16.12.2023, 15:56
Die Gründe für die Anwendung:
Seit Saisonbeginn kommt der Videobeweis in der 1. Handball-Bundesliga zum Einsatz. Das technische Hilfsmittel darf - anders als im Fußball - ausschließlich von den beiden am Spiel beteiligten Schiedsrichtern angewendet werden. Ein Überblick.
Die 1. Handball-Bundesliga vertraut für ihren Videobeweis auf die grundlegenden internationalen Regularien, die beispielsweise bei Welt- und Europameisterschaften oder dem Finalturnier der EHF Champions League zum Einsatz kommen.
Der wichtigste Grundsatz: Nur die beiden Schiedsrichter dürfen über den Einsatz des Videobeweises entscheiden. Eine Coach's Challenge gibt es nicht; auch der Delegierte (die Spielaufsicht) darf die Anwendung nicht fordern.
Wollen die beiden Schiedsrichter den Videobeweis zu Rate ziehen, unterbrechen sie das Spiel (die Spielzeit wird angehalten) und zeigen mit dem entsprechenden Handzeichen an, dass sie eine Situation am Bildschirm überprüfen wollen.
Die Bilder stellt der so genannte Operator des Heimvereins zur Verfügung, der die beiden Schiedsrichter unterstützen soll. Eine eigenständige Bedienung des Bildschirms - wie sie die Schiedsrichter in der EHF Champions League vornehmen müssen - ist in der Handball Bundesliga nicht notwendig.
Die Bewertung der Bilder obliegt aber einzig den beiden Unparteiischen. Ist das Bildmaterial nicht aussagekräftig, so treffen die Schiedsrichter eine Entscheidung auf Grundlage dessen, was sie beobachten konnten. Es ist für die Schiedsrichter nicht möglich, jede beliebige Situation zu checken - die Kriterien für den Einsatz des Videobeweises sind klar definiert:
Tor oder kein Tor: zur Bestimmung, ob die Spielzeit abgelaufen oder das Spiel unterbrochen wurde, bevor der Ball die Torlinie vollständig überquert hat | |
Schwerwiegende und unfaire Aktionen: Situationen ohne Ball, die außerhalb des Blickfeldes der Schiedsrichter passieren | |
Konflikte auf dem Spielfeld: Konfrontationen zwischen zwei (oder mehr) Spielern und die Schiedsrichter haben Zweifel daran, welche(r) Spieler zu bestrafen ist | |
Simulation: Wenn die Schiedsrichter ernsthafte Zweifel daran haben, ob ein Spieler progressiv bestraft werden sollte oder wenn ein Spieler versucht, die Schiedsrichter durch Simulation zu täuschen | |
Wenn die Schiedsrichter ernsthafte Zweifel daran haben, ob eine 2-Minuten-Strafe oder eine Disqualifikation auszusprechen ist | |
Den Spielausgang verändernde Situationen in den letzten 30 Sekunden (gilt auch für Verlängerung): Wenn die Schiedsrichter ernsthafte Zweifel an einer 7-m-Entscheidung oder einem technischen Fehler eines Spielers haben, der ein Tor erzielt | |
Sonstiges: Im Falle einer Entscheidung, die einen Protest (Einspruch) nach sich ziehen kann |
Ein großer Unterschied im Vergleich zu den internationalen Turnieren sowie dem Finalturnier um den DHB-Pokal: In der 1. Handball-Bundesliga gibt es keine Torlinienkamera. Daher ist eine Überprüfung, ob der Ball hinter der Linie war oder nicht, nicht möglich.
"Wir überprüfen nur die Situationen, bei denen wir eine Chance haben, dass die gelieferten Bilder uns weiterhelfen", erklärte Schiedsrichter-Chefin Jutta Ehrmann-Wolf vor Saisonstart. "Daher haben wir beispielsweise die Wechsel- oder Buzzerfehler und die Entscheidung, ob der Ball komplett über der Linie war, bewusst weggelassen, da die Kamerabilder dies nicht hergeben werden."
Ebenfalls nicht möglich ist - wie oben erwähnt - eine Überprüfung auf Anforderung der Trainer. Die so genannte Coach's Challenge wurde beim EHF Euro Cup und dem Finalturnier der EHF Champions League getestet.
Das System: Jedem Team steht pro Spiel einmal die Kontrolle einer Szene zu. Dafür muss der Trainer der betreffenden Mannschaft allerdings ein Team-Timeout riskieren. Die angefochtene Aktion wird von den Schiedsrichtern am Bildschirm kontrolliert bzw. erneut bewertet. Erhält das Team, das die Coach´s Challenge genommen hat, Recht, so erhält sie die Auszeit zurück; andernfalls verfällt diese.