10.07.2024, 17:00
Kommentar zum Rechtsstreit
Ist Manuel Zehnders Kündigung rechtens? Wie entscheidet das Landesarbeitsgericht am 1. August? Strebt der Schweizer Nationalspieler womöglich noch ein Hauptsacheverfahren an? Oder bleibt er am Ende doch in Erlangen? Fest steht nur eines: Am Ende kann es nur Verlierer geben - inklusive Zehnder selbst.
Ein Kommentar von Daniel Duhr
Es hatte doch alles so gut angefangen. Für alle Beteiligten. 2022 holte der HC Erlangen das Schweizer Talent Manuel Zehnder vom HSC Suhr Aarau nach Bayern. Nach einer mittelprächtigen ersten Bundesligasaison verlängerte Erlangen den Vertrag mit dem heute 24-Jährigen und verlieh ihn an den ThSV Eisenach - Spielpraxis sammeln. Alles nachvollziehbar und eine Win-win-win-Situation.
Denn: Erlangen sicherte sich mit der Vertragsverlängerung bis 2026 vorzeitig die Dienste Zehnders, um den herum man mittelfristig etwas aufbauen wollte. Eisenach bekam einen Mittelmann, der sich unter ThSV-Trainer Misha Kaufmann zum Torschützenkönig entwickelte, Klassenerhalt inklusive. Und Manuel Zehnder: Entwickelte sich unter Misha Kaufmann zum Torschützenkönig der stärksten Liga der Welt - in seiner erst zweiten Bundesligasaison.
Alles wie im Bilderbuch, also? Ja. Bis Ende Mai. Bis zu jenem Tag, an dem Erlangen die schriftliche Kündigung Zehnders ins Haus flatterte und damit aus dem Bilderbuch ein Scherbenhaufen wurde. Mitten in die Gedankenspiele um den sukzessiven Aufbau einer erfolgreichen Mannschaft hinein. Nachdem Zehnders Versuch in erster Instanz, per einstweiliger Verfügung die Wirksamkeit seiner Kündigung bestätigen zu lassen, scheiterte, liegt der Fall jetzt beim Nürnberger Landesarbeitsgericht.
Erlangen pocht auf die Einhaltung des bis 2026 gültigen Vertrags. Und Zehnder pocht darauf, dass seine Kündigung rechtens war. Denn weil seine Unterschrift nur digital und nicht - so sieht es Paragraph 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes vor - in Original-Schriftform vorliegt, müsse man seinen Arbeitsvertrag als unbefristet werten. Nebeneffekt dieser Auslegung: Dann würde tatsächlich die gesetzliche Kündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsende greifen.
Ob das Gesetz auch in den besonderen Arbeitsverträgen von Profisportlern - die ja in aller Regel befristet geschlossen werden - Anwendung findet, und ob damit Zehnder Recht bekommt, will das Gericht am 1. August verkünden. Gut möglich aber, dass auch dann - während die Vorbereitung der Vereine schon lange wieder läuft - noch keine Klarheit herrscht. Denn: Zehnder bliebe im Fall einer Niederlage noch immer die Möglichkeit, ein Hauptsacheverfahren anzustrengen.
Wie auch immer der Fall Zehnder ausgehen wird, eins scheint klar: Es kann nur Verlierer geben. Bekommt Zehnder Recht, verlöre der HC Erlangen den aktuellen Torschützenkönig und das Fundament der geplanten Mannschaftsarchitektur. Und Zehnder: Hätte das Verfahren zwar gewonnen, dafür aber den Stempel, sich aus bestehenden Verträgen rauszuklagen.
Keine gute Werbung in eigener Sache. Bekommt der Verein Recht, müsste Zehnder gegen seinen Willen beim HC Erlangen spielen. Und Erlangen hätte einen Spielmacher, der hier überhaupt keine Spiele machen will. Wie Mitspieler und Fans das fänden? Nur eine rhetorische Frage.
Und selbst, wenn Zehnder gehen darf, oder es sogar doch noch zu einer Einigung (Vertragsauflösung gegen Ablöse) kommen sollte, wohin überhaupt? Zu den Rhein-Neckar Löwen, wie im Sommerloch als Gerücht aufgekommen? Oder einfach beim ThSV Eisenach weiterspielen? Ein Geschmäckle wird bleiben.
Schade, hatte Zehnder doch sportlich bislang so viel Appetit auf mehr gemacht.