14.12.2023, 09:48
Nach WM-Aus blicken die DHB-Frauen in Richtung Olympia
Bei Deutschlands Handballerinnen herrscht nach dem Aus im WM-Viertelfinale Trauer, Frust und Ratlosigkeit. Der Blick nach vorn fällt schwer. Doch bei der WM geht es für das DHB-Team noch um viel.
Alina Grijseels fand als Erste den Optimismus wieder. Als ihre Teamkolleginnen in der Interviewzone vor Enttäuschung weinten und vergeblich nach Erklärungsversuchen für den ernüchternden Handball-Auftritt im WM-Viertelfinale suchten, richtete die Co-Kapitänin ihren Blick schon nach vorn. "Wir haben noch zwei Spiele. Jetzt gilt es, Platz fünf zu holen. Wir wollen gegen gute Gegner besser spielen und dieses Gefühl mitnehmen in die Olympia-Quali", appellierte Grijseels an ihre Mitspielerinnen.
Das Turnier in Skandinavien ist für die DHB-Auswahl nicht vorbei, auch wenn es sich für den Großteil der Spielerinnen nach der 20:27-Klatsche gegen Schweden so angefühlt haben dürfte. Von Platz fünf bis Platz acht ist noch alles möglich. Zwei Siege zum Abschluss wären nicht nur für die Stimmung hilfreich, sondern auch, um sich beim Olympia-Qualifikationsturnier in eine vermeintlich leichtere Gruppe zu spielen. "Ich glaube, dass wir eine Mannschaft haben, die uns mit Mut in die nächsten Tage blicken lässt", befand Sportvorstand Axel Kromer.
Das Spiel gegen Tschechien am Freitag (11.30 Uhr/Sportdeutschland.tv) nur mit Halbgas anzugehen, kann sich das DHB-Team also nicht leisten. "Wir wollen wieder Ergebnisse, um Mentalität aufzubauen", forderte Kromer und attestierte seinen Spielerinnen eine positive Entwicklung. "Mit der Tendenz des Teams sind wir zufrieden. Wir werden uns jetzt auch die Tendenz nicht zerreden lassen", sagte der 46-Jährige.
Dass die Auftritte der deutschen Handballerinnen bei Großturnieren ein Muster haben, blieb aber auch Kromer nicht verborgen. Souveräne Auftritte in der Vor- und Hauptrunde lassen Spielerinnen, Trainer und Fans vom großen Coup träumen. Der Leistungsabfall folgt immer dann, wenn es darauf ankommt: in der K.o.-Phase. Dreimal Siebter und einmal Achter sind die Ergebnisse der vergangenen Europa- und Weltmeisterschaften.
Platz fünf in Skandinavien wäre zwar immer noch nicht das ersehnte Halbfinale, aber zumindest auf dem Papier eine Annäherung an die Top-Nationen Frankreich, Norwegen, Dänemark und Schweden. "Jeder muss sich hinterfragen, warum sie nicht an ihre Leistungsgrenze gekommen ist", forderte Grijeseels nach einer desolaten ersten Halbzeit gegen Schweden und gestand: "Heute haben wir gesehen, dass wir noch nicht zu den Top-Vier-Nationen gehören."
Seit 2007 warten die Handballerinnen auf eine Medaille. Der nächste Anlauf erfolgt bei der EM im kommenden Jahr. Doch daran dachte nach dem Schweden-Spiel niemand.
Frust, Leere, Enttäuschung, Ratlosigkeit. Die Emotionen der deutschen Handballerinnen deckten am Mittwoch die gesamte negative Gefühlspalette ab. Ein Tag blieb dem DHB-Kader, um sich zu sammeln. Um den phasenweise desolaten Auftritt gegen die Skandinavierinnen
ansatzweise zu verarbeiten. Um sich gegenseitig aufzumuntern und mit neuer Energie in das Platzierungsspiel gegen Tschechien zu starten.
Wie das gelingen soll, wusste zunächst keiner. Völlig konsterniert standen die Spielerinnen von Bundestrainer Markus Gaugisch in der Interviewzone. Dort, wo Katharina Filter und Co. noch zwei Tage zuvor mit einem breiten Grinsen die positive Entwicklung der Mannschaft gelobt hatten, herrschte Ratlosigkeit. "Ab morgen wird auf Reset gedrückt", kündigte Emily Bölk an und fand zumindest ansatzweise ihren Optimismus wieder.
"Wir dürfen jetzt nicht in Trauer verfallen oder in Selbstmitleid versinken, sondern müssen wieder in den Kampfmodus schalten", forderte Bundestrainer Markus Gaugisch am Tag nach der 20:27-Klatsche gegen Schweden im WM-Viertelfinale.
Gaugisch stellte der Mannschaft wie Kromer ein gutes Turnier-Zeugnis aus, auch wenn es erneut nicht für den erhofften Sprung unter die Top-Vier gereicht hat. "Das Spiel gegen Schweden sollte uns nicht von unserem Weg abbringen", sagte der 49-Jährige und gab die Marschroute aus: "Verarbeiten, abhaken, nach vorn schauen."
Jordan Raza und Eric Dobias, dpa