02.02.2024, 16:25
Zweite Welle - Deine Handball-Kolumne
Nach der EM ist vor dem Pokal. Der Handballkalender ist so eng getaktet, dass der Übergang fließend ist. Nur sechs Tage nach dem EM-Finale in Köln steigen die Viertelfinals im DHB-Pokal. Eine hohe Belastung - aber zu hoch?
Es vergeht keine Saison, in der nicht mindestens ein Fußballtrainer voller Überzeugung seinen aktuellen Misserfolg mit der Überlastung durch englische Wochen verklärt. Und das "enorme" Pensum von zwei Spielen pro Woche als Grund für neue Verletzungen, alte Wunden und verpasste Chancen ins Feld führt.
Im Handball sind zwei Spiele pro Woche eher die Regel als die Ausnahme. Eine Europameisterschaft mit neun Spielen in 18 Tagen ist aber auch für Handballer natürlich eine Belastungsspitze.
53 Spieler, die noch am vergangenen Final-Wochenende am Ball waren, müssen schon an diesem Wochenende im Pokal erneut ran. Die Adrenalinflut, die sie durchs Turnier getragen hat, dürfte in der kurzen Erschöpfungsphase unter der Woche abgeebbt sein. Jetzt direkt wieder auf Pokalmodus umzustellen - sicher keine leichte Aufgabe.
Andererseits: Wenn der SC Magdeburg die Rhein-Neckar Löwen in der GETEC-Arena zur Neuauflage des letztjährigen Finales begrüßt, dürfte allerspätestens mit dem Anpfiff das Adrenalin auch bei den 20 Profis wieder anfluten, die allein von diesen beiden Mannschaften bei der EM dabei waren.
Gehört alles dazu. Profi-Alltag. Und der Liga-Alltag, der ja auch schon am Donnerstag weitergeht, lässt sowieso keine Zeit für Müdigkeit.
Hinzu kommen für einige Spieler noch - leider - ein Qualifikationsturnier für Paris und - hoffentlich - Paris mit den Olympischen Spielen. Plus natürlich das Pokal-Final-Four und das EHF-Final-Four - auch alles Profialltag. Aber ist es gut, dass das Alltag ist?
Ja, ist es. Gut für alle, die davon profitieren. Gut für die Vereine, gut für die Verbände, gut für die Liga, gut für EHF und IHF, vor allem aber auch gut für die Sponsoren und die Fans. Und - selbstverständlich - auch für die Spieler selbst. Als Berufshandballer, zunehmend auch als Marke, wo Sichtbarkeit und mediale Präsenz die Währungen sind.
Die Anzahl maximaler Spiele liegt je nach Saison bei 70 bis 80 - das ist selbst für Profisportler schon sehr sportlich, obwohl es noch unter dem Pensum der NBA-Basketballer liegt, die allein in der Regular Season 82 Partien abspulen.
Das Handballspiel ist jetzt zwar durch die neue Anwurfregel noch einmal schneller geworden, dafür aber auch in den Zweikämpfen in den vergangenen Jahren um einiges "freundlicher". Die Abwehr arbeitet sauberer.
Die Spieler helfen ihrem Gegenspieler heute etwas öfter nach einem Zweikampf wieder hoch als in einem Zweikampf nach unten. Grundsätzlich ist die Belastung in den vergangenen Jahren ungefähr auf gleichhohem Niveau geblieben.
Dass die Spieler gesundheitlich unter dieser hohen Belastung nicht leiden, ist - neben dem professionellen Mitwirken der Spieler selbst - die Aufgabe der Trainer und des Staffs.
Athletiktraining, die geliebten "Stabis", Belastungssteuerung, Mentaltraining, die richtige Ernährung, Regeneration - all das trägt heute in einer modernen Trainingssteuerung, bei der das Trainerteam dank Big Data und Performance-Tracking-Lösungen wie Kinexon auch viel besser über den Zustand der Spieler Bescheid weiß als das früher der Fall war, dazu bei, dass dieses Handballspielen am Limit funktioniert.
Dominik Klein hat es in seiner Weltmeister-Saison 2008/09 auf sage und schreibe 78 Spiele gebracht. Und der sah jüngst bei der EM immer noch so fit aus, als hätte er sein Kommentatoren-Mikro durchaus nochmal ablegen und sich das DHB-Trikot überstreifen können.
Schreibt übrigens einer, der sich nach einem (Kreisliga-)Spiel pro Woche die zwei Tage danach die Socken nur im Liegen anziehen kann. Was meint Ihr? Ist die Belastung hoch - oder zu hoch?
In Zweite Welle schreibt Bestseller-Autor Daniel Duhr regelmäßig über aktuelle Handballthemen auf und neben der Platte. Und lädt Euch damit zur Diskussion ein. Welchen Standpunkt vertretet Ihr? Wir freuen uns auf Eure Meinungen!
Daniel Duhr