25.12.2024, 17:00
"Das Niveau war früher höher"
Mit 80 Jahren startete Susi Meerkamp im September in ihre 63. Saison. Kaugummi, Ehrgeiz und ein Fallwurf aus dem Bilderbuch inklusive. Wie schafft es die Rentnerin und offizielle Weltrekordhalterin, sich immer wieder zu motivieren? Bock auf Handball hat sie besucht.
Gegnerinnen, die ihre Töchter sein könnten? Wohl eher Enkelinnen oder gar Urenkelinnen: Als Susi Meerkamp mit dem Handball angefangen hat, waren die Bälle noch aus Leder. Handgenäht. Und gespielt wurde draußen auf dem Feld, elf gegen elf.
Am 22. September startete die Rentnerin in ihre 63. Saison. Mit dem Handball von damals hat das nicht mehr viel zu tun - aber ihr Ehrgeiz und ihre Freude am Spiel sind immer noch genauso so groß, wie sie in unserem Print-Magazins Bock auf Handball verraten hat.
Mit unglaublichen 80 Jahren spielt Josefine "Susi" Meerkamp noch immer Handball. Sie kann es nicht lassen - und sie will es vor allem nicht lassen. Wieso auch? Schließlich ist sie fitter als viele 60-Jährige. Und ehrgeiziger als manche 18-Jährige.
Susi hat Generationen von Spielerinnen kommen und gehen sehen. Aber sie blieb. "Es hat sich schon vieles geändert. Da ist der Wechsel vom Feld in die Halle, ja. Aber auch das Niveau war früher höher. Die Spielerinnen haben mehr Einsatz gezeigt."
Geboren am 5. Juli 1944 in Adenau in der Eifel, hatte Susi Meerkamp die ersten 16 Jahre ihres Lebens mit Handball nichts zu tun. Erst zur Lehre kam sie über ihre Tante ins Bergische Land. Nach Solingen, in die Klingenstadt. In die Handballstadt. "Ich habe hier ein Schild hängen sehen, darauf stand: 'Handball-Mädels gesucht'. Ja, hier bin ich, dachte ich mir."
"Hier", das war der VfL Wald, ihr erster Verein vor über sechs Jahrzehnten. Über den Merscheider TV, mit dem sie in die Oberliga aufstieg - der größte Erfolg ihrer langen Laufbahn - ging es zur DJK Vogelsang, dem SSC 95/98 und dem Wald-Merscheider Turnverein (WMTV). Dem hält sie bis heute die Treue.
In der dritten Mannschaft ist Susi die Dienstälteste. "Aber sie will keine Sonderbehandlung - im Gegenteil. Sie gibt immer alles und ist immer noch mit Ehrgeiz und Herzblut dabei", sagt Birgit Renninger, mit der sie seit über 30 Jahren zusammenspielt. Und mit der sie seit über 30 Jahren auf Mannschaftsfahrt fährt. Auch die darf nämlich in keiner Saison fehlen.
Zeit ihres Handball-Lebens ist Susi Meerkamp immer sehr gesellig unterwegs gewesen. Und sehr beliebt. Ob das auch an ihren ausgeübten Berufen liegen könnte? Susi muss lachen. "Kann sein, dass das nicht von Nachteil war, ich habe immer auch mal was Leckeres mitgebracht", so die gelernte Metzgerin, die später neben ihrer Tätigkeit in der Metzgerei auch noch in einem Getränkemarkt gearbeitet hat.
Neben Grillwürstchen und Getränken gab es von Susi vor allem sportlich Unterstützung. Auf dem Feld hat sie den Mannschaften, in denen sie gespielt hat, immer geholfen. Viele Jahre lang als sichere Siebenmeterschützin. Und all die Jahre als durchsetzungsstarke Kreisläuferin. Wieso ausgerechnet am Kreis? "Am Kreis bin ich einfach zuhause, da kann ich meinen Körper einsetzen und mich durch die Deckung wühlen!"
Für ihre vielen Tore bediente sich die Nummer zwei, die sie die meiste Zeit auf dem Trikot trug, ihres auch heute noch bilderbuchartigen Fallwurfs. "Das ist mein Paradewurf. Manchmal auch der Schleuderwurf. Und fast immer nach unten." Dass sie den Fallwurf noch drauf hat, zeigt sie kurzerhand im Sand. Die auf dem Beachfeld parallel trainierende C-Jugend schaut beeindruckt zu. So einen Fallwurf sucht man dort vergebens. Lea Wupper (14) und Merle Jansen (12) sind begeistert: "Das ist richtig cool. Sie ist noch so fit - das ist sehr besonders!"
Richtig verletzt war Susi Meerkamp in ihrer langen Handballkarriere nur ein mal: 2015 brach sich die Kreisläuferin mit damals 71 Jahren beim Spiel das Sprunggelenk. Der Schock war groß - allerdings nur bei den Mitspielerinnen. "Susi, können wir Dir irgendwie helfen, bis der Krankenwagen da ist?" Susis trockene Antwort: "Ja, könnt Ihr. Mit einer Kippe und einem Bier." Sechs Monate später stand sie wieder auf der Platte.
Aus Handballmannschaften entstehen Freundschaften. Heute sieht Susi ihre Freundinnen mindestens einmal, oft zweimal die Woche: mittwochs zum Training und am Wochenende zum Spiel. Das Markenzeichen der Ballpumpenwartin: ein Kaugummi während des Spiels. Ähnlich zäh klebt sie auch an ihren Gegenspielerinnen.
"Sie kann immer noch gut zupacken und stellt uns die Sperren, die wir brauchen", lobt Birgit. Und Susi betont: "In der Deckung geht mir auch heute noch keiner durch!" Ihr persönliches Ziel ist es, möglichst oft und noch möglichst lange dabei zu sein.
Ihren Eintrag ins Guinness-Buch hat Susi Meerkamp schon sicher: 2020 wurde sie mit damals 75 Jahren und 302 Tagen offiziell als älteste Handball- spielerin der Welt ins Guinness-Buch der Rekorde eingetragen.
Zur besonderen Freude von Daniel Konrad, Pressesprecher, selbst Trainer und die gute Seele des WMTV. "Natürlich sind wir unglaublich stolz auf unsere Susi. Wegen ihrer sportlichen, vor allem aber auch wegen ihrer menschlichen Werte ist sie für viele bei uns auch ein tolles Vorbild."
Auch Susi selbst hat sich natürlich gefreut über den Eintrag ins Guinness-Buch. Mindestens genauso freut sie sich aber Woche für Woche, wenn sie sich wieder in die Torschützenliste eingetragen hat. Und auch da dürfte sie - wenngleich nicht lückenlos dokumentiert - sicher zu den Rekordhalterinnen rund um Solingen gehören.
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Zudem haben wir mit Patrick Wiencek über sein Hobby an der Angel, mit Kentin Mahé über seine Rückkehr nach Gummersbach und mit Tobias Reichmann über seine Premiere in Berlin gesprochen. Eine ganz besondere Geschichte ist mit Sicherheit auch der Besuch bei Susi Meerkamp, die mit 80 Jahren die älteste aktive Handballerin ist. "Viel Spaß beim Lesen", so das Team von Bock auf Handball.
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- Magnus Saugstrup: Der Stratege am Kreis vom SC Magdeburg
- Susi Meerkamp: Die älteste Handballerin der Welt
- Elias Ellefsen á Skipagøtu: Der Mutmacher einer ganzen Nation
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