesumme an den Ligakonkurrenten, doch bereits ab Herbst 2023 habe es Differenzen gegeben.
"Wir sind fünf Gesellschafter. Seit 2017 ein größerer Wechsel in der Gesellschafterzusammensetzung vollzogen wurde, hatten wir im Oktober des vergangenen Jahres erstmals einen Beschluss, der nicht einstimmig war. Alle fünf Gesellschafter zogen bis dahin immer an einem Strang. Es ist kein Geheimnis mehr, dass es zu Differenzen wegen der Vertragsverlängerung mit Johannes Wohlrab kam", erklärte Mayer der Rheinpfalz im Interview.
Für eine Verlängerung sprachen sich Fürst, Mayer und Ruhm, die im fünfköpfigen Gesellschaftergremium die Mehrheit haben, aus. Alle wollten Kontinuität auf der Trainerposition und hatten Vertrauen in Wohlrab. Das spaltete die gesamte Vereinsführung: "Es gibt aber seit Oktober 2023, als die besagte Abstimmung in der Trainerfrage war, keine Zusammenarbeit mehr", räumt Mayer ein.
Zurückgetreten sei aber noch niemand. Zumindest nicht von den Gesellschaftern, anderswo ist der personelle Aderlass enorm. Lisa Heßler verlässt den Verein zum Jahresende, die Eulen seien dadurch in einer "schwierigen Situation". Man lobte, die Geschäftsführung habe in den vergangenen sechs Jahren "sehr viel geleistet", hoffe auf eine geordnete Amtsübergabe und sei auf der Suche nach einem Nachfolger.
Einen Hehl machte die Geschäftsführerin aus ihren Motiven bei der Bekanntgabe übrigens nicht: "Unterschiedliche Ansichten in der Führung und weiteren Entwicklung des Klubs haben mich nach reiflicher Überlegung den Entschluss fassen lassen, mich beruflich neu zu orientieren, auch wenn noch unklar ist, wo die Reise ab Januar hinführt." Die Gesellschafter hätten hingegen gerne mit ihr weitergearbeitet, wie Mayer der Rheinpfalz im Interview bestätigte.
Am Donnerstag (21. November) gaben die Eulen nun in einer Pressemeldung bekannt, dass auch Julia Ost den Zweitligisten verlassen wird. Auch sie geht zum Jahresende - und galt als "rechte Hand" von Lisa Heßler. Diese Wortwahl hat der Verein selbst genutzt. In der Meldung wird betont, dass Ost einen "geordneten Übergang verspricht". Sie arbeitete als Leiterin Events, Marketing und Nachhaltigkeit. Fraglich sei indes auch, ob Margot Heßler das Ticketing weitermacht und der Geschäftsstelle erhalten bleibt.
Bereits gegangen ist Torwarttrainer Patrick Jahnke. Dieser setzte den Gesellschaftern die Pistole auf die Brust. Er "hat sich in einer Gesellschafterversammlung positioniert: Johannes Wohlrab oder ich", berichtet Mayer in der Rheinpfalz. Durch den Abgang Heßlers sei die Entwicklung des Torhüterkonzepts "nicht mehr umsetzbar", begründete Jahnke hingegen seinen Abgang in einer Pressemeldung.
Man kann sich die Stimmung im Verein vorstellen. Wie gut kann ein Trainer arbeiten, dessen Qualität so offen seit Monaten infrage gestellt wird? Wo sich so massiver Widerstand regt - im Trainerteam und auch in der Geschäftsstelle? Und woran genau zerschellen die beiden Fronten?
Sportlich sind die Eulen nicht so weit weg von den eigenen Zielen. In der Vorsaison - als das Thema Trennung den Aussagen zu Folge aufkam - stand Ludwigshafen nach zehn Spielen zum Ende des Oktobers mit 8:12 Punkten auf Rang 13. Danach steigerten sich die Eulen und holten am Ende der Saison den 8. Platz.
Nicht ganz zu Unrecht attestiert man dem Zweitligisten dennoch die Rolle als Wundertüte - aber wer ist das in der immer wieder mit überraschenden Ergebnissen aufwartenden 2. Liga nicht? In der laufenden Spielzeit stehen Ausrufezeichen wie die Siege gegen Elbflorenz und den BHC neben Niederlagen gegen Nordhorn oder Lübbecke. Tabellerisch bedeutet das Platz acht, mit einem Spiel mehr. Anscheinend nur genug, um drei der fünf Gesellschafter zu überzeugen.
mao