23.08.2024, 17:00
Sportvorstand der Füchse Berlin im Interview
In der neuen Ausgabe unseres Print-Magazins Bock auf Handball gewähren die Füchse Berlin einen tiefen Einblick in ihre Saisonvorbereitung. Erstmals seit elf Jahren spielt der Vize-Meister wieder Champions League. Vor welchen Herausforderungen er dabei steht und mit welchen Zielvorgaben er in die Königsklasse startet, verrät Sportvorstand Stefan Kretzschmar im Interview.
Auf über 30 Seiten bekommt ihr in der neuen Ausgabe des unseres Print-Magazins Bock auf Handball exklusive Fotos der Füchse Berlin zu sehen: aus der Trainerkabine, der Eistonne, dem Mannschaftstrakt und der Trainingshalle. Im Interview spricht Sportvorstand Stefan Kretzschmar über die Ambitionen des Vize-Meisters.
BOCK AUF HANDBALL: Stefan, gehören die Füchse Berlin in die Champions League?
STEFAN KRETZSCHMAR: Aufgrund unserer Leistungen in der vergangenen Saison gehören wir in die Champions League, wir haben uns unsere Teilnahme redlich verdient. Um das mal grundsätzlich einzuordnen: Wir holen aus unseren Möglichkeiten fast das Optimum heraus. Es ist jetzt kein Geheimnis, dass wir nicht dieselben ökonomischen Möglichkeiten wie Magdeburg, Kiel, Flensburg oder Melsungen haben. Die Herausforderung auf unserem Berliner Weg wird immer bleiben, uns wirtschaftlich so zu verbessern, dass wir auch weiterhin sportlich wettbewerbsfähig sind. Das ist uns im vergangenen Jahr, glaube ich, eindrucksvoll gelungen.
BAH: Welche Ziele haben sich die Füchse in der Champions League gesetzt?
SK: Die nächste Saison wird eine extreme Herausforderung für uns werden. Unser Kader ist sehr schmal, um sowohl in der Champions League als auch in der Bundesliga zu bestehen. Doch es liegt eben auch in unserer DNA, selbst auf diesem Niveau Spieler aus der eigenen Akademie zu integrieren. Und wenn wir es als sogenanntes Vorzeige-Nachwuchsleistungszentrum Deutschlands nicht machen - wer dann?
BAH: Wie viele Jungs aus der eigenen Jugend stehen im aktuellen Kader?
SK: Wir haben in dieser Saison sieben Eigengewächse in der ersten Mannschaft. Ich weiß nicht, ob es einen Verein gibt, der mehr hat als wir. Aber es ist natürlich auch Teil der Wahrheit, dass nur einige wenige Spieler wie Mathias Gidsel, Lasse Andersson, Max Darj, Mijajlo Marsenic oder auch Dejan Milosavljev bei uns die Hauptlast tragen. Jemanden wie Hans Lindberg, der mit seiner Routine und Zuverlässigkeit im Abschluss gerade in engen Spielen von unschätzbarem Wert für uns war, den müssen wir auch erst einmal gleichwertig ersetzen.
BAH: Was bedeutet das für die Ambitionen der Füchse?
SK: Es darf keiner traurig oder frustriert sein, wenn wir am Ende der kommenden Saison keinen Titel gewonnen haben. Denn die Realität sowohl in der Bundesliga als auch in der Champions League ist die, dass wir im Wettbewerb mit mehreren Mannschaften sind, die absolut gleichwertig, wenn nicht sogar personell besser sind als wir. Trotzdem lautet unser Motto: Wir wollen immer das Beste aus dem rauszuholen, was wir haben. Und unsere aktuelle Mannschaft ist zweifelsohne sehr interessant. Sie hat unwahrscheinlich starke Charaktere. Mit Mathias Gidsel spielt der beste Spieler der Welt für uns, davon bin ich hundertprozentig überzeugt. Was diese Mannschaft in den vergangenen Jahren an Gemeinschaft und Siegeswillen entwickelt hat, ist beeindruckend. Der Kopf ist in unserem Sport eben auch sehr wichtig. Das könnte unser großer psychologischer Vorteil sein.
BAH: Siegermentalität implementiert aber auch, dass diese Typen irgendwann Titel gewinnen wollen. Ist das damit schon fast eine zukünftige Pflicht für die Füchse?
