24.03.2024, 17:30
Erster Kempa-Treffer fiel 1954 gegen Schweden
Bernhard Kempa war schon zu Lebzeiten eine Legende, feierte als Spieler und Trainer zahlreiche Erfolge im Handball - er hätte Welthandballer und Welttrainer sein müssen, aber diese Auszeichnungen sind erst weit nach seiner aktiven Zeit geschaffen worden. Sein Meisterstück in Sachen Spielwitz war die Erfindung des Kempa-Tricks - dessen Uraufführung in einem Spiel jährt sich heute zum 70. Mal.
Die Geschichte dieses Tricks beginnt im Training von Frisch Auf Göppingen, das entnahm Bernhard Kempa seinem "Grünen Ordner", in dem er alle wichtigen Etappen seiner Sportler-Biografie aufbewahrte. "Ein Anspieler hebt den Ball über die Abwehr, sein Mitspieler springt möglichst hoch in den Wurfkreis, fängt den Ball noch im Flug und wirft ein Tor", notierte er.
"Das mit dem Trick war für ihn schon sensationell, er hat immer mit Begeisterung darüber gesprochen", erzählt sein Sohn anlässlich seines 100. Geburtstags. "Er ist damit ja quasi unsterblich geworden." Und dieser Trick gehört längst zum Repertoire jedes Topteams im Handball, er findet sich in jeder Zusammenfassung der schönsten Treffer eines Turniers oder einer Liga.
Im Gespräch mit Volker Schneller, der von Generation um Kempa inspiriert und selbst Feldhandballweltmeister wurde, erläuterte Bernhard Kempa vor Jahrzehnten bei einem Lehrgang: "Ich hatte wegen der meist riesigen Abwehrmauer der Gegner Probleme unseren Fritz Jarosch (gerade mal 1,70 m groß) am Kreis anzuspielen, und so machten wir aus einem Zufallsprodukt im Training eine erfolgreiche Abschlussvariante."
Schneller erinnert sich an seine Schilderungen: "Ein Pass von Kempa war im Training bei einem Gegner hängengeblieben und auf den Boden im Kreis aufgesprungen. Jarosch sprang hinterher, fing den prellenden Ball und warf aufs Tor. Diese Variante wurde im Nachgang verfeinert, indem der Ballkontakt des Gegners einfach ausgespart wurde. Das soll der tatsächliche Ursprung des Kempa-Tricks gewesen sein, auch wenn noch andere Versionen kursieren."
» Erinnerungen von Volker Schneller an Bernhard Kempa
In seiner Autobiografie "Ball ist Trumpf" schrieb Kempa: "Wir haben bei Frisch Auf in Göppingen im Training immer viel ausprobiert. Mal dies, mal das. Auch das Training sollte Spaß machen. Und bei solchen spaßigen Übungen erfand ich den Trick." Weil die ganze Aktion in der Luft passierte, ist der Kempa-Trick auch als "Flieger" bekannt, in Deutschland aber ist es der "Kempa".
Das erste Mal vorgeführt wurde dieser Trick am 24. März 1954 in Karlsruhe, im inoffiziellen Länderspiel gegen Schweden. "Beim ersten Mal klappte es nicht, weil ich die Größe der schwedischen Spieler falsch eingeschätzt hatte", erzählt Kempa im Buch "Monsieur Handball", das 2007 sein Leben würdigte.
Das Spiel in der Schwarzwald-Halle in Karlsruhe gegen den damals amtierenden Hallen-Weltmeister im Handball endete übrigens mit einem 10:10. Und der zweite Versuch des Kempa-Trick gelang - und sorgte dem Vernehmen nach bei den Schweden erst für Überraschung und dann für Anerkennung.
"Bernhard auf diesen Trick zu reduzieren, verbietet sich. Eine Legende wird man nicht nur durch die Erfindung eines Tricks. Bernhard war - und das meine ich mit dem größtmöglichen Respekt - ein Filou. Ein Künstler. Und eine Leitfigur", fügt Volker Schneller allerdings an. Uwe Schwenker unterstrich: "Wir verdanken Bernhard Kempa große Momente im Sport, die weit über den Kempa-Trick hinaus reichen." Und Bob Hanning befand: "Er ist ein Idol für Generationen."
cie, red