vor 23 Stunden
Ältester lebender Handball-Weltmeister
Horst Singer, der sich als Schütze des ersten Kempa-Tores in den Handball-Geschichtsbüchern verewigte wird heute 90. Er ist der älteste noch lebende Handball-Weltmeister.
Abspringen, Ball im Flug fangen und direkt werfen - Tor: Die Beobachter rieben sich verblüfft die Augen. So etwas hatte die Handball-Welt noch nicht gesehen, als der Kempa-Trick am 24. März 1954 bei einem inoffiziellen Länderspiel zwischen Deutschland und Schweden (10:10) in der Schwarzwaldhalle in Karlsruhe uraufgeführt wurde.
"Ich lief in Richtung Kreis-Mitte, als Bernhard Kempa von Rückraum-Links den Ball hoch in Richtung Torraum spielte", beschreibt Horst Singer heute die handballhistorische Szene, als er vor über 70 Jahren das erste Kempa-Tor der Welt erzielte.
"Nach dem Absprung vor dem Kreis nahm ich seinen Pass in der Luft ganz kurz an und warf den Ball in Richtung Tor", fügt der Jubilar an. Am heutigen Sonntag wird Horst Singer 90 Jahre alt - und die Erinnerungen an einen der größten deutschen Handballer werden wieder wach.
Horst Singer war nicht bloß der Premierenschütze des Kempa-Tores, er ist auch der einzige noch lebende Spieler der deutschen Feldhandball-Weltmeistermannschaft von 1955 - und damit der älteste Weltmeister im Handballsport überhaupt.
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Der legendäre Göppinger Linkshänder war seinerzeit der mit Abstand jüngste Spieler im deutschen Feldhandball-Nationalteam, das am 10. Juli 1955 im Stadion Rote Erde in Dortmund im Finale vor rund 50.000 Zuschauern mit 25:13 (11:7) gegen die Schweiz triumphierte. Der damals 20-jährige Horst Singer glänzte als zweifacher Torschütze.
Insgesamt bestritt der in Ulm geborene Singer zwischen 1955 und 1960 23 Länderspiele - in der Halle und auf dem Feld - und erzielte dabei 68 Tore. Mit Frisch Auf Göppingen gewann er sechs Mal die Deutsche Meisterschaft, davon zweimal draußen.
Zudem feierte "Spatz", wie er in Anlehnung an das Wahrzeichen seiner Geburtsstadt Ulm genannt wird, 1962 mit Göppingen als erste deutsche Mannschaft den Sieg im Europapokal der Landesmeister.
Der gebürtige Ulmer wuchs in Göppingen wuchs er auf und kam als 12-jähriger zum Handball bei Frisch Auf. 1951 wurde er mit der A-Jugend Württemberg-Meister, eine bundesweite Endrunde gab es damals noch nicht. Mit dem Männer-Team folgte die erste Deutsche Meisterschaft dann 1954 - die Kempa-Buben lösten den damals dominierenden Polizei SV Hamburg ab.
"Das Endspiel in Krefeld war im Nachhinein betrachtet mein schönstes Meisterschaftserlebnis", resümiert Linkshänder Horst Singer heute gegenüber der Homepage des DHB. Mit 10:7 hatte sich Göppingen mit dem 19-jährigen Singer im Hallenfinale vor 7.000 Zuschauern im Eisstadion gegen den Serienmeister durchgesetzt. Während seiner Studienzeit in Berlin spielte er auch für den BSV 92, doch Heimat blieb Frisch Auf Göppingen.
Der legendäre Bernhard Kempa war damals Spieler zusammen mit Horst Singer, später sein Trainer bei Frisch Auf Göppingen und zugleich derjenige, der das große Handball-Talent Singer förderte und forderte: "Bernhard Kempa war ein Glücksfall für Göppingen, er war der beste Handballspieler der Welt auf dem Feld", schwärmt Horst Singer immer noch.
"Horst war für mich der genialste Spieler seiner Zeit. Immer aktionsschnell, torgefährlich und trickreich. Als Linkshänder nahm er zum Beispiel seinen Gegenspieler nach innen mit und spielte den einlaufenden Rechtsaußen dann hinter dem Kopf mit einem Nackenpass an. Das war sensationell. Das werde ich nie vergessen. Ich wünsche Spatz weiterhin viel Gesundheit und Lebensfreude", gratuliert der Bielefelder Sportsoziologe Prof. Dr. Klaus Cachay (78), damals junger Linksaußen im Göppinger Team seinem früheren Mitspieler auf der DHB-Homepage.
Seinen heutigen Ehrentag wird Horst Singer im kleinen Familienkreis mit seiner Ehefrau Helga in Göppingen begehen. Frisch Auf wird seinen Ausnahmesportler, der später als Sport- und Geographielehrer an einem Göppinger Gymnasium arbeitete und in der Kommunalpolitik tätig war, zu diesem Anlass in die neu eingerichtete Hall of Fame von Frisch Auf Göppingen aufnehmen.
SID, red