SK: In Anbetracht der Konkurrenz ist dieser Satz nicht formulierbar. Wenn der SC Magdeburg oder die SG Flensburg-Handewitt das angesichts ihrer Kader und Budgets so tun, dann ist das angemessen - eine andere Formulierung wäre auch lächerlich. Und die Kieler sind nach dem Andreas-Wolff-Transfer, der keine Ahnung wie viel ökonomische Möglichkeiten gekostet hat, auch zurück. Zudem finde ich, dass sich auch die Melsunger nicht länger verstecken sollten. Dass wir es aber ambitioniert formulieren, halte ich dagegen nicht für den richtigen Weg, da wir weder ökonomisch noch in der sportlichen Breite in einer solchen Position sind. Wenn bei uns zwei Schlüsselspieler ausfallen, dann haben wir ein echtes Problem. Deshalb lautet meine Formulierung: Wir wollen natürlich gerne um die Titel mitspielen, aber die Wettbewerber sind wahnsinnig stark. Deshalb wird es wieder ein Kampf vom ersten Spieltag an.
BAH: Wie viele Spieler braucht es, um erfolgreich zu sein?
SK: Wenn du dir die Meistermannschaften der zurückliegenden Jahre anguckst, dann wirst du schnell feststellen, dass die Philosophie fast immer die gleiche war. Flensburg und die Löwen sind im Prinzip Meister geworden mit ihrer ersten Sieben. Magdeburg ist ebenfalls mit der ersten Sieben durchgegangen. Der SCM hatte mit Smarason zwar noch einen Ersatzspieler, aber Weber und Damgaard saßen zum Beispiel fast nur auf der Bank. Deshalb erachte ich die Philosophie der ersten Sieben für die erfolgsversprechendste. Darüber hinaus benötigst du dann eben Spieler für gewisse Phasen im Spiel oder auch, wenn sich einer verletzt. Meistens wird dann aber sowieso noch mal nachverpflichtet.
BAH: Wann bist Du mit dem Ausgang der Saison zufrieden?
SK: Wenn wir für uns sagen können, dass wir aus unseren Möglichkeiten das Maximale machen, dann dürfen wir zufrieden sein. Aber natürlich bin ich nie zufrieden, weil ich, ähnlich wie viele andere auch, ehrgeizig und emotional dabei bin. Wir Leistungssportler sind ja alle nicht rational, das heißt, wir streben immer nach dem ultimativen Ziel, nach dem ultimativen Titel. Aber ich war nach der vergangenen Saison trotz keines Titelgewinns schon sehr zufrieden. Ja, weil ich glaube, dass mehr für uns unrealistisch gewesen wäre.
BAH: Was macht die aktuelle Füchse-Mannschaft aus?
SK: Wir haben eine klare Hierarchie an der Spitze. Jeder weiß, dass Mathias Gidsel, Lasse Andersson und Max Darj unsere Anführer sind. Marsenic ist der emotionale Leader dieser Mannschaft, der ihr viel Energie gibt. Und Milosavljev ist ein unfassbar guter Torwart und ein toller Mensch. Ich glaube, das sind die Hauptcharaktere dieser Mannschaft. Unsere jungen Spieler sind sehr zurückhaltend. Aber da erwarte ich jetzt eben auch, dass sie den nächsten Schritt gehen, dass auch sie mehr Verantwortung übernehmen. Nicht nur sportlich, auch verbal. Aber wir haben schon eine sehr harmonische Mannschaft. Das haben wir auch versucht so zu bauen. In erster Linie soll von allen Teilen Positivität ausgestrahlt werden. Aber natürlich muss es auch Wettbewerb geben. Ich kann keinen gebrauchen, der gerne die Nummer zwei ist und das so akzeptiert und uneingeschränkt hinnimmt.
BAH: Gilt das dann nicht auch für das Saisonergebnis?
