20.12.2023, 21:42
Warum gab es einen Siebenmeter für den ThSV Eisenach?
Zwei Sekunden vor dem Ende gab es nach einem Foul in der eigenen Hälfte einen Siebenmeter für den ThSV Eisenach, dieser brachte den Sieg gegen die Rhein-Neckar Löwen. Warum? Ein Blick ins Regelwerk.
Es war die entscheidende Szene zwischen den Rhein-Neckar Löwen und dem ThSV Eisenach. Mateusz Kornecki parierte Sekunden vor Schluss den letzten Wurf von Niclas Kirkelokke, der Ball sprang ins Spielfeld zurück.
Justin Kurch schnappte sich den Abpraller und setzte zum Distanzwurf auf das aufgrund des Einsatz des siebten Feldspielers verwaiste Löwen-Tor an. Olle Forsell Schefvert unterband diesen regelwidrig, Kurch ging zu Boden, der Ball trudelte unkontrolliert über das Feld.
Die Schiedsrichter Thomas Kern und Thorsten Kuschel griffen angesichts der spielentscheidenden Szene auf den Videobeweis zurück - und entschieden nach Ansicht der Bilder auf Siebenmeter sowie Zeitstrafe gegen Forsell Schefvert.
Ein Siebenmeter soll - kurz gesagt - eine klare Torgelegenheit wiederherstellen. Die Erläuterung 6 des Regelwerks definiert:
"Nach Regel 14:1 handelt es sich um eine "klare Torgelegenheit", wenn (…) ein Torwart seinen Torraum verlassen hat und ein Gegenspieler mit Ball- und Körperkontrolle eine klare und ungehinderte Gelegenheit zum Wurf des Balls ins leere Tor hat."
Da die Rhein-Neckar Löwen mit dem siebten Feldspieler agierten, war das eigene Tor verwaist - und Kurch hätte den Ball ohne die Behinderung durch Forsell Schefvert direkt auf das leere Tor geworfen, wie der Ansatz der Wurfbewegung zeigt.
Eine Disqualifikation von Forsell Schefvert war hingegen nicht notwendig - es ist ein immer wieder auftretender Irrglaube, dass es bei einem Foul in den letzten 30 Sekunden automatisch eine rote Karte geben muss. Es ist vielmehr umgekehrt: Ist der Ball in den letzten 30 Sekunden im Spiel, folgt auf ein rot-würdiges Foul immer ein Strafwurf - unabhängig davon, ob eine klare Torgelegenheit vorliegt oder nicht.
"Ein Siebenmeter ist keine Bestrafung und hat entsprechend mit dem Strafmaß auch nichts tun", erklärte Kay Holm, Schiedsrichter-Lehrwart des Deutschen Handballbundes, bereits 2020 im Interview. "Der Siebenmeter stellt ja lediglich die Chance wieder her, die der Abwehrspieler dem Angreifer mit einem Foul oder einer Regelwidrigkeit genommen hat."
Und da Forsell Schefvert den Wurf von Kurch unterband, ist diese Bedingung gegeben; für eine rote Karte reichte den Schiedsrichtern der Körperkontakt aber nicht. Den Eisenachern dürfte das egal sein: Manuel Zehnder verwandelte den Siebenmeter zum 27:26-Endstand und sicherte seiner Mannschaft damit zwei Punkte.