20.08.2024, 16:43
Nach leeren Rängen in Tokio
Robert Schulze und Tobias Tönnies erlebten in Paris ihre ersten Olympischen Spielen vor Zuschauern - und genossen die Atmosphäre in vollen Zügen.
Am Finaltag blieb ihnen dieses Mal nur die Zuschauerrolle: Nachdem Robert Schulze und Tobias Tönnies im Spiel um die Bronzemedaille als Reservegespann angesetzt waren, nahmen sie gemeinsam mit ihren Schiedsrichterkollegen auf der Tribüne Platz und verfolgten das Finale zwischen Deutschland und Dänemark. Drei Jahre zuvor in Tokio waren sie noch im kleinen Finale aktiv gewesen.
Dass sie dieses Mal nur zusehen konnten, hakten sie ab. „Es gibt als Schiedsrichter nichts schöneres, als wenn man selbst zurücksteckt, weil die eigene Mannschaft bis ins Finale kommt", betonte Tönnies. „Diese Rolle kennen sie als Magdeburger bereits", flachste auch Schiedsrichter-Chefin Jutta Ehrmann-Wolf. „Robert und Tobias haben in den letzten Jahren immer wieder die Erfahrung machen müssen, dass sie aufgrund der guten Leistungen des Vereins aus ihrer Heimatstadt nicht für Finalspiele oder den Supercup in Frage gekommen sind."
Die Schiedsrichter-Chefin zeigt sich dennoch höchstzufrieden. „Robert und Tobias haben erneut ihre Klasse unter Beweis gestellt, sie gehören zurecht zu den Weltbesten ihres Fachs", so Ehrmann-Wolf. Auch Schulze erklärte: „Wir waren mit unserer Performance zufrieden und es war ein tolles Erlebnis, die deutschen Männer im Finale sehen zu dürfen."
So standen am Ende vier Einsätze in der Gruppenphase der Männer zu Buche, wobei direkt ihr erster Einsatz mit dem Match zwischen Gastgeber Frankreich und Weltmeister Dänemark ein echter Kracher war. „Unter den olympischen Ringen in voller Halle die französische Hymne zu erleben, ist sehr beeindruckend - da bekommt man eine ganze Menge Gänsehaut", beschrieb Tönnies.
Dass in Schulze/Tönnies sowie Tanja Kuttler und Maike Merz gleich zwei deutsche Schiedsrichter-Teams in Paris im Einsatz waren, freute Ehrmann-Wolf besonders. „Das ist eine Auszeichnung für ihre jahrelange sehr gute Arbeit und ein Beweis für die Qualität", so die Schiedsrichter-Chefin. „Das Stahlbad Bundesliga hat sie vorbereitet, um dem Druck und den Erwartungen bei solchen Großevents standzuhalten." Neben den Schiedsrichter:innen war Kay Holm als Delegierter bei insgesamt 17 Spielen im Einsatz.
Das deutsche Topgespann genoss die Atmosphäre in den zweieinhalb Wochen in Frankreich besonders - ihre Olympia-Premiere vor drei Jahren in Tokio fand aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen vor leeren Zuschauerrängen statt. „Egal, bei welcher Sportart - die Leute haben in jeder Arena Stimmung gemacht und supportet", sagte Schulze. „Es war eine einzige Sportparty."
An ihren spielfreien Tagen besuchen die beiden Magdeburger Wettkämpfe beim Beachvolleyball und Schwimmen, gingen zum Fechten im Grand Palais und saßen beim letzten Spiel von Tennisspielerin Angelique Kerber auf der Tribüne. Solche Eindrücke zu sammeln, war in Tokio nicht möglich; damals waren die Schiedsrichter im Hotel isoliert und durften nur zur Handballhalle fahren.
„Es war ein absolut tolles Erlebnis", schwärmte Schulze. „Überragend", betonte auch Tönnies. „Wir haben auch gemerkt, dass der Handball nur ein ganz kleines Puzzleteil ist, wenn so viele Sportarten zusammenkommen. Es war eine einzige Party, überall fröhliche Menschen und eine richtig gute Stimmung. Wir würden so etwas gerne wieder erleben." Die nächste Chance besteht in vier Jahren in Los Angeles (USA). Soll es dorthin gehen? „Man braucht ja Ziele", grinste Schulze, während Tönnies parallel festhielt: „Auf jeden Fall!"
Nach der Abschlussfeier in Paris ging es für Schulze/Tönnies zurück nach Deutschland. „Die schönsten Momente, an die du erinnerst, sind keine Spiele, sondern die Momente mit den Kollegen", fasste Schulze abschließend zusammen. „Von daher: Smiley dran und ab nach Hause." Der erste Pflichtspieleinsatz der neuen Saison wartet bereits Ende August, wenn die beiden Magdeburger den Supercup der Frauen leiten - für die Männer kommen sie aufgrund der Teilnahme des SC Magdeburg nicht in Frage.
Julia Nikoleit