17.03.2024, 10:00
"Viel Selbstbewusstsein, keine Arroganz"
Constantin Möstl hat sich bei der Handball-EM ins Rampenlicht gespielt. Der 23-Jährige Torhüter ist die Nummer 1 zwischen den Pfosten bei Österreich, auch wenn er die Nummer 98 auf dem Trikot trägt. Ab dem Sommer spielt er in Lemgo - zuvor will er heute mit dem ÖHB-Team aber gegen Deutschland das Olympia-Ticket holen.
Constantin Möstl hat schon mit sieben Jahren bei Union Westwien angefangen und blieb dem Klub bis im letzten Jahr treu. Mit dem Hauptstadtklub konnte er auch den größten Erfolg seiner Karriere, die österreichische Meisterschaft feiern. Der Rückzug aus dem Profisport ließ ihn dann zum Alpla HC Hard wechseln.
Die Trikotnummer 98 habe keine spezielle Bedeutung. "Ich habe eine Liste der Nummern bekommen, die frei waren und da hatte mir keine gefallen. Dann wollte ich eine hohe Nummer", erklärt der Keeper gegenüber handball-world: "In der Jugend habe ich mit der 1 gespielt, im Verein früher hatte ich immer die 3, die war aber bei meinem Wechsel nach Hard nicht frei. Wenn ich woanders hingehe, hole ich mir vielleicht wieder die 1."
"Bei der EM gibt's richtig viele gute Torhüter. Man sieht Torhüter, die man so vielleicht nicht auf dem Schirm hatte - wie der Torwart von Österreich, der eine sehr gute EM spielt", hat sich auch Constantin Möstl schon in den Fokus von Frankreichs Kentin Mahe gespielt.
Auch DHB-Keeper Andreas Wolff erklärte vor dem direkten Duell nach dem Start der Hauptrunde in Köln: "Ich hab ihn heute zum ersten Mal gesehen. Er scheint ein sehr gutes Zusammenspiel mit seiner Abwehr zu haben. Er scheint sehr explosiv zu sein und ist sehr emotional."
Sein Länderspieldebüt feierte er am 17. März 2022 gegen Estland, gegen Deutschland vertrat er zum 22. Mal die Farben seines Landes vertreten. Bei der Handball-EM konnte der Keeper zuvor 59 Paraden zeigen, mehr als jeden dritten Ball abwehren - gegen Deutschland gewann Möstl das Duell gegen Wolff, mit siebzehn Paraden entnervte er das DHB-Team. Mit 81 Paraden landete er am Ende auf den zweiten Platz - lag zwischen Andreas Wolff und Emil Nielsen, die beide allerdings zwei Spiele mehr bestritten.
Constantin Möstl wurde bei der Handball-EM viermal zum Player of the Match gewählt - dreimal davon in der Hauptrunde und auch im Spiel gegen Deutschland. "Das ist nur die Kirsche auf der Sahnetorte", so der Schlussmann bescheiden zu individuellen Auszeichnungen. Er betont: "Es freut mich einfach riesig, dass ich bei meinem ersten Großereignis so gut halte. Es darf sich aber gerne um die ganze Mannschaft drehen und nicht nur um mich."
"Er wird sicher bald 1. Handball-Bundesliga in Deutschland spielen, nach dieser EM", war auch ORF-Experte Conrad Wilczynski schon während der EM überzeugt, der den Keeper schon seit Kindestagen kennt. Auch Constantin Möstl bestätigte gegenüber handball-world, dass die deutsche Beletage ein Ziel für ihn sein soll. "Das ist natürlich ein Traum von mir. Ob es dann schon nächste Saison ist, das werden wir mit Sicherheit dann nach der EM erfahren." Wenig später stellte ihn der TBV Lemgo Lippe als Zugang vor.
Constantin Möstl ist übrigens genetisch vorbelastet, schon sein Vater Werner Möstl hütete lange Jahre bei der ÖHB-Auswahl das Tor - die Legende von West Wien bildete über Jahre mit Ewald Humenberger ein starkes Gespann, das gehörigen Anteil an der Qualifikation für die WM 1993 hatte. Nach über 100 Länderspielen war im Nationalteam Schluss, im Verein folgte das Karriereende erst 2006. Es folgten Comebacks und so 2008 der dritte Sieg im ÖHB-Cup, damals war Sohn Constantin Möstl acht Jahre alt und spielte noch im Feld.
"Als ich 2011 nach Westwien gekommen bin, da war Constantin mit 10 Jahren schon ein Riesennachwuchstalent. Er wollte aber damals noch im Rückraum spielen, die Trainer haben ihn dann aber vom Tor überzeugt, weil sie sein Talent gesehen haben", erläuterte der frühere selbst lange Jahre in der Handball Bundesliga aktive Wilczynski.
Constantin Möstl bestätigt diese Anekdote. "Bis ich 15, 16 war, habe ich auch im Rückraum gespielt. Mein Jugendnationaltrainer ist zu mir gekommen und hat mir praktisch die Entscheidung abgenommen. Der Rest ist Geschichte. Als Feldspieler wäre ich mit Sicherheit nicht hier."
"Er war 2011 bei mir in dem Handballcamp und diese Entwicklung mit zu begleiten und mit zu gestalten, das ist was Großes. Er ist für mich eine klassische Nummer eins und das auch für viele Jahre", so der frühere Torschützenkönig der Handball-Bundesliga und betont: "Er ist einfach ein Typ. Er kann die Halle und die Mannschaft mitreißen. Er hat spektakuläre Paraden und einfach eine überragende Entwicklung genommen."
"Wir spielen mit so viel Herz, mit so viel Engagement. Da ist es auch egal, ob es Island, Deutschland, Frankreich oder Ungarn ist. Wir denken ans Gewinnen - warum nicht?", sagte Constantin Möstl bereits bei der Handball-EM. Angst vor großen Namen gibt es auch in der Olympia-Quali nicht - gegen Kroatien führte Österreich lange Zeit, gegen Algerien holte sich das Team souverän den Matchball gegen Deutschland - und will diesen nun nutzen.
"Er hat ein starkes Selbstbewusstsein, aber keine Arroganz. Er weiß, wann er welche Emotionen reinbringen muss. Deshalb ist er für jede Mannschaft wertvoll", ist Conny Wilczynski überzeugt. ÖHB-Sportdirektor Patrick Fölser nannte die Leistung des Schlussmanns gegen Deutschland mit 17/1 Paraden unterdessen "außerirdisch". Auf einen außerirdischen Constantin Möstl hofft Österreich auch heute im Kampf um das Ticket nach Olympia.
Christian Stein