14.02.2025, 06:00
Kommentar zum Abgang des Weltstars
Mit Sander Sagosen verlässt der größte Starspieler Kolstad. Ohne den einstigen Hoffnungsträger ist das 2022 als Leuchtturmprojekt gestartete Konstrukt nichts mehr von dem, was es vielleicht mal war. Daran ändert auch der warme Transfer-Geldregen nichts.
Ein Kommentar von Daniel Duhr
Vor drei Jahren angetreten, sich als eines der besten Teams an der Spitze der Champions League zu etablieren, ist das Kolstad-Kartenhaus schneller zusammengefallen als selbst die meisten Kritiker vermutet hätten.
Im Rückblick wirkt es beinahe wie der zum Scheitern verurteile Versuch, aus Bierdeckeln auf einem zu glatten Kneipentisch ein mehrstöckiges Haus zu bauen. Nur dass statt weinender Kinder jetzt traurige Kolstad-Fans die Trümmer des einstigen Leuchtturmprojekts nach irgendetwas positivem durchforsten.
Noch einmal im Schnelldurchlauf: Nach dem Startschuss des ambitionierten - heute wissen wir: überambitionierten - Projekts und dem anfänglichen Erfolg (tatsächlich versammelte sich das norwegische Who-is-who des Handballs in einer Vereinsmannschaft, auch national gewann man auf Anhieb die Meisterschaft) gab es schnell finanzielle Probleme.
Im Juli 2023 musste der Verein aufgrund der wirtschaftlichen Gesamtlage die Gehälter für Spieler, Trainer und andere Angestellte drastisch kürzen. Janus Smarason ging als Erster von Bord des sinkenden Schiffs und landete beim SC Magdeburg. Es folgten 2024 Magnus Rød mit seinem Abgang Richtung Szeged und ein frühes Aus in der Gruppenphase der Champions League.
Ein Jahr später also macht sich jetzt auch der strahlkräftigste Norweger, Sander Sagosen, auf und davon. Um noch einmal an seiner früheren Wirkungsstätte Aalborg anzugreifen. Und um echte Chancen auf ganz große Titel zu haben.
Denn in Aalborg passiert parallel zu Kolstads Niedergang genau das, was man sich eigentlich in Norwegen erhofft hatte: Dass sich konstant mehr und mehr Starspieler zusammenfinden und zu einer der ersten Adressen im internationalen Handball reifen. Somit wechselt Sagosen vom selbsternannten zum tatsächlichen Champions-League-Anwärter.
Und wenn die Kolstad-Fans jetzt verzweifelt auf der Kehrseite der Medaille etwas Positives suchen, können sie natürlich den Sprech der Vereinsführung übernehmen: Der durch den Transfer entstehende, neue "finanzielle Spielraum" werde "zu einer guten sportlichen Entwicklung in der Zukunft beitragen." Und nach "finanziell schwierigen Jahren" helfen, "dass wir gut aufgestellt sind, um in Zukunft eine nachhaltige Vereinswirtschaft aufzubauen."
Dass Kolstad auch ohne Sagosen ein sportliches Ausrufezeichen setzen kann, hat die Mannschaft am Mittwoch mit dem Auswärtssieg bei Nantes gezeigt. Vielleicht ist es sogar eine Chance, einen klaren Cut zu haben und sich neu zu (er)finden.
Doch der jüngste Erfolg in der Champions League ist im Gegensatz zur grundsätzlichen Entwicklung erstmal nicht mehr als eine Momentaufnahme. Der Abgang von Sagosen dagegen schon. Er beendet - zumindest in seiner ursprünglichen Form - das Leuchtturmprojekt Kolstad.