18.10.2024, 06:00
Zweite Welle - Deine Handball-Kolumne
Seit acht Jahren gibt es die Blaue Karte. Erst elf Mal wurde sie in der Bundesliga gezückt, zuletzt am vergangenen Wochenende gegen den Göppinger Oskar Sunnefeldt - zudem gestern in der Champions League gegen die Füchse Berlin. Aber was hat es damit eigentlich auf sich?
Eine Kolumne von Daniel Duhr
Die Blaue Karte sieht man im Handball ungefähr so oft wie den Außenspieler. Also äußerst selten. Seit ihrer Einführung 2016 in der Bundesliga erst wohldosierte elf Mal. Aber in diesen Tagen wird sie fast schon inflationär benutzt. Erst am vergangenen Wochenende gegen den Göppinger Oskar Sunnefeldt, und dann gestern auch noch in der Champions League gegen Mijajlo Marsenic von den Füchsen Berlin.
Aber weil sie trotz allem immer noch relativ selten vorkommt, wird sie jedes Mal aufs Neue zum munteren Diskussionsthema. War sie gerechtfertigt oder nicht? Hätte es nicht auch eine andere Farbe getan? Außerdem immer mit dabei: Wann genau gibt es denn eigentlich die Blaue Karte? Und was bedeutet sie eigentlich?
Die Blaue Karte ist die letzte Stufe der Progression, das schärfste Messer, das der Schiedsrichter aus seiner Bestrafungsschublade ziehen kann. Und gleichzeitig das klarste Signal, dass hier eine ganz besonders schwerwiegende Regelverletzung stattgefunden hat. Aber braucht man die Blaue Karte überhaupt? War der Handball nicht mit mündlicher Ermahnung, Gelber Karte, Zwei Minuten, Roter Karte und Roter Karte mit Bericht ausreichend besetzt auf der Bestrafer-Position?
Der Farbpalette sind im Sport kaum Grenzen gesetzt. Es gibt die Grüne Karte im Hockey, die Weiße Karte im Bandy, sogar eine Schwarze Karte im Badminton. Andere Sportarten, andere Sitten. Blau steht in der Farblehre auch für Ferne. Wie passend. "Bitte verlasse jetzt das Spielfeld. Auf die Tribüne, weit weg mit Dir!" Für seine beruhigende Wirkung. Die wiederum tritt in der Regel eher nicht ein bei den Beteiligten. Und für Klarheit. Und genau das ist der Punkt, warum dieses Hilfsmittel den Schiedsrichtern überhaupt an die Hand gegeben wurde.
Früher lag es im Ermessensspielraum des Schiedsrichters, ob er eine gezeigte Rote Karte noch mit einem Bericht und damit gegebenenfalls weiteren Strafen anfüttern wollte. Unklarheiten, besonders auch in den unteren Ligen, waren die Folge. Einmal verzichtete der Schiedsrichter großmütig auf einen Bericht, ein anderes Mal wurden die Vereine im Anschluss an die Partie von einem eingeleiteten Verfahren gegen den betroffenen Spieler überrascht.
Manchmal sogar so sehr überrascht, dass sie den gesperrten Spieler in der nächsten Partie unwissend einsetzten und damit das Spiel verloren. Und auch die Zuschauer blieben oft im Unklaren, ob die gezeigte Rote Karte weitere Konsequenzen nach sich ziehen würde. All das trug nicht zu einer klaren, transparenten und damit angenehmen Atmosphäre bei.
So beschloss der Handball-Weltverband die Einführung der Blauen Karte, die als Ergänzung zur Roten Karte gezeigt werden kann. Der ebenfalls noch bis 2016 gezeigte Spielausschluss - jene entwürdigende Geste, bei der der Schiedsrichter den Übeltäter mit zwei stabil gekreuzten Armen einfach aus dem Spiel x-te - wurde in einem Abwasch mit Einführung der Blauen Karte abgeschafft. Zu groß war der Einfluss aufs gesamte Spiel, da bei einem Ausschluss nicht wieder aufgefüllt werden durfte.
Insgesamt herrscht durch die Blaue Karte mehr Transparenz, das ist gut. Dass sie so selten zum Einsatz kommt, ist auch gut. Schließlich wollen wir alle tollen Handballsport sehen, spielen und pfeifen. Und keine grob unsportlichen Verstöße. Und wenn dann doch mal ein Spieler mit einem Eingriff in die Familienplanung - siehe Sunnefeldt - oder Vergleichbarem kurzzeitig entgleist, sieht er sofort Blau. Damit Klarheit herrscht und nicht erst im Nachhinein jemand sein blaues Wunder erleben muss.
In Zweite Welle schreibt Bestseller-Autor Daniel Duhr regelmäßig über aktuelle Handballthemen auf und neben der Platte. Und lädt Euch damit zur Diskussion ein. Welchen Standpunkt vertretet Ihr? Wir freuen uns auf Eure Meinungen!
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