vor 8 Stunden
"Weit hinten, was das Weltniveau angeht"
Stefan Kretzschmar hat sich die Zahlen zum deutschen WM-Abschneiden angeschaut. Die Erkenntnisse des ehemaligen Weltklasse-Profis sind alarmierend. Sie zeigen: Im Vergleich zur Weltspitze hinkt das Team von Bundestrainer Alfred Gíslason teils weit hinterher.
Stefan Kretzschmar hat sich die Zahlen zur Handball-Weltmeisterschaft ganz genau angeschaut. Vor allem die Zahlen zur deutschen Mannschaft im Vergleich zur absoluten Weltspitze. Im WM-Spezial des Dyn-Podcasts "Kretzsche und Schmiso" fragt der frühere Weltklasse-Linksaußen sich: "Was ist der Unterschied zwischen uns und Dänemark?" Der Unterschied also zwischen dem erneuten Weltmeister und der DHB-Auswahl.
Nach größtenteils enttäuschenden Auftritten war die deutsche Mannschaft im WM-Viertelfinale ausgeschieden. An der Angriffsleistung lag das aber offenbar nicht. 31,4 Tore habe Deutschland im Schnitt pro Partie geworfen und liege damit auf dem siebten Platz aller WM-Teilnehmer. "Der Wert ist gar nicht so schlecht", sagt Kretzschmar. Dänemark liegt mit 36,6 Toren an der Spitze.
Dann aber kommt der Sportvorstand der Füchse Berlin zu den Problemen der DHB-Auswahl. Er fängt mit der deutschen Abwehr an. "Wenn wir das analysieren, ist die deutsche Abwehr die 13.-beste der WM - und das mit dieser Torwartleistung, die wir hatten", sagt er mit Blick auf den überragenden Andreas Wolff. "Wenn wir nicht so eine Riesen-Torwartleistung gehabt hätten, wären wir wahrscheinlich noch weiter unten gewesen."
Was den Durchbruch angehe, liege Deutschland auf Rang sieben, fährt der 51-Jährige fort. "Noch schlimmer ist es im Bereich des Tempogegenstoßes, da ist Deutschland 19. Wir machen nur 2,7 Tore im Schnitt aus dem Gegenstoß. Das ist ein ganz großes Problem." Seine Schlussfolgerung: "Unser Tempo muss sich dringend verbessern."
Aber das ist längst nicht alles. "Jetzt kommt die alarmierendste Zahl, nämlich die meisten Tore von neun Metern. Da liegt Deutschland auf Platz zwei mit 9,5 Toren. Nur Frankreich wirft noch mehr Tore aus neun Metern mit 10,8", fährt er fort. "Das heißt, wir spielen den am unwahrscheinlichsten erfolgreichen Handball und haben dort die Nase vorn. Aber in den anderen Bereichen wie Durchbruch oder Kreisläuferspiel sind wir auf Platz 23 dieser WM. Auch beim Gegenstoß sind wir weit hinten, was das Weltniveau angeht."
Für Kretzschmar sind die Baustellen klar. "Um aufzuschließen in die absolute Weltspitze und wettbewerbsfähig zu sein bis 2027, um also um Gold zu spielen, müssen wir am Tempo arbeiten, an der zweiten Welle arbeiten, einen klaren Plan haben", sagt er. Die deutsche Mannschaft müsse im Angriffsspiel 60 Minuten durchziehen und im Tempogegenstoß immer wieder auf die Lücken gehen.
ban