01.08.2024, 22:48
Chancen trotz dritter Niederlage weiter intakt
Die Olympia-Rechnung für die Handball-Frauen aus Deutschland war einfach: Südkorea und Slowenien schlagen, damit das Ticket ins Viertelfinale sichern und mit Punkten gegen Schweden, Dänemark und Norwegen die Platzierung in der Gruppe und somit die Ausgangslage verbessern. Doch nach dem ersten Spiel war diese Rechnung durchkreuzt. Schützenhilfe und ein Sieg gegen Slowenien korrigierten diese aber nun - trotz der Niederlage gegen Dänemark am Donnerstag.
Deutschland musste sich zum Auftakt der Vorrunde des Handball-Turniers der Frauen bei Olympia gegen Südkorea geschlagen geben, die eigentlich einfache Rechnung mit Siegen gegen Südkorea und Slowenien das Viertelfinale zu buchen und dann mit Bonuspunkten eventuell die Ausgangslage noch zu verbessern, war bereits nach dem ersten Spiel durchkreuzt. Entsprechend niedergeschlagen waren die DHB-Frauen.
Emily Bölk schüttelte immer wieder den Kopf, bei Antje Döll flossen nach dem verpatzten Olympia-Comeback sogar die Tränen. "Es ist enttäuschend, das war zu wenig", sagte Döll nach dem 22:23 (10:11) gegen Asienmeister Südkorea mit brüchiger Stimme. Statt Rückenwind für die Medaillenmission in Frankreich aufzunehmen, erlebten Deutschlands Handballerinnen beim Start in die Sommerspiele eine böse Überraschung.
Slowenien startete derweil mit einem 19:27 gegen Dänemark, das wie Norwegen und Schweden zu den Gruppenfavoriten zählt. Schweden besiegte zum Auftakt Rekordeuropameister Norwegen mit 32:28 und legte dann gegen Deutschland ein 31:28 nach. Slowenien zeigte am Sonntag eine Reaktion, mit dem 30:23 über Südkorea holte das Team die ersten Pluspunkte und meldete zurück im Rennen um das Viertelfinale.
Am Dienstag traf das Team um Topstar Ana Gros um 9 Uhr auf die Handballerinnen aus Deutschland, die als einzige in der Gruppe noch ohne Pluspunkte waren. Bundestrainer Markus Gaugisch sprach von einem "Achtelfinale", denn bei einer Niederlage wäre die Chance auf das Viertelfinale nur noch theoretischer Natur, bei einem Sieg - insbesondere bei einem mit fünf Toren Differenz - wäre das DHB-Team aber wieder Kurs. Und dies gelang. Die Rechnung geht somit wieder auf - auch dank der Schützenhilfe des Nord-Trios in der Gruppe.
Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Szenarien: Eines mit Bonuspunkten von Slowenien, Südkorea oder Deutschland gegen die drei Gruppenfavoriten und eines, in denen die drei Teams ihre Partien gegen Dänemark, Schweden und Norwegen allesamt verlieren.
Der slowenische 30:23-Sieg über Südkorea hat die Gruppe wieder offen gestaltet und für das Szenario ohne Bonuspunkte eine wichtige Weiche gestellt. Slowenien hätte mit einem Sieg gegen Deutschland auf vier Punkte stellen können, doch der deutsche 41:22-Erfolg sorgte nun dafür, dass alle drei Teams bei 2 Pluspunkten stehen - und ohne Überraschungen gegen die Topteams am Ende bei 2:8 Punkten landen.
Ein Dreiervergleich wäre, ohne Bonuspunkte gegen das Nord-Trio, die Folge und würde über die Plätze vier bis sechs und somit das Weiterkommen entscheiden. Für diesen würde mit den gegeneinander erzielten Ergebnissen eine eigene Tabelle gebildet, in dieser hätte in diesem Szenario jedes Team einen Sieg und eine Niederlage, die Tordifferenz würde entscheiden.
Südkorea hat nach dem 23:22 gegen Deutschland und dem 23:30 gegen Slowenien eine Tordifferenz von -6. Slowenien stand vor dem Duell gegen Deutschland in diesem Dreiervergleich bei einer Tordifferenz von +7, Deutschland bei -1. Das bedeutete: Deutschland brauchte einen Erfolg mit fünf Toren Differenz.