SK: Ich gucke gar nicht so sehr auf das Ergebnis nach der Saison. Ich akzeptiere es dagegen nicht, wenn jemand nach einem verlorenen Spiel fröhlich in der Kabine sitzt. So etwas kann und will ich nicht sehen. Ich kann eine Finalniederlage in der European League gegen Flensburg akzeptieren, weil unser Gegner an diesem Tag besser war als wir und mehr im Tank hatte. Das kann ich tatsächlich akzeptieren, obwohl ich ehrgeizig bin und selber gerne gewonnen hätte. Aber ich weiß ja, wer wir sind. Trotzdem will ich natürlich eine solche Mentalität sehen, dass wir immer weiter wollen. Und diese Mentalität verkörpert keiner mehr als Mathias Gidsel. Und ich will, dass sich die anderen davon anstecken lassen und dass sie diesen Weg mitgehen. Wenn ich das sehe und es am Ende Platz zwei oder drei sein sollte, dann ist es so und dann ist das auch in Ordnung.
BAH: Wie glücklich macht es Dich, dass die Füchse jetzt tatsächlich wieder in der Champions League spielen?
SK: Es ist etwas wahnsinnig Besonderes, Champions League zu spielen. In Berlin musst du erfolgreich sein, um dich weiterzuentwickeln, um wahrgenommen zu werden. Das ist für uns existenziell wichtig. Das haben wir jetzt geschafft. Und jetzt ist es wichtig, Spielern wie Gidsel oder Andersson, die so ambitioniert und ehrgeizig sind, zu zeigen, dass wir uns auch nach dieser Champions-League-Saison weiterentwickeln. Dass wir ihnen auch die Spieler an ihre Seite stellen, mit denen es möglich sein wird, in der Zukunft Titel zu gewinnen. Weil wir alle diese Visionen teilen, sie auch wegen dieser Vision nach Berlin gekommen sind. Und da bin ich jetzt wieder gefragt, um das zu untermauern und zu unterfüttern, damit sie auch die nächsten Jahre glücklich bei uns sind und die Chance haben, um erfolgreich zu spielen. Das ist die Herausforderung.
BAH: Bist Du auch glücklich?
SK: Ich war mit der vergangenen Saison wirklich zufrieden und auch dementsprechend glücklich. Es gab ganz, ganz viele glückliche Momente und einen langen, glücklichen Weg, den wir gegangen sind. In der Summe fast schon perfekt. Aber jetzt geht die Jagd nach dem Glück wieder von vorne los. Das ist das, was uns immer wieder antreibt. Natürlich kann es auch negative Momente geben. Jeder weiß das. Wir waren jetzt über eine lange Zeit sehr glücklich und hoffen, dass wir das weiterhin sein werden.
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Am 20. August 2024 erscheint die sechszehnte Ausgabe von "Bock auf Handball". Mit dabei sind wieder spannende Charaktere aus dem Handball. Eine große Bildergeschichte gibt beispielsweise einen exklusiven Blick hinter die Kulissen bei den Füchsen Berlin, die sich auf die Saison in der Champions League vorbereiten.
Zudem haben wir mit Patrick Wiencek über sein Hobby an der Angel, mit Kentin Mahé über seine Rückkehr nach Gummersbach und mit Tobias Reichmann über seine Premiere in Berlin gesprochen. Eine ganz besondere Geschichte ist mit Sicherheit auch der Besuch bei Susi Meerkamp, die mit 80 Jahren die älteste aktive Handballerin ist. "Viel Spaß beim Lesen", so das Team von Bock auf Handball.
Unsere Highlights in Ausgabe 16 auf 124 Seiten
mehr als 30 Seiten exklusiv hinter den Kulissen der Füchse Berlin
- Patrick Wiencek beim Angelausflug
- Kentin Mahé: Ein großer Franzose in Klein-Paris
- Tobias Reichmann über eine Premiere in seiner Geburtsstadt Berlin
- Magnus Saugstrup: Der Stratege am Kreis vom SC Magdeburg
- Susi Meerkamp: Die älteste Handballerin der Welt
- Elias Ellefsen á Skipagøtu: Der Mutmacher einer ganzen Nation
- u.v.m.
Bock auf Handball erzählt interessante Geschichten über die Stars des Handballs. Das Einzelheft gibt es für 8,50 Euro im gut sortierten Zeitschriftenhandel sowie im Online-Shop als Einzelheft - versandkostenfrei in Deutschland - und im Abo. Zudem gab es im vergangenen Jahr ein Sonderheft zum THW Kiel und eines zum Themenbereich Schiedsrichter im Handball.
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