10.11.2024, 17:35
"Das ist nicht allen gelungen"
Auch Alfred Gislason war mit dem deutschen Auftritt in der Türkei alles andere als zufrieden. Einige Spieler verpassten auf dem Weg in den WM-Kader ein Empfehlungsschreiben, wie der Bundestrainer klarstellte.
Deutschlands Handballer klatschten sich nach dem Arbeitssieg in der Türkei locker ab, Euphorie kam nach dem zweiten Sieg im zweiten Spiel der EM-Qualifikation aber nicht auf. Das 36:29 (20:14) beim krassen Außenseiter in Ankara verlief keineswegs nach dem Geschmack von Bundestrainer Alfred Gislason.
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"Nach der Pause haben wir einen dummen Fehler nach dem anderen gemacht. So haben wir die Halle und die türkische Mannschaft aufgeweckt. Das darf eigentlich nicht passieren", sagte Gislason nach dem am Ende ungefährdeten Erfolg im letzten Länderspiel des Jahres. Sein Team habe die "Linie deutlich" verloren: "Das darf der Mannschaft nicht passieren."
Torhüter Andreas Wolff, der Deutschland in seinem 171. Länderspiel in Vertretung von Johannes Golla erstmals als Kapitän anführte, überzeugte vor 2090 Zuschauern zu Beginn zwar mit einigen Paraden und präzisen Zuspielen über das ganze Feld. Nach der Pause leistete sich der Olympia-Zweite defensiv aber einige Fehler und brachte Gislason zeitweise zum Toben.
"Natürlich sind wir nicht zufrieden mit dem Spiel", hatte auch Linkshänder Renars Uscins klargestellt. Aller Ausfälle zum Trotz hätte die Mannschaft eine bessere Leistung zeigen müssen. Etwa Johannes Golla und Christoph Steinert fehlten dem DHB-Team in Ankara.
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Auf dem Weg zur Weltmeisterschaft 2025 (14. Januar bis 2. Februar) wollte Gislason die Partie auch zum Testen und Einspielen nutzen. Das Spiel in Anatolien war das letzte vor der WM-Kadernominierung im Dezember - und Gislason rotierte spät nochmal durch. "Jeder will sich für die WM zeigen, heute ist das nicht allen gelungen", stellte der Bundestrainer nach der Partie klar. Einige Stammspieler bekamen unverhofft Mammutspielzeiten.
So blieb etwa Timo Kastening über die vollen 60 Minuten auf der Bank, Max Beneke oder Nils Lichtlein kamen erst spät auf die Platte. Warum er nicht mehr wechselte? "Das war das Risiko nicht wert", stellte der Bundestrainer in Bezug auf Kastening klar. Er hätte ihm keinen Gefallen in dieser Spielphase getan, so Gislason weiter.
Nach einer wackligen Anfangsphase, in der Deutschland offensiv nicht ins Spiel fand und die Türken sogar in Führung lagen, übernahmen die Gäste die Spielkontrolle - vor allem dank großer Treffsicherheit und Tempo im Angriff. Eine kleine Schwächephase konterte Gislason im ersten Durchgang dann mit einer Auszeit.
Als die Türken beim 21:24 (42.) in der zweiten Hälfte wieder auf drei Tore verkürzten, platzte Gislason im nächsten Timeout der Kragen: "Jungs, hört mir zu, verdammt nochmal. Wir müssen mehr Gas geben", forderte der 65-Jährige. Ernsthafte Zweifel am deutschen Sieg kamen aber auch nach der Pause nicht auf. Dennoch begeisterten die Türken ihr Publikum, das freien Eintritt hatte und für eine hitzige Atmosphäre sorgte, immer wieder mit aus deutscher Sicht zu einfachen Treffern.
Zum Auftakt der EM-Qualifikation hatte sich das deutsche Team am vergangenen Donnerstag in Mannheim souverän gegen die Schweiz (35:26) durchgesetzt. Der dritte DHB-Gegner ist Österreich. Die zwei besten Teams der Gruppe 7 lösen das Ticket für die Endrunde in Dänemark, Schweden und Norwegen (13. Januar bis 1. Februar 2026).
mao, SID