Und die DHB-Frauen lieferten: Mit dem deutlichen 41:22 schob sich Deutschland souverän mit einer Tordifferenz von +18 an die Spitze, beförderte sogar Südkorea (-6) auf Rang 2 und Slowenien (-12) ans Tabellenende. Sofern es keine Bonuspunkte für eines der drei Teams gibt, wäre Deutschland damit Gruppenvierter und im Viertelfinale.
Bislang läuft nach vier Spieltagen alles auf dieses Szenario hinaus, denn Südkorea unterlag Schweden (21:27) und Deutschland hauchdünn gegen Dänemark (27:28). Slowenien mühte sich, blieb beim 22:29 gegen Norwegen aber auch ohne Bonuspunkt. Der favorisierte Europameister folgte mit dem Sieg Schweden und Dänemark ins Viertelfinale.
Am letzten Spieltag warten Fernduelle, Slowenien muss gegen Schweden vorlegen, dann kommt Deutschland gegen Norwegen und Dänemark gegen Südkorea. Halten sich Schweden und Norwegen schadlos, dann kann Dänemark aber auch nicht mehr Rang 3 verlassen.
Der Dreiervergleich ist allerdings nur möglich, wenn weder Südkorea noch Slowenien oder Deutschland Bonuspunkte gegen die drei Topteams Schweden, Dänemark und Norwegen holen. Ein Unentschieden würde die obige Rechnung bereits obsolet machen.
Deutschland hätte beispielsweise mit einem Sieg gegen Schweden die Tür ins Viertelfinale bereits vor dem Duell mit Slowenien aufstoßen können und sich sogar im Rennen um eine bessere Platzierung in der Gruppe und somit eine günstigere Ausgangslage für das Viertelfinale zurückmelden können. Doch es setzte, nach einem 12:19 zur Pause, eine 28:31-Niederlage. Gegen Dänemark verpasste man erst wenige Sekunden vor dem Ende einen Zähler, musste sich hauchdünn mit 27:28 geschlagen geben.
Klar ist auch, nach den Niederlagen gegen Schweden und Dänemark würde ein Bonuspunkt der Konkurrenz die DHB-Frauen unter Druck setzen - und das trotz des deutlichen Erfolgs gegen Slowenien. Dann hätte einer der Konkurrenten drei oder vier Punkte - und Deutschland müsste nachziehen. Sollte dies Südkorea gelingen, dann bräuchte Deutschland aufgrund des verlorenen Direktvergleichs einen Punkt mehr, gegen Slowenien würde Punktgleichheit reichen.
Mit Norwegen wartet zum Ende der Gruppenphase der aktuelle Europameister und Vizeweltmeister. In dieser Partie sind die DHB-Frauen wie schon zuvor gegen den WM-Vierten Schweden und Vizeeuropameister und WM-Dritten Dänemark in der Außenseiterrolle. Mit Schützenhilfe von Schweden gegen Slowenien ginge nach dem deutschen Spiel der bange Blick in Richtung Dänemark, das eventuell bereits vor dem Anwurf des abschließenden Duells gegen Korea als Tabellendritter feststehen könnte.
2008 waren die DHB-Frauen übrigens mit einem Sieg in ihr letztes Olympia-Turnier gestartet, hatten dann aber die verbleibenden vier Partien allesamt verloren, die letzten drei gegen Ungarn, Schweden und Russland mit nur einem Tor. Diesmal gab es erneut zwei Niederlagen mit einem Tor und bislang nur einen Sieg, das Viertelfinale ist aber dennoch möglich.
In der K.O.-Runde, die in Lille ausgetragen wird, spielt der Tabellenvierte der deutschen Gruppe A gegen Frankreich, das bereits als Gruppensieger feststeht. Rang 2 kämpfen Ungarn und die Niederlande im direkten Duell aus. Sollten die Ungarinnen verlieren, dann könnte Angola im direkten Duell mit Verfolger Brasilien noch auf Rang 3 vorstoßen.
Der Afrikameister muss aber insgesamt dreizehn Tore in der Tordifferenz gegenüber den Magyarinnen aufholen - der direkte Vergleich bringt aufgrund des Unentschiedens keine Entscheidung. Bei einer Niederlage wäre Angola mit drei Pluspunkten hingegen ausgeschieden, Brasilien würde die K.o.-Runde erreichen.
chs