23.04.2024, 17:42
Drei Trainer-Entlassungen in sieben Tagen
In gerade mal sieben Tagen werden in der Handball-Bundesliga drei Trainer beurlaubt - so schnell ist selbst der Fußball kaum. Den Abstiegskandidaten HC Erlangen, HBW Balingen-Weilstetten und Bergischer HC liegen offenbar die Nerven blank. Wie könnte man diese Entwicklung sonst erklären?
Ein Kommentar von Sebastian Mühlenhof
Drei Trainer innerhalb von sieben Tagen. Die Handball-Bundesliga befindet sich in der Endphase der Saison, es geht um Punkte im Kampf um Meisterschaft, Europa und Klassenerhalt. Alles sehr wichtig, klar. Aber bei einigen Vereinen im Tabellenkeller liegen gerade offenbar die Nerven blank.
In der vergangenen Woche entließ zuerst der Bergische HC Jamal Naji, nachdem der Club erst wenige Tage vorher seinem (Ex-)Trainer noch die Treue bis Saisonende geschworen hatte. Sechs Tage später musste dann auch Balingens Jens Bürkle gehen, obwohl sein Abschied im Sommer bereits besiegelt war.
Doch damit nicht genug: Am Dienstag folgte der HC Erlangen dem Beispiel seiner Abstiegsrivalen und stellte Hartmut Mayerhoffer frei. Er ist das jüngste Opfer einer Entwicklung, die Fragen aufwirft.
In der Vergangenheit kam es immer wieder vor, dass Vereine trotz eines Abstiegs an ihrem Trainer festgehalten haben. Oder sie haben ihn zumindest nicht während einer schwierigen Saisonphase entlassen.
Während in der Fußball-Bundesliga wohl nur Frank Schmidt vom 1. FC Heidenheim oder Christian Streich beim SC Freiburg auf eine ähnliche Rückendeckung ihrer Arbeitgeber zählen können, schien diese im Handball ganz normal zu sein. Eigentlich.
Denn nun scheint die "Hire-and-Fire-Mentalität" aus dem Fußball vermehrt Einzug in den Handball zu halten. Steht der Verbleib in der ersten Liga auf der Kippe, muss ein neuer Mann auf die Trainerbank geholt werden. Hektik statt Ruhe. Die vergangenen sieben Tage belegen diese These.
Vor allem mit Blick auf den HC Erlangen darf man sich die Frage stellen, ob der Klub nicht eigentlich schlauer sein müsste. Eine langfristige Planung sucht man beim HCE gerade jedenfalls vergeblich.
Nach vier Trainerwechseln in vier Jahren war Mayerhoffer erst im Sommer gekommen und sollte endlich für Konstanz sorgen. Noch Anfang März hatte Erlangen-Geschäftsführer Rene Selke bei handball-world die gute Chemie zwischen Mannschaft und Trainer gelobt.
Doch jetzt trat bei Selke und Co. offenbar ein schneller Sinneswandel ein. Nun spricht er davon, dass "die negative Entwicklung der letzten Wochen" dem Klub "keine andere Wahl" gelassen habe - Worte, die sehr an Trainer-Entlassungen im Fußball erinnern. Dort wird kurzfristiger Erfolg schon lange wichtiger als Nachhaltigkeit bewertet.
Und jetzt hoffen also auch die drei abstiegsgefährdeten Klubs der Handball-Bundesliga auf einen positiven Effekt, an den man angesichts des sehr späten Zeitpunkts nur schwer glauben kann. Gerade mal fünf Spiele stehen noch an. Vor allem Balingen hat kaum noch Chancen auf den Klassenverbleib. Aber offenbar liegen nicht nur im Südwesten gerade die Nerven blank.
Sebastian Mühlenhof